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# taz.de -- Erster Entlausungssalon Berlins: Läuse raus aus Prenzlauer Berg!
> Der Salon „Bye bye Läuse“, ein Franchise einer US-amerikanischen
> Pharmafirma, entlaust in Pankow Kinderköpfe.
Bild: Entlaust wird im Salon mit einer Art Staubsauger
Man hat es nicht leicht mit kleinen Kindern in Prenzlauer Berg. Ständig ist
die Wirklichkeit um einen herum noch ein wenig bekloppter als das dümmste
Klischee. Im Winskiez hat jetzt der erste Entlausungssalon aufgemacht: „Bye
bye Läuse“ heißt der Laden, und es steht zu befürchten, dass das Ding
läuft. Etwa 60 bis 70 verzweifelte Familien entlause man im Monat, erklärt
Chef Gary Attias, ein Franzose mit beinahe kahl rasiertem Kopf.
Das Ganze ist keine kleine Start-up-Klitsche, die jemand ersonnen hat, der
sich in der Elternzeit massiv unterfordert fühlte. Sondern das
Berlin-Franchise einer weltweit operierenden US-Pharmafirma, die sich auf
die Bekämpfung von Kopfläusen verlegt hat.
Und natürlich hat der Prenzlauer Berg, die Krabbelstube der Nation, auf so
etwas nur gewartet. Denn das Elternleben, eine Prenzlauer-BergerIn weiß
das, besteht ja mitnichten nur aus Milchkaffeetrinken und Bällebad. Sobald
die Kinder in die Kita gehen, kommt man sogar kaum noch zum Kaffeetrinken,
und daran sind nicht zuletzt die Läuse schuld. Ständig schickt einem die
Eltern-Mailingliste die nächste Läusewarnung aufs Smartphone: „Lotti hatte
gestern Abend SCHON WIEDER Läuse. Guckt bitte eure Kinder nach, und seid
dieses Mal doch bitte, bitte GRÜNDLICH.“ Smiley. Das entspannt wegzuatmen
ist gar nicht so leicht.
Nun könnte man aber auch in die nächste Apotheke gehen, sich für ein paar
Euro Anti-Läuse-Shampoo kaufen, den Kindern auf die Haare schmieren, Kinder
zehn Minuten vors Tablet setzen (und bei Androhung von schlimmen Strafen
untersagen, das Zeug aufs Sofa zu schmieren), auswaschen, tote Läuse
rauskämmen. Ein paar Tage später noch mal. Fertig. Oder?
## Spielecke und Teebar
Oh no, sagt Profi-Entlauser Attias, diese Chemie, das müsse doch nicht sein
und führt die Reporterin in den türkisen Behandlungsraum. Er ist leer, die
nächste verlauste Familie kommt erst in einer guten Stunde. Hier sieht es
aus wie beim Frisör, nur ohne die Haarfussel auf dem Boden, dafür mit
Spielecke und Teebar für die Eltern. Kein Bällebad.
Attias fummelt einen Aufsatz aus Gumminoppen auf eine Art Staubsauger:
Angenehm warme Luft entströmt den Düsen, das töte die Läuse ab. Wirklich,
das bisschen heiße Luft? Na ja, sagt Attias, weil man sich nicht ganz
sicher sein könne, käme danach dieser „Kleber“ ins Haar. Alles bio, gehei…
Formel aus den USA, die die Läuse „sanft“ abtöte. Dann noch auswaschen und
auskämmen. Die Kinder können Tablet gucken. Dauert eine Stunde, kostet je
nach Haarlänge bis zu 120 Euro. Dann sei man lausfrei, müsse aber natürlich
aufpassen. Attias empfiehlt deshalb Prävention beziehungsweise das eigene
Produktsortiment. Das Anti-Laus-Zopfgummi zu 13,90 Euro, man muss es alle
zwei Monate wechseln, es riecht nach Eukalyptus, das mögen Läuse offenbar
nicht. Das Anti-Laus-Haaröl: täglich vor der Schule ein Tropfen auf die
Kinderstirn, auch 13,90 Euro.
Dieses ganze Produktballett, dieses Gerede von Bio und sanften
Zauberformeln aus Amerika, das pastellige Türkis, dieses Verkomplizieren
von Kinderproblemen – manchmal übertrifft der Prenzlauer Berg sich
tatsächlich noch selbst.
28 Mar 2018
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Berlin Prenzlauer Berg
Prenzlauer Berg
Epidemie
Grippe
Gesundheit
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aus der Apotheke zu ersticken.
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