# taz.de -- Vorwürfe gegen Netanjahu: Seine letzte Show? | |
> Der israelische Regierungschef gerät immer stärker unter Druck. Die | |
> Ermittlungen wegen Korruption gegen ihn nennt er eine „Schmutzkampagne“. | |
Bild: Bei seinem Besuch in Washington gibt sich Ministerpräsident Netanjahu ge… | |
JERUSALEM taz | Mit Ovationen ließ er sich feiern, staatsmännisch winkte er | |
der jubelnden Menge zu. Bei seiner Rede vor dem pro-israelischen | |
Lobbyverband Aipac in Washington schien Israels Premierminister Benjamin | |
Netanjahu am Dienstag ganz in seinem Element. Daheim in Israel jedoch | |
spekulieren Beobachter, es könnte seine letzte große Show gewesen sein. | |
Die Korruptionsermittlungen in seinem Umfeld nehmen an Fahrt auf. In zwei | |
Fällen [1][empfahl die Polizei kürzlich, Netanjahu anzuklagen]. Und Anfang | |
der Woche wurde bekannt, dass der frühere Medienberater des Premiers, Nir | |
Hefetz, als Kronzeuge in den sogenannten Fällen 1.000 und 4.000 aussagen | |
wird. | |
Im Fall 1.000 wird Netanjahu vorgeworfen, im Gegenzug für Gefälligkeiten | |
teure Geschenke von Geschäftsleuten angenommen zu haben. Im Fall 4.000 wird | |
er verdächtigt, als Kommunikationsminister das Telekom-Unternehmen Bezeq | |
legislativ begünstigt haben, um die Berichterstattung der | |
Bezeq-Nachrichtenseite Walla! zu beeinflussen. | |
Netanjahu weist sämtliche Vorwürfe entschieden zurück, bezichtigt im | |
Gegenzug Polizei und Medien einer beispiellosen Schmutzkampagne gegen seine | |
Person. Am Mittwoch stellte er das Video einer Rede auf Facebook, in der er | |
die Ermittler beschuldigt, Druck auf die Kronzeugen auszuüben. „Es ist | |
egal, ob man wahnhafte Lügen erzählt, Hauptsache, man beschmutzt (den Ruf | |
von) Netanjahu“, sagt er darin. | |
Ein möglicher Nachfolger ist schon gefunden | |
Ob er tatsächlich angeklagt wird, muss der Generalstaatsanwalt Avichai | |
Mandelblit entscheiden, was Monate dauern könnte. Derweil ziehen selbst | |
politische Verbündete Netanjahus politisches Überleben öffentlich in | |
Zweifel. Bildungsminister Naftali Bennett, Vorsitzender der Partei HaBayit | |
HaYehudi, ließ am Donnerstag durchblicken, dass seine Partei aus der | |
Koalition austreten könnte, sollte der Premier angeklagt werden. | |
Zudem brachte er sich selbst als dessen Nachfolger ins Spiel: „Es ist nicht | |
meine Absicht, Netanjahu zu verdrängen“, sagte Bennett einem israelischen | |
Radiosender, „aber sollte er von der Bühne abtreten, plane ich, für das Amt | |
des Premiers zu kandidieren“. | |
Für weitere politische Unsicherheit sorgt der Streit zwischen den | |
regierenden Parteien um den Wehrdienst ultraorthodoxer Männer. Die | |
ultraorthodoxe Partei Vereinigtes Thorajudentum will den Wehrdienst für | |
ihre Klientel wie bisher weitgehend aussetzen. Dagegen drohen sowohl der | |
Finanz- als auch der Verteidigungsminister, die Koalition zu sprengen, | |
sollten die Strenggläubigen ihren Willen bekommen. Beobachter spekulieren | |
bereits über Neuwahlen. Doch Netanjahu hat beizeiten potenzielle Rivalen | |
verdrängt. | |
9 Mar 2018 | |
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## AUTOREN | |
Mareike Enghusen | |
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