Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Russland: Der den Stolz zurückgebracht hat
> Am Sonntag wird in Russland gewählt. Der alte wird der neue Präsident
> werden. Wie es Putin gelingt, seine Untertanen hinter sich zu scharen
Bild: Setzt auf Stärke nach außen, damit er im Inneren Zustimmung erhält: Wl…
Moskau taz | Die Gäste kämpfen mit dem Einnicken. Wladimir Putin hält
seine jährliche Rede an die Nation. Nicht wie gewöhnlich im Kreml, sondern
in der Manege vor den Toren seines Amtssitzes. Die Ausstellungshalle ist
geräumiger und technisch besser ausgestattet. Das ist wichtig für den
Auftritt.
Der Kremlchef wendet sich in diesem Jahr mit leichter Verspätung an die
Nation, jedoch noch rechtzeitig für die anstehende Präsidentschaftswahle am
18. März. Die mehr als eintausend geladenen Gäste, politische
Funktionsträger, Künstler und Honoratioren, wissen natürlich, wie der neue
Präsident am 19. März heißen wird. Geduldig folgten sie dennoch dem
Referenten, der bereits seit einer Stunde über zukünftige Aufgaben spricht.
Sie kennen dieses Ritual seit langer Zeit. Kaum jemand erinnert sich ein
paar Stunden später an das Gesagte.
Doch dieses Mal erfolgt ein Vorstoß in die Dimensionen des Fantastischen.
Armutsbekämpfung, Lebensverlängerung auf 80 Jahre plus und erhebliche
Lohnzuwächse stehen auf der Liste, die Wladimir Putin in seiner nächsten
Amtszeit bis ins Jahr 2024 abarbeiten will. Manch einer mag sich fragen,
warum dazu 18 Amtsjahre vergehen mussten. Und wer das alles bezahlen soll.
Doch im Saal bleibt es ruhig. Bis Wladimir Putin den Klang der Stimme
verändert und in einen Andachtston verfällt.
Er werde nun die letzten Errungenschaften der Rüstungsindustrie vorstellen,
verspricht er. Der Oberkommandierende der russischen Streitkräfte nennt
Marschflugkörper und nukleare Mittelstreckenwaffen mit unbegrenzter
Flugkapazität. Waffen, die vom Feind nicht aufzuhalten seien.
## Begeisterung über neue Rüstungspläne
Die bis dahin dösenden Menschen im Saal hält es nicht mehr in ihren Sitzen.
Freudestrahlende Gäste klatschen frenetischen Beifall, Gesichter hellen
sich auf, Nachbarn nicken einander lachend zu, so als wäre gerade eine Last
von ihnen gefallen.
Wie kein anderer versteht es Wladimir Putin, die Umgebung zu überraschen.
Er kennt den Code, um die Gefolgschaft aus dem Schlaf zu reißen.
Rüstung und Stärke, Gegnerschaft zu den USA und Misstrauen gegenüber dem
Westen sind unverzichtbare Ingredienzien dieses patriotischen Cocktails.
Auch militärische Erfolge und die territoriale Weite Russlands gehören zu
dem Trank, mit dem die Bevölkerung von Kindesbeinen an gestärkt wird.
Wollte Wladimir Putin ein bisschen abschrecken, den Partnern im Westen gar
Angst einjagen, fragen sich russische Beobachter hinterher. Partner nennt
der Präsident gewöhnlich jene westlichen Länder, denen er mit Vorbehalt
begegnet. Oder läutet der Kremlchef einen neuen Kalten Krieg ein, so wie
es einige Experten befürchten?
Sergei Parchomenko, Publizist und Journalist beim Radiosender Echo Moskau,
gibt Entwarnung: Weder Washington noch der Westen seien die Adressaten des
Präsidenten. Einzig das heimische Publikum habe der Kremlchef im Visier.
Schließlich gehe es um seine Wiederwahl und um ein herausragendes Ergebnis
für ihn.
## Auch Propaganda kann satt machen
Das heimische Publikum, das sind vor allem jene 65 Prozent der Bevölkerung,
die in der Provinz und in kleinen Städten leben. Dort ist der Alltag hart
und eine Besserung kaum in Sicht. Die Konfrontation mit dem Westen
verschaffe der Bevölkerung symbolische Befriedigung, stellt das unabhängige
Meinungsforschungsinstitut Lewada-Zentrum fest. Dessen Erhebungen zeigen
seit Längerem, dass diese Klientel mit Russlands außenpolitischen Erfolgen
zufrieden ist, nach dem Motto: „Wir haben der Welt die Zähne gezeigt und
sie gezwungen, uns zu achten.“
Das ist auch die Sprache Wladimir Putins und der staatlichen Fernsehsender
seit der Annexion der Krim und dem Krieg in der Ostukraine. Auch Propaganda
kann satt machen.
„Ihr wolltet uns nicht zuhören“, beklagt sich Putin in seiner Rede an die
Nation. „So hört jetzt zu“, grollt er gen Westen. Viele Menschen in
Russland lieben den Kremlchef, wenn er so gebieterisch auftritt. Eine
strenge, also sichere Hand. Putin mahnt, warnt und droht, damit sich das
Volk zu Hause wohl fühlt. Oft belohnt es ihn mit einem anerkennenden
„molodez!“ – Pfundskerl.
Ein beleidigter Unterton schwingt in der Rede auch in der Aufforderung mit,
doch endlich zuzuhören. Putin reagiert leicht gekränkt, wenn er nicht
seinen Willen bekommt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte den Kremlchef früher schon mal eine
„beleidigte Leberwurst“. Grundsätzlich geht der Kreml davon aus, im Recht
zu sein. Als Groß- und ehemalige Weltmacht mit riesigem Territorium fällt
es den Regierenden in Moskau schwer, Recht unabhängig von Macht, Status und
Größe zu denken. Noch herrscht die Gewissheit vor, der Stärkere habe immer
recht. Stößt der Kreml auf Widerstand, beklagt sich der Präsident über
mangelnde Achtung und schmollt. Wladimir Putin beherrscht auch dieses
Doppelspiel und den fliegenden Wechsel zwischen Täter und Opfer virtuos.
Schließlich genießt der Präsident die Kunst der Irreführung – eine
Fähigkeit, die zur Grundausstattung eines gelernten Geheimdienstlers
gehört. Bald nach seiner Rede zur Lage der Nation stellt sich heraus: Mit
den neuen Wunderwaffen könnte Putin etwas zu stark aufgetrumpft haben.
Vielleicht hat er sogar ein bisschen gemogelt.
## Wie viele gehen wählen?
Das kann dem Präsidentschaftskandidaten Wladimir Putin indes nichts
anhaben. Mit 80 Prozent Zuspruch in Umfragen vor der Wahl erzielt er immer
noch einen glänzenden Wert.
Nachteil indes: Die Bereitschaft der Parteigänger lässt nach, auch zur Wahl
zu gehen. Warum sollten seine Fans auch wählen, wenn Putin als Sieger
ohnehin schon feststeht?
Eigentlich wollte der Kreml die Wahl in ein Plebiszit für den Präsidenten
verwandeln. Auch ein autoritärer Herrscher möchte vom Volk geliebt werden.
Das Risiko geringer Wahlbeteiligung schreckte die Polittechnologen jedoch
ab.
Standhafte Anhänger gibt es auch in Moskau mehr als genug. Alexander Fomin
wird auf jeden Fall Putin seine Stimme geben. Der 68-jährige Fotograf fand
erst spät zum Kremlchef. Die Rückholung der Krim nach Russland und der Kurs
gegenüber Washington hätten ihn überzeugt, sagt er. Putin hätte Russland
Größe und Achtung zurückgegeben. Wird das auch vorhalten? „Auf jeden Fall
haben sie jetzt wieder Angst vor uns.“
Die 21-jährige Studentin Oxana hält die Wahlen für überflüssig. Die junge
Frau, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, kommt aus einer Kleinstadt
150 Kilometer von Moskau entfernt. Könnte sie entscheiden, würde sie Putin
gleich auf Lebenszeit wählen, erklärt die Pädagogin.
Ähnlich sieht es auch Wladislaw. Er ist 18 Jahre alt und Erstwähler. Er
hält große Stücke auf den Präsidenten und fühlt sich rundum wohl in seiner
Obhut. Er sei für ihn so etwas wie ein zweiter Vater, sagt er. Wladislaw
stammt aus einem Armeehaushalt, wo die Wertschätzung des Staatschefs und
Oberkommandierenden selbstverständlich ist.
## Furcht vor einem Herausforderer, der keine Chance hätte
Die hohe Zustimmung für den Präsidenten kann unterdessen auch zu
Fehlinterpretationen führen. „Die Unterstützung ist hoch, aber ziemlich
passiv“, sagt dazu der Politologe Andrei Kolesnikow vom Moskauer
Carnegie-Zentrum. Die Zahl sage eher etwas über die Gleichgültigkeit der
Menschen aus, vielleicht auch über ihre Schicksalsergebenheit. Für viele
sei Putin so etwas wie das „Symbol Russlands“, „das ist und sein wird“,
sagt Kolesnikow. Falle die Wahlbeteiligung hoch aus, sei dies als Beleg zu
verstehen, dass die eher passive Klientel Wert darauf lege, ein Ritual zu
erfüllen.
Etwa ein Drittel der Wähler ist in Umfragen nicht in der Lage, etwas
Konkretes über Präsident Putin anzugeben. Nach dem Motto: Es gibt ihn halt.
Für den Kremlchef berge das auch Risiken, meint Kolesnikow: falls einmal
eine Alternative auftauchen sollte, die sich auch durch Manipulation nicht
mehr aus dem Rennen werfen lässt.
Als Beweis mag gelten, wie schwer sich der Throninhaber mit dem
Herausforderer Alexei Nawalny tut. Für Jahre wurde der charismatische
Antikorruptionskämpfer durch fadenscheinige Anklagen aus der Politik
entfernt. Die Zentrale Wahlkommission versagte ihm auch die Teilnahme an
der Präsidentschaftswahl.
Volkstribun Nawalny lässt sich davon nicht beirren. Trotz allem startete er
vor mehr als einem Jahr in den Provinzen eine Wahlkampagne. Vor allem
jugendliche Mitstreiter sind aktiv. Diese Bereitschaft der Jugend, andere
Wege zu beschreiten, traf den Kreml unerwartet. Die „Generation P“ – P f�…
Putin – kennt nur Putin als Präsidenten und galt bislang als treue
Anhängerschaft.
Doch im letzten Jahr machte diese Generation durch Protestaktionen auf sich
aufmerksam und wurde schon als neue Kraft einer neuen Zivilgesellschaft
gefeiert. Präsident Putin nimmt den Namen des Antikorruptionskämpfers nicht
in den Mund. Lässt es sich partout nicht vermeiden, zerlegt er ihn in einen
Relativsatz. Jener, der …
Dürfte Nawalny an der Wahl teilnehmen, könnte er unter fairen Bedingungen
mit etwas mehr als 20 Prozent rechnen, meint Lew Gudkow, der Direktor des
Lewada-Zentrums. Damit würde er für den nationalen „Lider“, wie die Russen
mit dem englischen Lehnwort ihren Anführer nennen, keine Gefahr darstellen.
Doch der fürchtet Nawalny dennoch.
## Auch die Jugend steht in großer Mehrheit hinter Putin
Soziologen schauten bei den Jugendlichen genauer hin und stellten fest:
Hoffnungen auf eine neue Kraft sind nicht berechtigt. Es sei auch
illusionär zu glauben, die junge Leuten unterstützten eine grundsätzliche
Wende. Nach wie vor sei die große Mehrheit der Jungen eine Generation pro
Putin.
Nach Schätzungen der Veranstalter gingen im letzten Frühjahr etwa 25.000
Jugendliche in Moskau auf die Straße. Das klingt zunächst gewaltig. In
einer Stadt mit 15 Millionen Einwohnern sei das jedoch nicht viel, gibt
Gudkow zu bedenken.
Die Rebellen unter den Jungen sind Kinder aus dem liberalen Mittelstand der
großen Städte. Besonders Menschen zwischen 25 und 30 Jahren erkennen die
Gefahren des Autoritarismus und der fehlenden Zukunftsperspektive
deutlicher als andere. Doch das sei nur eine Minderheit.
Nur rund fünf Prozent der Jugend hegt andere Vorstellungen vom politischen
Leben als die konservative Mehrheitsgesellschaft. Wäre die russische
Gesellschaft anders beschaffen, könnten fünf Prozent Aufmüpfige
Veränderungen durchaus bewirken, meint die Soziologin Natalja Sorkaja.
Die Gesellschaft sei jedoch atomisiert und ordne sich unter. Sie übe sich
freiwillig in Unterwürfigkeit gegenüber den Machthabern. Mit Zuneigung
hätte dies wenig zu tun: das seien schlichtweg paternalistische
Erwartungen, die sich an Putin in der Rolle des Machos richten – eines
alternden, schmunzelt Sorkaja.
Der Präsident besitzt offenbar kein zeitgemäßes Bild des russischen
Untertanen. Er hält, wenn er öffentlich auftritt, immer noch am Image des
kollektiven Russen fest, dem mehr an Gemeinschaft gelegen sei als anderen
Völkern. Überdies lobt er die Mitbürger für ihre Bescheidenheit. Kühne
Behauptungen? Ja, meint Walery Solowei, Professor am MGIMO, der
diplomatischen Kaderschmiede Moskaus: „In wissenschaftlichen Studien
erweisen sich russische Bürger als besonders eigenwillig und egoistisch.“
## Kontrolle und Zensur haben sich verschärft
Die überwältigende Zustimmung des Wahlvolks für den Kremlchef ist kein rein
russisches Phänomen. Auch in anderen autoritären Gesellschaften ist das
anzutreffen. Wer entmündigt wurde und aus eigener Kraft am eigenen
Schicksal nichts ausrichten kann, der überträgt seine Erwartungen auf den
starken Mann an der Spitze. Worauf sonst sollte er hoffen?
Darin spiegelt sich die Schwäche staatlicher Institutionen wider. Polizei
und Justiz schützen zwar den Staat, kümmern sich aber nicht um die Rechte
des Einzelnen.
Der Zustand der Rechtlosigkeit hat sich seit der Amtsübernahme des Juristen
Putin vor 18 Jahren nicht nur verschärft. Damals wollte der junge Präsident
eine „Diktatur des Gesetzes“ errichten. Heraus kam das Gegenteil. Das
Gesetz wurde zum Instrument diktatorischer Übergriffe.
Kontrolle und Zensur haben sich verschärft. Hunderttausend Demonstranten
waren im Dezember 2011 gegen Betrug bei den Parlamentswahlen auf die Straße
gegangen. Putin galt als angeschlagen. Mit etwa 60 Prozent erhielt er die
schlechtesten Zustimmungswerte aller Zeiten.
Seither nimmt die Innenpolitik endgültig einen repressiven Charakter an.
Lew Gudkow vom Lewada-Institut spricht von einem Rückfall in den
Totalitarismus, wenn auch unter Vorbehalten.
Jetzt kurz vor den Wahlen darf das Lewada-Institut übrigens keine Analysen
mehr veröffentlichen und muss den Hinweis „ausländischer Agent“ im Titel
führen – dem Kreml gilt das einzige unabhängige Meinungsforschungszentrum
in Russland als von ausländischen Geldern beeinflusst. Sicherlich wäre es
ein Fehler, Putin alleine die Schuld an dieser Entwicklung zuzuschreiben.
Auch ohne ihn würde sich am Herrschaftsmechanismus nur wenig ändern.
Lediglich eine andere Figur übernähme seine Rolle, wenn die
Rahmenbedingungen erhalten blieben. Auch der Nachfolger wäre Schiedsrichter
im Interessenstreit der Eliten und die Gesellschaft weiterhin Anhängsel des
Staates.
Die Spaltung der Protestbewegung nach 2012 schlug den frustrierten und
entmutigten Teil der Kremlgegner auf die Seite Putins, während die Annexion
der Krim 2014 zugleich viele Menschen mit den Machthabern im Kreml
versöhnte. Auch sie wurden von der einsetzenden Masseneuphorie ergriffen.
Der Nationalstolz schoss in die Höhe.
Daher stammt die Zustimmung von mehr als 80 Prozent. Von diesem
symbolischen Kapital kann Putin noch längere Zeit zehren.
## Der Präsident thront über der Gesellschaft
Der Präsident steht ohnehin über der Gesellschaft. Putin gilt als eine
sakrale Figur. Kaum einer aus dem Heer seiner Anhänger käme auf die Idee,
ihn für die im vierten Jahr hintereinander sinkenden Realeinkommen
verantwortlich zu machen. Niemand würde ihm die schlechten Beziehungen zum
Westen anlasten oder die Folgen der Wirtschaftssanktionen ankreiden. Selbst
für den staatlichen Dopingskandal nach den Winterspielen in Sotschi muss
der Präsident nicht geradestehen. Sollte jemand schuld sein, dann müssen
Untergebene herhalten. Nach dem alten Prinzip – der Bojar, nicht aber der
Zar.
Die Russen haben Wladimir Putin von der Wirklichkeit entbunden. „Er bleibt
über jegliche Kritik erhaben. Seit Jahren wird er daher auch als
Teflon-Präsident geführt“, sagt die Soziologin Natalja Sorkaja. Nichts
bleibt haften.
Im Gegenteil, die Menschen sind dankbar, dass Putin ihnen das wonnige
Gefühl einer Großmacht zurückgegeben hat. Nur drei Prozent fordern noch
mehr. 97 Prozent sehen dagegen keinen geopolitischen Handlungsbedarf mehr:
Russland sei schließlich schon wieder Großmacht, sagen sie nach einer
Lewada-Umfrage.
Der Präsident rechnet sich als Verdienst an, „Russland von den Knien
erhoben“ zu haben, wie es der nationale Diskurs pathetisch formuliert. Als
Sammler und Wiedergewinner russischer Erde will er in die Geschichte
eingehen. Das Volk weiß er dabei hinter sich.
„Häng dich nicht so weit raus“, wurden die Kinder in der UdSSR ermahnt. Es
war ein Grundgesetz der sowjetischen Gesellschaft, bloß nicht aufzufallen.
Nach 18 Jahren Putin ist die Sowjetangst zurückgekehrt.
Viele Bürger wollen nicht mehr offen reden. Es dauert Wochen, bis sich ein
Jugendlicher dazu bereit erklärt, über seine Begeisterung für den
Präsidenten zu sprechen. Dutzende Anfragen der taz bei linientreuen
Jugendorganisationen in Moskau blieben unbeantwortet.
In Putins Russland setzt eine Wiederbelebung des Sowjetischen ein. Das
Regime ist auf der Suche nach ideologischen Stützen – nicht zuletzt im
Interesse des eigenen Machterhalts. Kirche und orthodoxer Glauben konnten
bislang nichts ausrichten, obwohl Wladimir Putin viel für eine religiöse
Wiedergeburt unternahm. Wenn er es könnte, würde er den Zusammenbruch der
UdSSR gerne rückgängig machen, sagte Putin kürzlich auf Wahlkampftour in
Kaliningrad. Die Rückkehr in die sowjetische Asservatenkammer bedeutet: Die
Rolle der Ex-Supermacht wird zum noch wichtigeren Bezugspunkt, angereichert
mit ideologischen Versatzstücken vom russischen Sonderweg und der ewigen
Bedrohung aus dem Westen.
Die Bürger werden dem Präsidenten überallhin folgen. Die Erinnerung
flüstert ihnen zu, dass alles auch noch viel schlimmer werden könnte.
16 Mar 2018
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
Wladimir Putin
Russland
Europäischer Gerichtshof
NGO
Wladimir Putin
Russland
Wahlmanipulation
Russland
Russland
Wladimir Putin
## ARTIKEL ZUM THEMA
EGMR verurteilt Russlands Repressalien: Gerechtigkeit für Kreml-Kritiker
Der zehnmonatige Hausarrest für den Journalisten Alexej Nawalny waren
rechtswidrig, urteilt der EGMR. Russland muss 20.000 Euro Schadenersatz
zahlen.
Deutsche NGO in Russland verboten: Die Unerwünschten
Bei der Präsidentschaftswahl in Russland hat EPDE Beobachter unterstützt.
Jetzt wurden sie verboten – mit fragwürdigen Methoden.
Russland wählt neuen Präsidenten: Putin ist siegessicher
Präsident Putin steuert auf seine nächste Amtszeit zu. Die Frage ist
lediglich, wie hoch die Wahlbeteiligung sein wird – und wie stark die
Manipulation.
Junge Russen vor der Wahl: Der Zar und die Jugend
Am Sonntag wird Wladimir Putin wohl erneut zum Präsidenten gewählt. Seit 18
Jahren ist er an der Macht. Was halten junge Russen davon?
Wahlbeobachter über Russland: „Putin hat keine Konkurrenz“
Andrei Busin meint, dass Putin gar keine Wahlfälschung nötig hat. Seine
Konkurrenten sind entweder unerfahren, farblos oder eigentlich Verbündete.
Opposition in Russland: Putins letzte Wahl
Putins Gegner Nawalny darf bei der Präsidentschaftswahl im März nicht
antreten. Doch die Jugend macht den Kreml zunehmend nervös.
Präsidentschaftswahl in Russland: Alexej Nawalny darf nicht kandidieren
Die Wahlkommission untersagt Nawalny, Wladimir Putin 2018 herauszufordern.
Der Amtsinhaber hat derweil noch kein Wahlprogramm.
Protest gegen Putin in Russland: Pro-Nawalny-Demos in 20 Städten
Glückwünsche zum Geburtstag dürfte sich Kremlchef Putin anders vorgestellt
haben. In zahlreichen russischen Städten demonstrieren Anhänger des
bekannten Oppositionellen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.