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# taz.de -- „Tatort“ aus Bremen: Schmerzhaftes Ruhekissen
> Dieser „Tatort“ ist das Musterbeispiel eines sozialkritischen Krimis: Er
> zeigt schonunglos das desaströse System der Pflegedienste.
Bild: Horst Claasen alarmiert die Polizei, nachdem er aus Verzweiflung seine Fr…
Ende Legende? Sinkt die Hand zum Ruhestand? Noch nicht. Noch hat das Bremer
Kriminalistenteam Lürsen (Sabine Postel), Stedefreund (Oliver Mommsen)
nebst Kollegen ein Jahr „Tatort“-Arbeit vor sich.
Lürsen, also Postel, ist seit 1997 dabei, Stedefreund, also Mommsen, seit
2001. Sie haben einiges geleistet. Das kam einem gerade neulich wieder in
den Sinn, als der RBB mit der Episode „Meta“ fröhlich filmischem
Dekonstruktivismus frönte. Unterhaltsam, aber zu gedrechselt, um zu
überzeugen. Das haben die Bremer vor Jahren besser hingekriegt, mit der
Episode „Scheherazade“ aus der Feder von Christian Jeltsch. Die Handlung:
konsequent unwirklich, aber möglich. Irritierend. Ohne abschließende
Klärung. Eine Warnung vor vermeintlichen Gewissheiten.
Der aktuelle Bremen-„Tatort“ ist, aus anderen Gründen, ein weiteres
Highlight der Reihe. Das abgedroschene Kritikermantra,
öffentlich-rechtliche Sender trauten sich nichts, wird hier mit Verve
widerlegt. Wo andere in den Fantasy-Humbug flüchten oder kleinmütig ihre
Geschichten in der Vergangenheit ansiedeln, greifen die am Dokumentarismus
geschulte Autorin Katrin Bühlig und Regisseur Philip Koch mitten ins Leben.
Ein Mietshaus, wie es viele gibt in Deutschland. Drinnen ein stilles
Zimmer. Hündisches Hecheln, leise tickt die Uhr. Ein zusammengeklappter
Rollstuhl, auf dem Tisch ein Behälter mit Medikamenten. Ein alter Mann
erhebt sich aus dem Lehnsessel. Geht ins eheliche Schlafzimmer, blickt
liebevoll auf seine im Bett ruhende Frau. Greift nach einem Kissen,
erstickt sie. Er schluckt einen Tablettencocktail, sucht den Freitod.
Unterrichtet vorher noch die Polizei.
Er entschuldigt sich, ehe er zusammenbricht. Aber der Rettungswagen kommt
zu früh, im Schlepptau die Kripo. Die Frage, ob missglückter erweiterter
Suizid oder vorsätzlicher Mord, könnte die Handlung bestimmen, tut es aber
nicht. Betrügerische Pflegedienste und ihre korrupten Handlanger in den
Behörden, auch die feigen Weggucker, sind das Thema.
Und, man muss es so sagen, die Pein derjenigen, die mit der Pflege von
schwerstbehinderten oder dementen Menschen alleingelassen werden. Das kommt
hier nicht vom Papier, das wird eindringlich, ja schonungslos gezeigt.
Respekt vor dem Mut der beteiligten Schauspieler. Anderswo würden sie dafür
ausgezeichnet. In Deutschland gehen Preise an Diana Amft oder die
Laienspielschar aus „Club der roten Bänder“. Traute sieht anders aus.
11 Mar 2018
## AUTOREN
Harald Keller
## TAGS
Senioren
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Pflege
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