| # taz.de -- „Tatort“ aus Bremen: Soll wohl ein Halloween-Krimi sein | |
| > Blut, das mit saftigem Ketchup-Sound aufs Handy spritzt: Zartheit und | |
| > Würgreflex liegen selten so nah beieinander. Die Folge ist jedenfalls | |
| > sehr unterhaltsam. | |
| Bild: Nora Harding (Lilith Stangenberg) und ihr Vater Wolf (Cornelius Obonya) | |
| Merke: Wenn man aus Angst panisch laut atmet, braucht man sich auch nicht | |
| hinterm Baum verstecken. Man ist ein leichtes Opfer. So wie Julia. Gerade | |
| noch hat sie sich mit zwei Freundinnen [1][billige Gruselschocker | |
| reingezogen], jetzt liegt sie im nachtschwarzen Laub. Tot. „Bisswunden am | |
| Hals, die Kehle ist völlig zerfetzt“, erklärt die SpuSi. „War das ein Hund | |
| oder ein Wolf?“, will Kommissarin Lürsen wissen. | |
| Na, weder noch. Es war eine Vampirin. Sie heißt Nora (Lilith Stangeberg). | |
| Sie joggt, aber nur nachts. Und sie lebt mit ihrem kranken Vater (Cornelius | |
| Obonya) im Dunkeln. Von dieser Vampirin, der Julia schon mal begegnet war, | |
| erzählen Julias Freundinnen zwar den Bremer Ermittlern Lürsen und | |
| Stedefreund. Glaubt aber natürlich keiner. Klar. Sie kriegen sie am Ende | |
| trotzdem. | |
| Nach dem x-ten genretypischen Kreischen und halligen Gurgelsound im Off | |
| schnallt man’s dann. Soll wohl ein Halloween-„Tatort“ sein. Einer von in | |
| Ascheschwarz hängenden Filmen, bei denen man 90 Minuten lang auf die | |
| „Heller“-Taste klickt. Aber auch wenn derartiger Saison-Firlefanz nur | |
| Augenrollen wert ist: Diese „Blut“-Folge ist gigantisch unterhaltsam. | |
| Mit der richtigen Dosis aus Schabernack, Pfui-Deibel-Ekel und glaubhaftem | |
| Ermittlerwahn: Blut, das mit saftigem Ketchup-Sound aufs Handy spritzt, das | |
| noch mit der 110 verbunden ist; Stedefreund, der aus Fieberträumen | |
| aufschreckt, bis ein Schattenriss in seinem Fenster steht. Er flüstert: | |
| „Das ist nicht real, das ist nicht real!“ – Antwort: „Doch, das ist es.… | |
| Die anderen beiden Freundinnen lässt das Drehbuch von Regisseur Philip Koch | |
| („Picco“, erinnert sich wer?) irgendwann links liegen, sei’s drum. Dafür | |
| laufen zwei geradezu warmherzig auserzählte Storys parallel: Wir folgen | |
| Stedefreund, der von Nora nachts auf der Straße ebenfalls angefallen und | |
| gebissen wird, in seinen Wahn, nun doch wirklich, ehrlich, echt jetzt von | |
| einem Vampir verfolgt zu werden. | |
| Und sehen daneben die fabelhafte Lilith Stangenberg (Ensemble-Mitglied der | |
| Prä-Dercon-Volksbühne) als Nora: immer wieder mit grotesk blutverschmiertem | |
| Mund, sich vor Nachtschmerz räkelnd, traurig wegen des kranken Vaters. Und | |
| der Karussellfahrt folgend, auf die sie eine Blutkonserventüte in der | |
| Mikrowelle geschickt hat. Um sie sich dann dampfend in einen Becher zu | |
| gießen. | |
| Zartheit und Würgereflex liegen selten so nah beieinander. Nur um | |
| Stedefreund steht’s schlecht. Es ist seine vorletzte Folge ever. Das wäre | |
| doch mal ein Abgang: „Tatort“-Aus dank Vampirbiss. | |
| 28 Oct 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Filmjournalist-ueber-Horrorfilme/!5540065 | |
| ## AUTOREN | |
| Anne Haeming | |
| ## TAGS | |
| Tatort | |
| Halloween | |
| Tatort Bremen | |
| Senioren | |
| Tatort | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| „Tatort“ aus Bremen: Schmerzhaftes Ruhekissen | |
| Dieser „Tatort“ ist das Musterbeispiel eines sozialkritischen Krimis: Er | |
| zeigt schonunglos das desaströse System der Pflegedienste. | |
| „Tatort“ aus Bremen: Femme fatale auf Inlineskates | |
| Die Kommissare finden erst einen Daumen und dann die dazugehörende Leiche. | |
| Der Tatort ist spannend, hat aber immer wieder richtig nervige Momente. |