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# taz.de -- Frauenfußball in England: Der große Aufbruch
> In England startet die erste Frauenfußballliga, in deren Teams nur Profis
> spielen. Der Verband schiebt einen europaweit einmaligen Prozess an.
Bild: Faye White bei der WM 2011: Englands Fußballerinnen sind einen Schritt v…
Es soll ein Aufbruch werden in eine noch bessere, und ja, auch rentablere
Zukunft. Und wenn er funktioniert, könnte er Vorbildcharakter in Europa
haben. Denn der englische Fußballverband, die FA, plant die erste reine
Profiliga im europäischen Frauenfußball: Ab der kommenden Saison werden in
der Women’s Super League (WSL) nur noch Vollprofis spielen. Eine kleine
Revolution. Am morgigen Freitag endet die letzte Bewerbungsphase für
Vereine.
„Wir wollen die Schlüsselelemente des Frauenfußballs verändern“, sagt Ka…
Brazier, die FA-Verantwortliche für den Frauenbereich. Die Domino-Gleichung
von Brazier und der FA heißt etwa so: Professionelles Umfeld gleich mehr
Qualität und mehr Spannung gleich mehr Publikum gleich mehr Geld. Und am
Ende stehen Titel fürs englische Nationalteam.
Kann das Vorhaben funktionieren? Profiligen im Frauenfußball gelten als
mindestens schwierig. Die US-amerikanische WUSA ging 2003 nach kurzer
Laufzeit insolvent, die Nachfolgerin WPS lebte nur zwei Jahre. Mit der
National Women’s Soccer League gibt es in den USA jetzt seit 2013 die
weltweit einzige Frauenfußball-Profiliga, die allerdings nach sehr
amerikanischem Modell über Franchises und Draft-System läuft. Und die
deutsche Bundesliga hat zuletzt die Erfahrung gemacht, dass mehr Qualität
nicht unbedingt mehr Publikum bringt. Wenn England Erfolg hätte, wäre das
ein Meilenstein.
„Die Entwicklung in England spiegelt eine Gesamttendenz im europäischen
Frauenfußball wider“, sagt Frankfurt-Manager Siegfried Dietrich. „Da werden
Voraussetzungen geschaffen, die durchaus positiv sind. Man kann davon
ausgehen, dass der Frauenfußball sich damit sehr professionell aufstellt.“
## Top-down und Bottom-Up
Entwicklungshilfe von oben, in einem Land, wo sich der Frauenfußball massiv
bewegt. „Die Professionalisierung wäre wahrscheinlich von selbst passiert,
aber es hätte sehr viel länger gedauert“, so Katie Brazier. Die
Zusammensetzung der obersten Frauenliga ist heute kaum noch von der Premier
League der Männer zu unterscheiden: Die letzten Meister hießen Liverpool,
Chelsea, Manchester City und wieder Chelsea. Zum jüngsten FA-Cup-Finale
kamen 35.000 Zuschauer, und damit rund doppelt so viel wie zum deutschen
Pokalfinale. Doch auch auf der Insel ist Frauenfußball noch ein
Minusgeschäft. Dass die neue WSL die fußballerische Entwicklung
vorantreiben wird, ist unstrittig. Die wesentliche Frage ist: Zieht die
Fanbasis mit?
Die deutsche Bundesliga wird sich unterdessen fragen müssen, ob sie gerade
eine sportliche Entwicklung versäumt. Der DFB gibt auf Nachfrage an, die
Qualität der Liga erhöhen zu wollen. „Dabei greift der DFB nicht in die
Vereinsautonomie ein, sondern versucht die Vereine durch geeignete
Rahmenbedingungen, mit maßvollen Steigerungen der Anforderungen und
Anreizsysteme, bestmöglich zu unterstützen.“ Vorgeschrieben sind in der
Bundesliga ein hauptamtlicher Geschäftsführer und ein hauptamtlicher
Trainer.
Die Aufnahmevoraussetzungen der neuen WSL sind deutlich höher: Vollprofis
sollen die Frauen sein, mindestens 16 Stunden pro Woche trainieren, und für
jeden Verein ist eine Nachwuchsakademie Vorschrift. Das beschleunigt die
natürliche Wegrationalisierung kleinerer Vereine.
Die Außenseiter Yeovil Town Ladies sorgten zuletzt für Aufmerksamkeit mit
der verzweifelten Bitte, dass ihnen 350.000 Pfund für die neue WSL fehlten.
Sie bekamen das Geld zusammen und eine Lizenz. Möglich wird das auch durch
die Hilfe der FA: Bis zu 120.000 Pfund Unterstützung können WSL-Vereine
erhalten, um die Kriterien zu erfüllen. Es ist ein Unternehmen mit
Strahlkraft und Vorbildfunktion.
## Deutschland schüchtern
Auch für Deutschland? Die Reaktionen sind zurückhaltend. Turbine Potsdams
Trainer Matthias Rudolph sagt: „Wir müssen erst mal abwarten, wie der
englische Fußball sich weiter entwickelt. Wir sehen, dass die Entwicklung
momentan enorm ist. Aber in der Breite und auch in der Spitze ist die
Bundesliga noch weitaus besser aufgestellt.“ Siegfried Dietrich sagt: „Wir
haben ein sehr gesundes System, das sich über Jahre entwickelt hat. Wir
sind mit zwölf Teams in der Bundesliga, der zukünftigen eingleisigen
zweiten Bundesliga und mit drei Staffeln in der Juniorinnen-Bundesliga sehr
gut aufgestellt. Es ist ein offener Wettbewerb, wo jeder seinen eigenen Weg
zur Professionalisierung geht.“
Sollte das englische Modell funktionieren, könnten sich die Britinnen
allerdings schnell einen spielerischen Vorsprung erarbeiten. Im Gegensatz
zur deutschen Bundesliga, wo aktuell wohl nur die Wolfsburgerinnen und die
Bayern so anspruchsvolle Kriterien für eine Vollprofiliga erfüllen könnten,
sitzen in England fast alle Erstligisten unter dem Dach eines reichen
Premier-League-Clubs. Bis zu 14 Teams sollen in der neuen Liga mitspielen,
10 haben bislang eine Lizenz erhalten.
Ob auch die Zuschauer Qualität zu schätzen wissen? Nur darauf verlassen
will man sich auf der Insel offensichtlich nicht, ein bisschen Show ist
erlaubt: Zuletzt wurde der umstrittene Phil Neville zum Nationalcoach
gemacht. Die Zahl der Journalisten bei den Pressekonferenzen der Ladies
habe sich daraufhin, so ein Reporter, verdoppelt bis verdreifacht.
8 Mar 2018
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Fußball
Frauenfußball
England
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
Profi-Fußball
Deutscher Fußballbund (DFB)
Fußball
Frauenfußball
Norwegen
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