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# taz.de -- Profi-Frauenfußball: Eine Frage der Klasse
> Die norddeutschen Profi-Fußballklubs verfolgen unterschiedliche Konzepte
> mit Frauenabteilungen – vom internationalen Aushängeschild bis zum
> Anhängsel.
Bild: Enttäuschung nach dem Abpfiff: Bremens Pia-Sophie Wolter nach der Nieder…
Die Frauenfußball-Bundesliga ist erst 27 Jahre alt. Aber wer sich heute die
Liste der 20 Gründungsmitglieder durchliest, findet mit Bayern München nur
einen einzigen Klub, der auch heute noch im professionellen Frauenfußball
eine Rolle spielt. Dafür enthält die Liste jede Menge vergessener Namen und
inzwischen aufgelöste Frauenfußball-Abteilungen – wie die von Fortuna
Sachsenross Hannover.
## Domäne der Provinz
Frauenfußball war in seinen Anfängen eine Domäne der Provinz oder jener
städtischen Klubs, deren Männermannschaften nicht ganz oben mitspielten.
Das führte zu pittoresken Situationen wie im Mai 1982, als der
Mannschaftsbus des FC Bayern München den Kiesweg zum Sportplatz des
500-Selen-Örtchens Schnarup-Thumby zum Achtelfinale der Deutschen
Meisterschaft hochrollte. Oder dazu, dass die Frauen von Fortuna
Sachsenross Hannover, wo außer Fußball nur noch Petanque gespielt wird,
1988 im Halbfinale der Deutschen Meisterschaft standen.
Ab den Regionalligen zeigt der Frauenfußball auch heute noch ein buntes
Bild, in dem immer noch kleine Klubs für Aufsehen sorgen können – an der
Spitze haben die Marktkräfte aber dazu geführt, dass die durch
Männerfußball zu Reichtum gekommen Klubs das Regiment teilweise übernommen
haben. Sechs der zwölf Mannschaften der ersten Frauen-Bundesliga haben auch
ein Männerteam in der Ersten Liga. Allein für Frauenfußball stehen nach wie
vor Vereine wie Turbine Potsdam, SC Sand oder der 1. FFC Frankfurt.
## Branchenführer sitzt in Wolfsburg
Diese unterschiedlichen Strategien der Männer-Profiklubs in der Förderung
ihrer Frauenfußball-Abteilungen werden an den norddeutschen Bundesligisten
deutlich. Dem Branchenführer VfL Wolfsburg fiel 2003 die komplette
Frauen-Abteilung des WSV Wendschott samt Bundesliga-Lizenz zu. Seitdem
betreibt der Werksklub Frauenfußball mit hohem finanziellen Aufwand als
Teil seiner Markenstrategie.
„Die VfL-Frauen vereinen sportliche Leistungskraft mit einer ungeheuer
sympathischen Ausstrahlung“, sagte 2014 der damalige Chef der
Sportkommunikation bei Volkswagen, Nicolai Laude. „Besser kann man weder
für den Verein und den Frauenfußball noch für unsere Volkswagen-Fahrzeuge
werben.“ Drei Deutsche Meisterschaften und drei Champions-League-Titel
holten die VfL-Frauen, die am Samstag gerade 0:1 beim SC Freiburg verloren
haben, seitdem.
Davon sind die Frauen von Werder Bremen, die am Sonntag mit 0:4 beim 1. FFC
Frankfurt untergingen, noch weit entfernt. Für sie wäre es schon ein
Erfolg, sich in der Ersten Liga zu etablieren, in die sie in der
vergangenen Saison erneut aufgestiegen sind.
Nach einer kurzen Phase in den 70er-Jahren hatte Werder lange keine
Frauenfußball-Abteilung, war aber 2007 vom Bremer Fußball-Verband gebeten
worden, durch eine Neugründung die Abwanderung von Talenten aus Bremen zu
stoppen. Seitdem wird die Frauenabteilung bei ihrem langsamen, aber
kontinuierlichen Wachstum vom Verein unterstützt und setzt auf gute
Nachwuchsarbeit statt teure Verpflichtungen.
## Passen nicht ins Konzept
Das war auch mal der Weg der Frauen des HSV, die noch die
traditionsreichste Geschichte der norddeutschen Profiklubs haben und noch
in der Saison 2012 in der Bundesliga spielten. Doch quasi über Nacht
passten sie dann nicht mehr ins Konzept des verschuldeten Klubs, der die
Ausgliederung der Profis anstrebte. Die Frauenfußballmannschaft wurde aus
der Bundesliga abgemeldet, weil angeblich 100.000 Euro zur Deckung des
Jahresetats fehlten. Im Augenblick spielt die erste Frauenfußballmannschaft
in der Verbandsliga – Hoffnung macht allerdings die U17, die bereits in der
Juniorinnen-Bundesliga spielt.
Kurioserweise haben die HSV-Fußballerinnen 1997 die Teilnahmeberechtigung
an der damals neu geschaffenen eingleisigen Frauenbundesliga nur erhalten,
weil die eigentlich spielberechtigte Fortuna Sachsenross Hannover aus
finanziellen Gründen verzichtete. Hannover 96 übernahm damals aber nicht
die Lizenz des klammen Nachbarn und so spielt mit dem TSV Bemerode der
höchstklassigste Klub der Landeshauptstadt heute in der viertklassigen
Oberliga – eine Etage höher als die Frauen von Hannover 96.
5 Nov 2017
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
## TAGS
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