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# taz.de -- Ausländerstopp an der Essener Tafel: Der Nebenbei-Genetiker
> Noch macht Jörg Sartor mit dem fremdenfeindlichen Ausschluss an seiner
> Tafel weiter. Zumindest will er sich nun mit Migrantenverbänden beraten.
Bild: „Ich wollte nicht die Welt retten“: der Essener Tafelchef fing mit Ki…
In seiner orangeroten Fleecejacke mit Aufdruck der Essener Tafel und seiner
wohlgenährten Konstitution sieht Jörg Sartor irgendwie gemütlich aus. Aber
der leicht gequälte Gesichtsausdruck, den viele aktuelle Pressefotos
einfangen, zeugt von der zweifelhaften Berühmtheit, die den Vorsitzenden
der Essener Tafel zuletzt ereilt hat.
Rassismusvorwürfe, Rücktrittsforderungen, Kritik auch aus den eigenen
Reihen – das alles ist nicht spurlos an Sartor vorbeigegangen. Am Sonntag
schrieb Bild, Sartor drohe mit seinem Rücktritt. Man könnte auch sagen: Er
stellte den Rücktritt in Aussicht. Denn unbegründet ist die Kritik an
seiner Person nicht.
Der 61-Jährige hat nicht nur drei Kinder und drei Enkelkinder, sondern auch
eine klassische Ruhrpottbiografie: In der Zeche Zollverein, seit 2001
Weltkulturerbe, hat Sartor früh eine Ausbildung zum Bergmann begonnen.
Später arbeitete er als Steiger in verschiedenen Bergwerken in der gesamten
Region. 30 Jahre unter Tage, so beschreibt er sein Berufsleben. Mit 49 war
Schluss, er ging in Rente. In der Branche ist das nichts Ungewöhnliches.
Ungewöhnlich ist dagegen, dass sich der Bergmann fortan mit großem Einsatz
ehrenamtlich betätigte, seit nun schon 13 Jahren. „Ich bin siebenmal die
Woche hier“, [1][sagte Sartor dem Focus]. Als Gutmensch sehe er sich jedoch
nicht. „Ich wollte nicht die Welt retten, ich wollte irgendwas Vernünftiges
machen. Ich bin hier angefangen und wollte einmal die Woche Kisten
schleppen, daraus ist ein Fulltime-Job geworden“, erzählt Sartor.
## „Nehmer-Gen“ bei Syrern und Russlanddeutschen
Eine Mediendebatte löste die Entscheidung der Essener Tafel aus, neue
Registrierungen [2][nur mehr für Personen mit deutschem Pass] zuzulassen.
Als Vorsitzender ist Jörg Sartor für dieses Vorgehen verantwortlich. Dafür
hagelte es tagelang Kritik von allen Seiten, nicht zuletzt von Kanzlerin
Angela Merkel und Sabine Werth, der Mitbegründerin der Tafeln in
Deutschland. Werth hatte sogar indirekt gefordert, der Dachverband der
gemeinnützigen Organisation müsse ihrem Essener Ableger in letzter
Konsequenz den Namen Tafel aberkennen.
Sartor, der seit Beginn der Affäre jegliche fremdenfeindliche Gesinnung und
Motivation weit von sich weist, goss am Wochenende zusätzlich Öl ins Feuer:
[3][Dem Spiegel sagte er], Russlanddeutsche und Syrer besäßen ein
„Nehmer-Gen“. Es folgten Reaktionen, die es nicht bei verbaler Kritik
beließen. Unbekannte besprühten Gebäude sowie Fahrzeuge der Einrichtung und
bezichtigten Sartor so unmissverständlich einer Nazigesinnung.
Ob ihn diese Anfeindungen nun zum Einlenken gebracht haben, ist unklar.
Aber mittlerweile hat der Chef der Essener Tafel eingewilligt, mit
Wohlfahrtsverbänden und Migrantenorganisationen zu beraten, wie die
Lebensmittelausgabe so organisiert werden kann, dass nicht nach
Nationalität unterschieden wird. „Glückauf, Herr Sartor“, möchte man da
sagen – andere Tafeln kriegen das schon lange hin.
1 Mar 2018
## LINKS
[1] https://www.focus.de/politik/deutschland/chef-der-essener-tafel-joerg-sarto…
[2] /Essener-Tafel-nimmt-nur-Deutsche-auf/!5487000
[3] http://www.spiegel.de/panorama/essener-tafel-kollegen-fuerchten-foerderung-…
## AUTOREN
Jakob Kulick
## TAGS
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