# taz.de -- Gangster aus der Haft entlassen: Degowski auf freiem Fuß | |
> Die Justiz beendet eines der Kapitel zum Gladbecker Geiseldrama von 1988. | |
> Einer der Täter ist auf Bewährung frei und darf mit neuer Identität | |
> untertauchen. | |
Bild: Vor 30 Jahren: Geiselnehmer Degowski und Rösner stehen in dem von ihnen … | |
ESSEN/WERL dpa | Fast 30 Jahre nach einem der spektakulärsten Verbrechen | |
der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte ist der Gladbecker Geiselgangster | |
Dieter Degowski wieder frei. Der 61-Jährige durfte nach Angaben der | |
Strafvollstreckungskammer des Landgericht Arnsberg vom Freitag das | |
Gefängnis im westfälischen Werl verlassen – mit neuer Identität, die ihm | |
nach der Haft ein anonymes Leben erlauben soll. Degowski steht aber noch | |
unter Bewährung. Zunächst hatte die „Bild“-Zeitung über die Freilassung … | |
Donnerstag berichtet. | |
Degowski und sein um ein Jahr jüngerer Komplize Hans-Jürgen Rösner hatten | |
im August 1988 die Republik in Atem gehalten: Drei Tage lang flüchtete das | |
Duo nach einem missglückten Bankraub in Gladbeck mit Geiseln quer durch | |
Deutschland – Drei Menschen starben. Nach dem Ende des Geiseldramas wurden | |
Degowski und Rösner zu lebenslanger Haft verurteilt. Bei Degowski wurde die | |
besondere Schwere der Schuld festgestellt. | |
Rösner, für den auch Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, sitzt weiterhin | |
im Gefängnis. Auch er strebt eine vorzeitige Entlassung an und wolle | |
zunächst in den offenen Vollzug, sagte sein Anwalt. Rösner hat dazu eine | |
Therapie erhalten, die Haftanstalt hält dies für einen ersten Schritt. Er | |
bereue seine Taten, so der Anwalt. | |
Auch Degowski hatte vor seiner Entlassung eine Therapie absolviert. Seine | |
lebenslange Freiheitsstrafe setzte die Strafvollstreckungskammer in | |
Arnsberg am 10. Oktober unter zahlreichen Weisungen zur Bewährung aus. Sie | |
stützte sich nach Angaben des nordrhein-westfälischen Justizministeriums | |
auf die günstige Prognose und das tadellose Verhalten Degowskis im Vollzug. | |
„Nachgereift, psychisch stabil“ | |
Laut Gutachten ist der 61-Jährige „nachgereift, psychisch stabil“ und ohne | |
Alkohol- und sonstige Suchtprobleme, wie NRW-Justizminister Peter | |
Biesenbach (CDU) im November erklärte. Degowski habe alle Lockerungen der | |
Justizvollzugsanstalt Werl beanstandungsfrei absolviert – insgesamt 38 | |
unbegleitete sowie zwölf Langzeitausgänge. Auch die Staatsanwaltschaft | |
hatte keinerlei Einwände. | |
Rückblende: Am Morgen des 16. August 1988 stürmen Degowski und Rösner | |
schwer bewaffnet eine Bank im nordrhein-westfälischen Gladbeck. Sie nehmen | |
zwei Geiseln und fordern einen Fluchtwagen sowie 420 000 D-Mark. Schon bald | |
geben sie Journalisten ein erstes Interview. Kurz nachdem die Gangster am | |
Abend mit Geiseln und Geld losfahren, steigt Rösners Freundin zu. Am | |
nächsten Tag kapern die Gangster in Bremen einen Linienbus und nehmen rund | |
30 Geiseln. Sie geben weitere Interviews und lassen mehrere Geiseln frei. | |
Als die Polizei Rösners Freundin vorübergehend festhält, erschießt Degowski | |
einen 15-Jährigen. Bei der weiteren Verfolgung verunglückt ein Polizist | |
tödlich. Die Verbrecher lassen den Bus stehen und flüchten mit zwei Bremer | |
Geiseln in einem Auto. Ein Journalist fährt in Köln sogar ein Stück mit. Am | |
Mittag des 18. August greift ein Spezialeinsatzkommando auf der Autobahn | |
bei Bad Honnef zu. Eine 18-jährige Frau stirbt an einer Kugel aus Rösners | |
Waffe. | |
Im März 1991 werden Rösner und Degowski am Landgericht Essen verurteilt. | |
Anträge auf Hafterleichterungen und Gnadengesuche werden lange Zeit | |
abgelehnt. Die Polizei überarbeitet nach dem Fall ihre Einsatztaktik für | |
solche Szenarien. Die Medien werden wegen mangelnder Zurückhaltung massiv | |
kritisiert – das Gladbecker Geiseldrama ist auch ein Wendepunkt beim Umgang | |
von Medien mit solchen Schwerverbrechen. Der Deutsche Presserat legt später | |
fest, dass es Interviews mit Tätern während des Geschehens nicht geben | |
darf. | |
16 Feb 2018 | |
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