Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rassismus in Frankreich: Nicht weiß genug für die Jeanne d’Arc
> Die 17-jährige Mathilde Edey Gamassou soll bei einer offiziellen Feier
> die französische Nationalheldin verkörpern. Rechte Kreise laufen Sturm.
Bild: Im Film von 1999 spielte die serbisch-russische Amerikanerin Mila Jovovic…
Berlin taz | Jeden Sonntag sitzt Mathilde Edey Gamassou in der Kirche –
„das ist sehr wichtig“, sagt sie. Ihr Notendurchschnitt liegt bei einer
guten Zwei. In ihrer Freizeit bereitet sie ehrenamtlich jüngere Katholiken
auf die Sakramente vor. Man sollte also meinen, dass selbst streng
konservative Zeitgenossen sich kaum daran stören könnten, dass die
17-Jährige in diesem Jahr im französischen Orléans die Nationalheldin
Jeanne d’Arc bei den Feiern zu ihrem Sieg im Jahr 1429 darstellen soll.
Doch für Rechte und Ultrakonservative ist die Tochter eines Beniners und
einer Polin ein Albtraum. Seit ihrer feierlichen Ernennung zur diesjährigen
Jeanne d’Arc in der vergangenen Woche wird die Teenagerin mit übelsten
Feindseligkeiten überschüttet: Jeanne d’Arc sei schließlich weiß gewesen,
wehklagen die Schreiber in Kommentarspalten.
Von einer „Propaganda für Mestizen“ ist in einem Tweet sogar zu lesen, in
einem anderen vergleicht ein Twitterer die 17-Jährige mit einem Pavian. Das
hat sogar die Aufmerksamkeit der Justiz auf sich gezogen, die
Staatsanwaltschaft ermittelt nach übereinstimmenden Medienberichten wegen
Beleidigung.
Gamassou bekommt von offizieller Seite Unterstützung, so vom Bürgermeister
und dem Komitee, dass jedes Jahr die Darstellerin der Nationalheldin kürt.
Schließlich erfüllt Gamassou alle Kriterien für den Job: Sie lebt seit mehr
als zehn Jahren in Orléans, geht dort zur Schule (Lieblingsfächer
Französisch und Englisch) und ist praktizierende Katholikin.
In den sozialen Medien brodelt es
Tatsächlich wolle sie sogar bald an einer katholischen Hochschule
studieren, erzählte sie in einem Interview. Außerdem schenkt Gamassou
anderen ihre Zeit – auch das ist ein Auswahlkriterium, um die Johanna von
Orléans verkörpern zu dürfen. Gamassou engagiert sich unter anderem für die
Pfadfinder. Beste Voraussetzungen also, um bei den Fêtes johanniques in
Orléans aufs Pferd zu steigen und durch die Straßen zu reiten.
Doch das spielte für die Häme kaum eine Rolle: Gérard Depardieu spiele dann
wohl bald in einem Film Nelson Mandela, witzelte ein User. Andere
konterten, er habe sich wohl auch daran gestört, als Dépardieu einmal
Alexandre Dumas darstellte – den Sohn einer Sklavin
afrikanisch-karibischen Ursprungs.
Gamassou jedenfalls hat sich zuletzt nicht öffentlich zu den Diskussionen
über ihre Abstammung und ihre Hautfarbe geäußert. Nur ihr Vater ließ sich
interviewen und sagte, seine Tochter habe erst seit sechs Monaten überhaupt
ein Handy, sie nehme an sozialen Medien gar nicht teil. Zumindest in
dieser Hinsicht sei sie vor den Kommentaren geschützt.
Womöglich hat die 17-Jährige auch gerade nicht so viel Zeit, sich damit zu
beschäftigen: Gamassou wandelt nun bei einer religiösen Pilgerreise auf den
Spuren der Johanna von Orléans. Am Wochenende des 24. und 25. Februar wurde
sie in Domrémy-la-Pucelle erwartet, dem Geburtsort der Nationalheiligen in
den Vogesen.
26 Feb 2018
## AUTOREN
Eva Oer
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Frankreich
Soziale Medien
Rechtspopulisten
Reiseland Frankreich
Lesestück Meinung und Analyse
Schwerpunkt Emmanuel Macron
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kunst und Lebensart an der Seine: Klein-Afrika in Groß-Paris
Paris ist die Stadt der afrikanischen Kunst. Es gibt eine Messe für
zeitgenössische Kunst, Galerien. Und im Stadtviertel Goutte d’Or lebt
Afrika.
Debatte Afrika-Bild in Europa: Lasst uns endlich in Ruhe!
Versteckter Rassismus ist unter europäischen Politikern weit verbreitet.
Doch afrikanische Länder müssen sich nichts bieten lassen.
Vor der Präsidentschaftswahl: Frankreich gibt es nicht
Vier mal Frankreich: War es nicht einmal das Land der großen Ideale?
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.