Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Gangneung Style: Man macht es nach, macht es besser
> Die Kim-Curling-Bande hat eine der größeren Storylines bei diesen Spielen
> geschrieben. Ihr Erfolg steht dafür, was in dem Land möglich ist.
Bild: Kim Eun-jung zeigt Anflüge von Zweifel und Unsicherheit im Finale gegen …
Curlingfinale der Frauen. Mit dabei: Die vier Kims aus Südkorea, die
sogenannten Garlic Girls. Mit Skip Kim Eun-jung, deren kühle Brillianz
mindestens so viel Aufsehen erregte wie ihre Brille, ein Gestell mit dem
gewissen IQ-160-Faktor, das man so ähnlich, neben vielen runden Modellen,
sehr oft auf den Nasen von koreanischen Mädchen sieht.
Zum ersten Mal in diesem Turnier zeigte Kim Eun-jung Anflüge von Zweifel
und Unsicherheit im Finale gegen die Schwedinnen. Sie wusste nach einem
frühen Rückstand, dass es nichts wird mit dem Olympiasieg. Die
Skandinavierinnen gewannen sogar vorzeitig, aber die Kim-Curling-Bande hat
eine der größeren Storylines bei diesen Spielen geschrieben. Es war eines
der erstaunlichsten Erkenntnisse dieser Spiele: [1][Koreanerinnen können
Curling].
Der nicht ganz unerwartete, aber doch ungewohnte Erfolg im Curling steht
exemplarisch dafür, was in diesem Land möglich ist, wenn man sich nur
zusammenreißt und ein Ziel kompromisslos verfolgt. Die Kims haben gezeigt,
dass man sich in den wirtschaftlich so dynamischen Ländern Ostasiens auf
etwas versteht, wozu die Amerikaner „cultural appropriation“ sagen,
kulturelle Aneignung. Man sieht sich an, was die anderen können, macht es
nach, macht es besser.
Im Curling hat Korea bis dato nichts gerissen. Jetzt haben die Kims eine
olympische Silbermedaille gewonnen. Sie haben sich allerdings nicht nur als
Nachahmer eines einst schottischen Sports verstanden, nein, sie haben ein
Surplus draufgesetzt, eine wunderbare Geschichte erzählt, die bleiben wird
– wie auch der Sieg des Skeleton-Piloten Yun Sung-bin oder die
Shorttrack-Erfolge von Choi Min-jeong, noch so ein Role Model mit einem
bemerkenswerten Brillengestell.
Und nach dem Muster einer geglückten – und nicht beargwöhnten – Cultural
Appropriation liefen auch diese Winterspiele irgendwie: Die Südkoreaner
haben sich angeschaut, wie man es zuletzt in Russland oder Brasilien
angestellt hat. Und dann haben sie es einfach besser gemacht, zumindest
haben sie eine logistische Meisterleistung vollbracht. IOC-Chef Thomas Bach
könnte diesmal, ohne völligen Quatsch zu erzählen, von den besten aller
Winterspiele sprechen. Aber waren sie das wirklich? Für die Koreaner
bestimmt. Sie sind im Medaillenspiegel auf einem guten siebten Platz
gelandet, sie haben ihre Beziehungen zum nordkoreanischen Nachbarn
womöglich neu justiert und sich auch über ihr Selbstverständnis gestritten.
Als in der Teamverfolgung eine Läuferin nach einem Strauchler zurückblieb,
die zwei anderen Eisschnellläuferinnen aber unbeeindruckt vorneweg liefen,
da ging ein Aufschrei der Empörung durchs Land.
Korea kann Curling. Korea kann Spiele. Es kann aber noch so viel mehr.
25 Feb 2018
## LINKS
[1] /!5482931/
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Curling
Südkorea
cultural appropriation
Fußball-EM 2024
Buenos Aires
Olympische Winterspiele 2022
Olympische Winterspiele 2022
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Olympische Winterspiele 2022
## ARTIKEL ZUM THEMA
Curling-Spieler über EM-Erfolg: „Bei uns geht es jetzt bergauf“
Die Curler galten bislang als schlechtester deutscher Wintersportverband.
Nun wurden die Männer EM-Vierter. Skip Marc Muskatewitz erklärt den Erfolg.
Kolumne Press-Schlag: Olympischer Schnee in Buenos Aires
Argentinien erwägt, sich für die Olympischen Winterspiele 2026 zu bewerben.
Warum eigentlich nicht? Ist doch weltmarktlogisch!
Kolumne Gangneung Style: Purzelnde Kalorien, Berge von Bacon
Olympia ist für unseren Autor alltäglich geworden. Als Sportreporter sitzt
er oft stundenlang in Bussen oder wartet auf Pressekonferenzen.
Kolumne Gangneung Style: Blödes Wetter
Bei den Spielen in Pyeongchang läuft zum Glück nur fast alles perfekt. So
bleibt den deutschen Journalisten doch noch etwas zum Meckern.
Shorttrack bei den Winterspielen 2018: Hier schmilzt das Eis
Beim Shorttrack zeigt Südkorea olympische Gefühle: Die einheimische
Siegerin weint, eine Konkurrentin wurde sogar bedroht.
Kolumne Gangneung Style: Der Guru der Church of Olympia
Der Gemeinde des quasi-religiösen IOC kann man sich kaum entziehen. Dem
Oberguru fehlt es an Charisma, doch dafür bietet sie Einmaliges.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.