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# taz.de -- In China festgehaltener Buchhändler: Bizarre Wende im Fall Gui Min…
> Der Hongkonger Buchhändler mit schwedischem Pass gibt ein arrangiertes
> Interview im Knast. Er behauptet, in China bleiben zu wollen – und
> wettert gegen Schweden.
Bild: Beim Protest gegen das Verschwinden der fünf Buchhändler wurde auch das…
Peking dpa | Der Fall des in China festgehaltenen Hongkonger Buchhändlers
Gui Minhai hat eine bizarre Wende genommen. In einem von den
Polizeibehörden sorgfältig arrangierten Interview sagte der 53-Jährige aus,
doch nicht ausreisen zu wollen. Er erwäge sogar, seine schwedische
Staatsbürgerschaft aufzugeben. Das Interview in einer Haftanstalt mit
ausgesuchten Medien aus China, Hongkong und Taiwan wurde am Samstag
veröffentlicht. Der Streit um den Buchhändler hat die Beziehungen mit
Schweden schwer belastet.
Der 53-Jährige unterstellte „einigen Politikern“ in Schweden, ihn in einem
Wahljahr zu benutzen, „um der chinesischen Regierung Ärger zu machen“, wie
ihn die Hongkonger Zeitung South China Morning Post am Samstag aus dem
Interview in dem Gefängnis von Ningbo (Provinz Zhejiang) zitierte. Schweden
und auch Deutschland sowie andere EU-Staaten hatten seine Freilassung
gefordert.
Ende Januar war der 53-Jährige unter den Augen von zwei schwedischen
Diplomaten von Sicherheitsbeamten in Zivil aus einem Zug nach Peking geholt
und abgeführt worden. Er hatte sich nach schwedischen Angaben in der
Botschaft wegen einer neurologischen Krankheit medizinisch untersuchen
lassen wollen. Die schwedischen Behörden verurteilten die „brutale
Intervention gegen einen Schweden“. Die Diplomaten hätten ihm nur
konsularische Unterstützung geleistet.
In dem Interview gab Gui Minhai jetzt an, schwedische Diplomaten hätten ihn
„angestiftet“ und bedrängt, das Land zu verlassen. Am Ende sei er ihnen
„auf den Leim gegangen“, zitierte ihn die Zeitung. Laut South China Morning
Post hat das Polizeiministerium im Anschluss mitgeteilt, dass Gui Minhai
jetzt festgehalten werde, weil er unter dem Verdacht stehe,
„Staatsgeheimnisse“ ans Ausland gegeben zu haben.
## Schweden habe seinen Fall aufgebauscht, behauptet er
Auf die Frage, ob er das Land verlassen wolle, sagte Gui Minhai in dem
Interview: „Ich hoffe, ich kann in China leben.“ Schweden habe seinen Fall
„aufgebauscht“. „Mein wunderschönes Leben in China ist ruiniert worden, …
ich würde der schwedischen Regierung nie wieder trauen“, sagte der
Inhaftierte. Menschenrechtler verurteilten das Interview als „inszeniert“.
Die Wortwahl verrate, dass damit ausländische Kritik zurückgewiesen werden
solle. Gui Minhai sei ohne Zugang zu einem Anwalt oder konsularische Hilfe
inhaftiert.
In einer Reaktion wiederholte das schwedische Außenministerium den Ruf nach
seiner Freilassung. Es werde weiter gefordert, dass Gui Minhai als
schwedischer Staatsbürger die Gelegenheit gegeben werde, mit der Botschaft
und medizinischem Personal zusammenzutreffen. Er solle freigelassen werden,
um mit seiner Familie wiedervereinigt zu werden, hieß es in einer
Erklärung.
Der Pen-Club schwedischer Schriftsteller meinte, Gui Minhai habe seine
Äußerungen „nicht freiwillig“ gemacht. Es sei eine bekannte Strategie
Chinas und nicht das erste Mal, dass Gui Minhai gezwungen worden sei, eine
Erklärung abzugeben, sagte die Pen-Vorsitzende Elisabeth Asbrink der
Zeitung Expressen.
## Einer von fünf verschwundenen Buchhändlern
Der 53-Jährige ist einer von fünf Buchhändlern aus Hongkong, die politisch
heikle Bücher über China herausgegeben und vertrieben hatten, bis sie 2015
unter merkwürdigen Umständen verschwanden. Alle fünf tauchten in China auf.
Bis auf Gui Minhai sind alle wieder auf freiem Fuß. Drei von ihnen
schweigen über die Vorfälle. Gui Minhai war im Oktober 2015 im Urlaub in
Thailand schon einmal verschwunden. Seine Familie vermutet, dass er von
chinesischen Agenten verschleppt worden war.
In Chinas Staatsfernsehen tauchte Gui Minhai dann wieder auf und gab ein
Geständnis ab, das nach Ansicht von Menschenrechtsgruppen schon nicht
freiwillig erfolgte: Er habe vor mehr als zehn Jahren in China Fahrerflucht
mit Todesfolge begangen und wolle seine Strafe antreten, gab er an. Seit
Absitzen einer Haftstrafe im Oktober wird Gui Minhai nach Angaben seiner
Familie an der Ausreise aus China gehindert. Er lebte demnach zuletzt unter
Beschränkungen in Ningbo.
Das Verschwinden der Buchhändler hatte unter den sieben Millionen
Hongkongern große Sorgen über ihre Meinungsfreiheit und Rechtssicherheit
ausgelöst. Seit der Rückgabe der ehemals britischen Kronkolonie 1997 an
China wird Hongkong nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ autonom
regiert.
10 Feb 2018
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