# taz.de -- Vor der Wahl in Ägypten: Kaum einer da außer al-Sisi | |
> In Ägypten sind Kandidaten für die Präsidentschaftswahl hinter Gittern | |
> verschwunden. Raum für eine politische Debatte gibt es derzeit nicht. | |
Bild: Soll unbedingt „wiedergewählt“ werden: Abdel Fattah al-Sisi – Wahl… | |
Kairo taz | Eine Pro-forma-Wahl mit einem Pro-forma-Gegenkandidaten und | |
einem sicheren Sieger: Wahlen auf Ägyptisch. Ende März wird ein neuer | |
Präsident gewählt, aber das Ergebnis steht schon fest: Präsident Abdel | |
Fatah al-Sisi wird auch der neue Staatschef werden. Es wird ein recht | |
einsamer Wahlkampf werden. Dass die Wahl überhaupt stattfindet, ist allein | |
der ägyptischen Verfassung geschuldet. | |
Al-Sisi hat keinen ernsthaften Gegenkandidaten. Mögliche Bewerber wurden in | |
den vergangenen Wochen systematisch ausgeschaltet. Der letzte | |
Regierungschef unter dem 2011 gestürzten Hosni Mubarak, Ahmad Schafik, | |
hatte bereits im November aus seinem Exil in den Arabischen Emiraten | |
verkündet, gegen al-Sisi antreten zu wollen. | |
Daraufhin wurde Schafik, der bei der Präsidentschaftswahl 2012 gegen den | |
Muslimbruder Muhammad Mursi angetreten war und verloren hatte, in Dubai | |
verhaftet und über Nacht in einem Privatflugzeug deportiert. Bei seiner | |
Ankunft in Kairo wurde er in ein Fünfsternehotel gebracht und dort | |
festgehalten, bis er Anfang Januar seinen Rückzug verkündete. „Da ich mehr | |
als fünf Jahre nicht im Land war, bin ich nicht die ideale Person für das | |
Amt“, schrieb er auf Twitter. | |
Erwartet wurde die Kandidatur von Muhammad Awar al-Sadat, dem Neffen des | |
ehemaligen ägyptischen Präsidenten Anwar al-Sadat. Doch als er sah, was mit | |
Schafik passierte, trat er erst gar nicht an. „In einem solchen Klima kann | |
ich nicht weitermachen, ich habe beschlossen, nicht zu kandidieren“, sagte | |
er auf einer Pressekonferenz. | |
## Gegenkandidat Moussa Mostafa Moussa? | |
Vor zehn Tagen kam ein wirkliches Schwergewicht ins Rennen: Sami Anan, der | |
ehemalige Stabschef und einstige Chef al-Sisis, der nach der Mubarak-Ära in | |
Rente gegangen war. In einer Videobotschaft rief er alle zivilen und | |
militärischen Institutionen auf, sich neutral zu verhalten. Er wäre | |
vielleicht ein ernsthafter Konkurrent für al-Sisi gewesen, aber zwei | |
Generäle sind einer zu viel. Anan wurde drei Tage nach seiner Ankündigung | |
festgenommen und sitzt jetzt in Militärhaft, weil er für seine Bewerbung | |
nicht die Genehmigung des Militärs eingeholt hatte, wie es offiziell heißt. | |
Am Ende zog sich auch der prominente Anwalt Khaled Ali aus dem Rennen | |
zurück, den Demokratieaktivisten und Menschenrechter aufgestellt hatten. | |
Nicht dass sie glaubten, er habe eine Chance, aber sie hofften, mit einem | |
eigenen Kandidaten politische Räume in der öffentlichen Debatte | |
zurückzuerobern. „Die Chance auf irgendeine Hoffnung ist bei dieser Wahl | |
verloren gegangen“, begründete Ali seinen Schritt. | |
Bis kurz vor dem Bewerbungsschluss am Montag sah es aus, als würde al-Sisi | |
alleine antreten, als mit Moussa Mostafa Moussa doch noch einer antrat. | |
Seine kleine Partei zählt zu al-Sisis Unterstützern. | |
Was bleibt, ist Ernüchterung. „Mit einer solchen Wahl wird sogar dem | |
Anschein eines politischen Prozesses jegliche Bedeutung entzogen“, sagt der | |
Politologe Hisham Hellyer, der für die US-Denkfabrik Atlantic Council und | |
das britische Royal United Services Institute arbeitet. Dennoch glaubt er | |
in einem Gespräch mit der taz, dass al-Sisi international wenig Gegenwind | |
entgegenschlagen wird. „US-Präsident Donald Trump wird al-Sisi Glückwünsche | |
übermitteln, wenn dieser seine zweite Amtszeit beginnt“, prophezeit er. | |
Und auch die Europäer „werden wahrscheinlich hinter geschlossenen Türen ein | |
wenig murren, aber das wird ihre grundsätzliche Politik gegenüber Ägypten | |
nicht verändern, denn ihre Politik wird bestimmt von wesentlich | |
kurzfristigeren Erwägungen“. Schließlich wird al-Sisi in Europa als Partner | |
im Antiterrorkampf und in der Eindämmung der Flüchtlingskrise gesehen. | |
Eines hat die Kandidatensaga gezeigt: In Ägypten gibt es weder Raum für | |
eine politische Debatte noch für eine Oppositionsfigur. Es gibt nur einen | |
Pharao. | |
2 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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