# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Ägypten: Keine Konkurrenz für den Pharao | |
> Bei der Präsidentschaftswahl hat Amtsinhaber Abdel Fattah El-Sisi nur | |
> einen Proforma-Gegenkandidaten. Der ist unbekannt und völlig chancenlos. | |
Bild: Wahl zwischen Pizza und Pharao? El-Sisi-Wahlplakat in Kairo | |
Kairo taz | Ab diesem Montag wird in Ägypten über drei Tage ein Präsident | |
gewählt. Das ist ein eher pharaonischer als demokratischer Prozess. Denn | |
der alte Präsident Abdel Fattah El-Sisi wird auch der neue sein. Der | |
Exmilitärchef tritt praktisch konkurrenzlos an. | |
Entsprechend halbherzig war der Wahlkampf. El-Sisi selbst trat wenig in | |
Aktion. Etwa letzte Woche in einer Wahlveranstaltung in einer Fußgängerzone | |
im Zentrum Kairos, die ohne den Kandidaten stattfand. Die mehrere hundert | |
Stühle sind voll besetzt. Es werden nationalistische Lieder gespielt. | |
Überall hängen Plakate mit dem Antlitz Abdel Fattah El-Sisis. „Die | |
Hoffnung“ steht auf den Bannern. | |
Wie zu Zeiten des gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak trommeln vor allem | |
regierungsnahe Geschäftsleute für El-Sisi. Jetzt finanziert der Anwalt | |
eines schon unter Mubarak reich gewordenen Stahlmagnaten die | |
Veranstaltung. Dafür dürfen sich Geschäftsleute auf den Plakaten hinter | |
oder kleiner neben El-Sisi auch ins Bild setzen. | |
## „Möge Gott ihn für uns erhalten“ | |
Manche Besucher sind seine überzeugten Anhänger wie Amal Fawzi. Sie sei | |
zufällig hier, erklärt sie. „Wir sind alle glücklich. Wir alle unterstütz… | |
El-Sisi. Möge Gott ihn für uns erhalten.“ Er habe viel für das Land getan, | |
meint sie. „Er hat Christen und Muslime vereinigt. Er hat viele | |
Infrastrukturprojekte angestoßen. Und er hat auf den Straßen wieder für | |
Sicherheit gesorgt.“ | |
Für einen anderen Besucher namens Aiman Ashour ist El-Sisi genau der | |
Richtige: „Er ist ein strenger Militär, so einen brauchen wir.“ | |
El-Sisi tritt praktisch konkurrenzlos an, weil potentielle Herausforderer | |
schon zuvor eingeschüchtert oder weggesperrt wurden. Zwei Exgeneräle | |
wollten antreten. Der eine, Ahmad Schafik, wurde nach seiner Rückkehr aus | |
dem Exil wochenlang in einem Luxushotel „untergebracht“, bis er erklärte, | |
doch nicht der richtige Mann zu sein. Der andere, Sami Anan, | |
Militärstabschef unter Mubarak, kam nach Verkünden seiner Kandidatur in | |
Militärhaft, weil er sich als Exmilitär seine Kandidatur nicht von der | |
Armee habe absegnen lassen. | |
Andere wie der Neffe des ermordeten Präsidenten Anwar al-Sadat kandidierten | |
erst gar nicht, weil „das politische Klima dafür unpassend ist“. | |
## Kandidat soll der Wahl einen demokratischen Anstrich geben | |
So gibt es nur einen einzigen unbekannten Gegenkandidaten. Mousa Mustafa | |
Mousa war zuvor noch ein großer El-Sisi-Fan gewesen. Das Antlitz des | |
Präsidenten hatte sein Facebook-Profil geschmückt. Wenn er gewinnt, wolle | |
er keinen Ärger machen, sagte Mousa in einem Interview. Er machte genau | |
zwei Wahlveranstaltungen. Zu einer kamen mehr Journalisten als Anhänger. | |
Der Proforma-Kandidat soll den Wahlen einen demokratischen Anstrich geben. | |
Chancen hat er keine. | |
„Das ist nicht meine Schuld“, sagt El-Sisi zur mangelnden Konkurrenz. „Ich | |
schwöre zu Gott, ich hätte gerne mehr Gegenkandidaten gehabt, damit die | |
Menschen auswählen können.“ Aber die Opposition sei einfach noch nicht so | |
weit. | |
Nicht alle sind bei der Kundgebung im Zentrum Kairos aus Liebe zum | |
Präsidenten dort. Viele kommen aus den Armenvierteln, gebracht von | |
regierungstreuen Geschäftsleuten. | |
Eine von ihnen namens Fawzia sagt auf die Frage, warum sie hier sei, nur: | |
„Er ist gut der El-Sisi.“ Dann blickt sie sich um und fragt: „Was soll ich | |
sonst noch sagen? Wir bekommen ein kleines Monatsgehalt. Gott segne den | |
Geschäftsmann.“ | |
Nur wenige äußern offen Kritik wie der liberale Aktivist Shady Ghazali | |
El-Harb: „Das Recht auf friedlichen Protest und freie Meinungsäußerung, das | |
wir uns beim Aufstand gegen Mubarak erkämpft haben, wurde uns wieder | |
genommen.“ | |
Vor allem jüngere Ägypter haben sich seit dem Arabischen Frühling aus allem | |
Politischen zurückgezogen. In einer Straße neben der Kundgebung sitzt die | |
schweigende Mehrheit. Ein junger Mann dort blickt sich um, ob jemand | |
zuhört. „Soll ich ehrlich antworten?“, fragt er. „Die meisten dort auf d… | |
Veranstaltung sind angemietet. Das kann ich alles nicht ernst nehmen.“ Die | |
einzige Frage für Abdel Fatah El-Sisis Legitimität wird die Wahlbeteiligung | |
sein. | |
26 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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