# taz.de -- Wetterbedingungen in Pyeongchang: Hart am Wind | |
> Wegen starker Böen werden die Rennen der Skifahrer verschoben. Doch die | |
> Snowboarderinnen müssen auf die Piste – und stürzen reihenweise. | |
Bild: Besser liegen, als fliegen | |
Es wird übers Wetter geredet in Pyeongchang. Zuerst nur über die Kälte. Die | |
Sportler frieren, die Reporter auch und das Publikum draußen an den | |
Strecken sowieso. Es herrschen Minusgrade bei den Olympischen Winterspielen | |
und alle Welt scheint sich darüber zu wundern. Wer ist schuld? Hat der | |
Klimawandel versagt? Ist es die Rache des olympischen Geistes an IOC-Chef | |
Thomas Bach wegen dessen Zuckerbrot-und-Backpfeifen-Politik gegenüber der | |
Dopingnation Russland, die für die Kälte verantwortlich ist? Oder ist es | |
einfach nur der Winter? Egal. The Games must go on. Es kann ja nicht immer | |
so sein wie bei Winterolympia in Sotschi vor vier Jahren, wo die Hänge an | |
den Pisten weiß waren und dennoch niemand gefroren hat. | |
Kaum hatte man sich mit der Kälte arrangiert, sich mit Reportertweets über | |
lange Unterhosen abgefunden, da kam der Wind auf. Und jetzt wird es ernst. | |
Denn wenn es bläst an Pisten und Schanzen, kann es gefährlich werden. Die | |
Abfahrt der Männer ist verschoben worden auf den Donnerstag. Am selben Tag | |
sollen dann auch die Frauen ihren Riesenslalom austragen. Der musste am | |
Montagmorgen verschoben werden, weil es zu sehr blies an der Strecke. Gut | |
so, es geht um die Sicherheit der Läufer und Läuferinnen. | |
Warum am selben Tag die Snowboarderinnen auf den Slopestyle-Kurs geschickt | |
wurden, haben viele Teilnehmerinnen an diesem Rennen dagegen gar nicht | |
verstanden. Sie werden aber eine gewisse Ahnung haben, warum sie auf die | |
Strecke geschickt wurden. Das enge olympische Programm lässt eben nicht | |
allzu viele Verschiebungen zu. Und so mussten sie ihre Gesundheit | |
riskieren, damit der olympische Terminkalender nicht noch mehr | |
durcheinandergerät. So viele Boarderinnen stürzten auf dem | |
Freestyle-Parcours, dass man den Wettbewerb getrost als Desaster bezeichnen | |
kann. „Das war keine gute Snowboard Show“, meinte die Österreicherin Anna | |
Gasser nach dem Wettbewerb. An den Start gegangen war sie als eine | |
Medaillenkandidatin. Nach Stürzen in beiden Läufen war sie am Ende 15. Sie | |
hatte nur wenig Verständnis dafür, dass man den Wettbewerb durchgezogen | |
hatte. | |
Schwere Verletzungen gab es in den entscheidenden Läufen, bei denen sich | |
wie vor vier Jahren die US-Amerikanerin Jamie Anderson durchgesetzt hat, | |
gottlob nicht. Das darf man getrost als glücklichen Zufall bezeichnen. | |
Silvia Mittermüller, die deutsche Starterin, hatte sich bei einem Probelauf | |
schon vor dem Wettkampf eine Knieverletzung zugezogen und konnte dann gar | |
nicht erst mitmachen. Sie macht auch die widrigen Witterungsbedingungen für | |
ihren Sturz verantwortlich. „Es war unverantwortlich“, sagte sie. Die Jury, | |
die den Wettbewerb zugelassen hat, ließ dann noch mitteilen, alles sei noch | |
„innerhalb der Grenzen“ gewesen und man habe durchaus bewusst gehandelt. | |
Grenzwertig war auch am Samstag der Wettbewerb der Skispringer von der | |
Normalschanze. Trotz nur schwer zu berechnender Böen wurde der Wettbewerb | |
durchgezogen. Immer wieder mussten Springer, die sich schon bereit zur | |
Abfahrt über die Schanze gemacht hatten, ihren Platz auf dem Balken wieder | |
verlassen. Der Wettbewerb zog sich elend in die Länge. Dass Andreas | |
Wellinger am Ende Gold geholt hat, liegt sicher auch an seinem phänomenalen | |
zweiten Sprung. Ein bisschen aber auch am Wind. Und dass er nicht zu Sturz | |
gekommen ist bei seinem Rekordsatz, auch an einer kleinen Portion Glück. | |
Nun mag es glückliche Siege geben und bisweilen sind das auch sehr schöne. | |
Aber wenn man Glück braucht, um heil durch einen Wettkampf zu kommen, dann | |
stimmt etwas nicht. | |
13 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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