# taz.de -- LSU-Vorsitzender über GroKo-Vertrag: „Vor der eigenen Haustür k… | |
> Der LSU-Vorsitzende Alexander Vogt bewertet die Einigung zwischen den | |
> Unionsparteien und der SPD. Glücklich ist er mit dem Vertrag nicht. | |
Bild: „Durch eine Änderung von Artikel 3 GG käme LSBTI-Personen der gleiche… | |
taz am wochenende: Herr Vogt, der [1][Koalitionsvertrag] ist endlich | |
beschlossen – sind sie jetzt glücklich? | |
Alexander Vogt: Glücklich wäre übertrieben, aber ich kann sagen, dass ich | |
mit einigen Dingen zufrieden bin und mich meine Partei hier und da auch | |
positiv überrascht hat. Trotzdem weist der Vertrag aus meiner Sicht Lücken | |
auf. Beispielsweise bleibt hinsichtlich Regenbogenfamilien ein | |
Regelungsbedarf. Wie eine Lösung im Detail aussehen kann, müssten wir | |
diskutieren. Klar ist aber, dass Familien mit gleichgeschlechtlichen | |
Partnern den heterosexuellen Familien rechtlich gleichgestellt werden | |
müssen. | |
Der Berichterstatter für LSBTI in der FDP-Bundestagsfraktion ist | |
deutlicher. Er nennt den Vertrag „ambitionslos“, dieser komme nicht über | |
das gesetzlich Zwingende hinaus – ist seine Kritik zu scharf? | |
Ambitionslos? Das sehe ich nicht so. Ich habe mich schon sehr darüber | |
gefreut, dass der Koalitionsvertrag keine Familienform bevorzugt. Ein | |
weiterer positiver Punkt ist, dass der Vertrag die Homo- und | |
Transsexuellenfeindlichkeit explizit benennt und dagegen vorgehen will. | |
Die LSU fordert eine Reform des Transsexuellengesetzes. Welche Änderungen | |
streben Sie an? | |
Das aktuelle [2][Transsexuellengesetz] wurde vom Bundesverfassungsgericht | |
für verfassungswidrig erklärt. Schon allein deswegen muss es überarbeitet | |
werden. Manche fordern die komplette Abschaffung des Gesetzes. Wir wünschen | |
uns einen Diskurs mit den Betroffenen, um mit der nötigen Sachlichkeit und | |
Ernsthaftigkeit eine gute Lösung zu erarbeiten. Die Frist, die das | |
Verfassungsgericht dem Gesetzgeber zur Reform des Gesetzes gestellt hat, | |
läuft übrigens Ende des Jahres ab. | |
Welche Verbesserungen für LSBTI-Personen erhoffen Sie sich durch die | |
Ergänzung des Artikel 3 GG um die Merkmale der sexuellen Orientierung und | |
geschlechtlichen Identität? | |
Der Schutz wäre dadurch einfach stärker. Während ein | |
einfachesAntidiskriminierungsgesetz mit einer einfachen Mehrheit im | |
Bundestag gekippt werden könnte, braucht es für die Änderung des | |
Grundgesetzes eine Zweidrittelmehrheit. Mit einer entsprechenden Änderung | |
von Artikel 3 des Grundgesetzes käme LSBTI-Personen der gleiche Schutz zu | |
wie heterosexuellen Menschen. | |
Das erste Kapitel des Koalitionsvertrages ist dem Thema Europa gewidmet. | |
Wäre es nicht auch in Ihrem Bereich Zeit für eine europäische Lösung, zum | |
Beispiel bei den Rechten von Regenbogenfamilien? | |
Klar muss auch auf der europäischen Ebene etwas passieren. Dort versuchen | |
wir gerade auszuloten, wie die Situation in den verschiedenen Ländern genau | |
aussieht. Oft ist die Lage im EU-Ausland viel kritischer als bei uns, | |
schauen Sie zum Beispiel nach Polen, wo Homo- und Transsexuelle, die sich | |
öffentlich zeigen, um Leib und Leben fürchten müssen. Eine große | |
europäische Lösung für diese Probleme fände ich natürlich wünschenswert, | |
aber ich sehe sie noch nicht. Wenn wir aber als Deutsche den Anspruch | |
haben, international etwas zu bewegen, dann sollten wir erst mal vor der | |
eigenen Haustür kehren und unsere eigenen Probleme lösen. | |
In dem Vertragswerk findet die [3][Häufung der Gewalt] gegen Homo- und | |
Transsexuelle Personen keine Erwähnung. Haben die VerhandlerInnen das Thema | |
übersehen? | |
Das stimmt, ich hätte mir gewünscht, dass auch dieser Sachverhalt im | |
Vertrag benannt wird – so wie auch die Gewalt gegen Kinder und Frauen | |
explizit drin steht. Dass die VerhandlerInnen das Thema übersehen haben, | |
denke ich jedoch nicht. Die LSU arbeitet jedenfalls sehr stark an diesem | |
Thema und wird es auch weiterhin forcieren. Mit der SPD hätten wir in der | |
Koalition zudem einen Partner, der diesen Themen gegenüber traditionell | |
etwas offener ist. | |
Eine weiter Forderung der LSU ist die Erstellung eines Aktionsplanes gegen | |
Homo- und Transphobie – wie sieht es damit aus? | |
Einen Aktionsplan für mehr Toleranz gibt es bereits, bezogen auf das Thema | |
Homo- und Transphobie muss der Plan jedoch noch mit Inhalt gefüllt werden. | |
Diese Absicht ist auch im Koalitionsvertrag festgehalten. Ob das mehr als | |
ein Lippenbekenntnis ist, wird man sehen – wir werden auf die Umsetzung | |
jedenfalls pochen! | |
10 Feb 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_2018.pdf?fi… | |
[2] https://www.gesetze-im-internet.de/tsg/index.html | |
[3] /Zahlen-des-Innenministeriums/!5439044 | |
## AUTOREN | |
Jakob Kulick | |
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