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# taz.de -- Kommentar Vorwürfe gegen Dieter Wedel: In Schweigestimmung
> Das Bild nach neuen Missbrauchsvorwürfen gegen Wedel verdichtet sich: Es
> muss Mitwissende gegeben haben, die sexuelle Übergriffe deckten.
Bild: Sollten die Anschuldigungen wahr sein, hat er schlimmer gewütet als sein…
Es war die Zeit, in denen die Menschen noch Fernsehen schauten.
Öffentlich-rechtliche Programme mit Bildungsauftrag, gebührenfinanzierte
Mehrteiler, die sich zu Straßenfegern mauserten, große deutscher
Produktionen über große deutsche Themen und ebensolche Männer: „Der große
Bellheim“, „Der König von St. Pauli“, „Die Affäre Semmeling“. Und a…
dieses Thema ist ein großes, deutsches: Dieter Wedel, dem die neuerlichen
Vorwürfe wegen brutaler Vergewaltigungsversuche und sexuellem Missbrauch
wohl endgültig seinen Ruf als Regisseur und Mensch kosten werden, hat, wenn
die Anschuldigungen sich als wahr erweisen, jahrelang schlimmer gewütet als
seine schlimmsten Antihelden.
In der [1][aktuellen Ausgabe der Zeit], die bereits Anfang des Monats
schwer belastende Aussagen verschiedener ehemaliger Kolleginnen Wedels
veröffentlichte (die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt in einem Fall,
der nicht verjährt ist), äußerten sich jetzt weitere Darstellerinnen,
berichten von Misshandlungen, von Übergriffen, mit weitreichenden Folgen:
Die Schauspielerin Ute Christensen verlor bei den Dreharbeiten zu einem
Fernsehfilm 1981 ihr ungeborenes Kind – nach körperlichen und psychischen
Schikanen durch Wedel. Im Saarländischen Rundfunk, für den eine inzwischen
aufgelöste Tochterfirma den Film produzierte, waren die Vorfälle bekannt,
der Intendant Thomas Kleist will nun „schonungslos aufklären“.
Dass das Thema indes jahrzehntelang aktenkundig und im Gedächtnis der
traumatisierten Opfer – und mutmaßlich auch in dem des Täters – verankert
bleiben, aber nicht an die Öffentlichkeit gelangen konnte, stellt ein
ganzes System infrage, die Fernsehindustrie, den öffentlich-rechtlichen
Apparat.
## Kollegen haben ihn gedeckt
Wer gedacht hatte, die von #MeToo angestoßene Debatte, die unterschwellig
schon seit Jahrzehnten geführt wird, sei aufs Ausland begrenzt, den kann
man zu so viel Naivität nur beglückwünschen. Schon mit den ersten Vorwürfen
an Weinstein war verwunderlich, wie wenig deutsche Fernsehmacher*innen und
Beteiligte ins eigene Land schauten, wie leise die Diskussion blieb.
Dass es nicht um Denunzierung gehen kann, ist eindeutig klar. Eine Gruppe
Schauspieler*innen hätte sich quasi in rufmeuchlerischer Absicht
zusammenrotten müssen, um zeitlich genau getimt gegen den ehemaligen
Arbeitgeber auszusagen. Vielmehr muss es Mitwisser*innen gegeben haben.
Menschen, die die Entgleisungen und Straftaten ihrer Kollegen gedeckt
haben.
Wie wichtig die interdisziplinäre Sicht auf das Thema ist, und wie stark
verwoben ein bestimmter Umgang mit Frauen mit der Konzeption und
Entwicklung fiktionaler Frauenfiguren ist, wird nun auch dem letzten
Zweifler deutlich. Das spiegelt sich in dem jüngsten Zusammenschluss der
„Pro Quote“-Regisseur*innen mit anderen Gewerken, die in der Umbenennung
des Vereins zu „Pro Quote Film“ resultiert: Auf allen Ebenen, vor, hinter
und beim Bau der Kamera, braucht es so viele Frauen, dass gewisse
Stimmungen gar nicht mehr aufkommen können.
Ähnlich wie bei Weinstein kann man jetzt nur hoffen, dass das unnötige Leid
der Opfer Konsequenzen hat. Dass jede Branche, ob Film, Musik, IT oder Bau,
von nun an genauer hinguckt, Anschuldigungen nachgeht, Möglichkeiten zum
gefahrlosen Hilferuf bietet. Film und Fernsehen wird nicht nur von uns
allen geschaut, sondern von uns allen gemacht.
25 Jan 2018
## LINKS
[1] http://www.zeit.de/kultur/film/2018-01/sexualdelikte-dieter-wedel-regisseur…
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
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Dieter Wedel
Sexualisierte Gewalt
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