# taz.de -- Reiche schröpfen für Anfänger: Und dann Kuchen für alle | |
> 45 superreiche Haushalte besitzen soviel wie die ärmere Hälfte der | |
> Bevölkerung. Aber wir wissen, was wir dagegen tun könnten. | |
Bild: Wie wär's: Die eine hat mehr, der andere weniger, aber niemand nur Krüm… | |
Das Leistungsprinzip ist ein geiles Prinzip – wenn man es sich leisten | |
kann. Es ist ein geiles Prinzip, wenn es prinzipiell stimmt. Es ist | |
korrekt, wenn deshalb jemand, der nix leisten kann, nicht gleich auch nix | |
kriegt. Und es ist korrekt, wenn Leute nicht alles kriegen, obwohl sie gar | |
nicht alles leisten. Gut aufgepasst? | |
45 superreiche Haushalte in Deutschland besitzen so viel wie die ärmere | |
Hälfte der Bevölkerung – also wie über 40 Millionen Menschen. So sagt es | |
eine [1][Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, | |
kombiniert mit einer deutschen Reichenliste]. Das ist böse und ungerecht. | |
Das muss doch nicht sein. | |
Und da faselt der Kaul noch etwas vom Leistungsprinzip? | |
Aber hallo! | |
Warum ist das Leistungsprinzip denn geil? | |
Weil es viele antörnt. | |
Und wann genau ist das Leistungsprinzip geil? | |
Wenn es gut und gerecht ist. | |
Wann ist es gut und gerecht? | |
Wenn es zu einer Gesellschaft führt, in der wir, wie die CDU zu Recht sagt, | |
[2][gut und gerne leben]. Das ist dann der Fall, wenn das Leistungsprinzip | |
ein garantiertes und bedingungsloses Mindestniveau an sozialer Sicherung | |
vorsieht, sagen wir 1.500 Euro. Und wenn es ein Höchstmaß an Turboluxus | |
vorsieht, sagen wir, großzügig: 20 Millionen Euro. Darauf können wir uns | |
einigen. Oder soll es gerecht sein, mehr zu besitzen? | |
## Der Bonzenbrecher | |
In einer Welt, die diesen Kriterien entspricht, ist an alle gedacht. Es ist | |
eine liberale Welt, weil sie freie Entfaltung auch materiell ermöglicht. Es | |
ist eine autonome Welt, weil sie alle, die in Ruhe gelassen werden wollen, | |
in Ruhe lässt. Es ist eine Welt, in der es sich lohnt, etwas zu tun, weil | |
es belohnt wird – mit Zaster. Es ist eine Welt, in der es sich jedenfalls | |
nicht lohnt, Dinge zu vererben, die mehr wert sind als 20 Millionen Euro. | |
Es ist eine Welt, in der es sich nicht lohnt, nutzlos herumzuspekulieren, | |
wenn man sowieso schon Werte in Höhe von 20 Millionen Euro besitzt. | |
Ich nenne das eine Vermögensobergrenze, aber ihr könnt dazu auch | |
Geld-weg-Grenze oder Bonzenbrecher sagen oder es, liebevoll, eine | |
Goldgarantie nennen, denn das ist es schließlich auch. | |
Aber Moment mal, ist das nicht Kommunismus? | |
Ja. | |
Aber, boah ey, ist das nicht viel eher Kapitalismus? | |
Ja, auch das. | |
Ja, was ist es denn nun? | |
Es ist ein guter Mittelweg. Es ist die Bestenauslese zweier radikaler | |
Entwürfe; und zwar für eine Welt, in der die Reichen ganz von alleine zu | |
teilen beginnen. Besonders nett an diesem freundlichen, ja milden | |
Kommunismusvorschlag ist, dass sich nicht viel ändern muss. Auch nett: dass | |
der Staat sich zunächst einmal für nichts entscheiden muss. | |
## Erst ganz oben sitzt der Staat | |
Denn es ist doch so: Jede und jeder, der will, darf alles, was zu viel da | |
ist, vorher freiwillig abgeben – darf umverteilen. Erst – weil in dieser | |
Welt sind es ja meist immer noch die Männer, die zu reich sind – zum | |
Beispiel an die Gattin und dann an die Tochter und dann an den Sohn und | |
dann an die Geliebte oder den Geliebten und erst dann, wenn noch immer | |
nicht genug umverteilt ist; dann wird kollektiv umverteilt und aus den zu | |
großen Kapitalbetrieben werden große Genossenschaften, die vielen gehören, | |
aber niemandem mehr, der zu reich ist, und dann entsteht dort – merkt ihr | |
es auch schon? – eine Welt, in der wir alle gut und gerne leben. | |
Erst ganz am Ende, da oben, an der 20-Millionen-Euro-Grenze, da sitzt der | |
böse Staat und sackt jeden Cent einzeln ein, den jemand über diese Summe | |
hinaus noch besitzt, um ihn dann umzuverteilen. Und das ist auch gut so. | |
Eine Villa, eine dicke Karre und eine Luxusyacht, und das ist ja das | |
Hübsche, ist weiterhin drin – und wenn man es teilt, dann sogar alles in | |
groß. Nun ist noch die Frage: Kann da jemand was dagegen haben? Eigentlich | |
nein, außer die Egoisten – und das Bundesverfassungsgericht, das in | |
Vermögensfragen manchmal kleinlich ist. Deshalb sollte man die ganze Sache | |
ordentlich regeln und sie einfach aufschreiben, im Grundgesetz, und schöne | |
Anwendungsvorschriften erlassen für die Finanzämter. Und dann kann es | |
losgehen. | |
23 Jan 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/vermoegen-45-superreiche-besitzen… | |
[2] https://www.cdu.de/artikel/fuer-ein-deutschland-dem-wir-gut-und-gerne-leben | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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