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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Tschechien: Kübelweise Dreck
> Staatschef Milos Zeman will bei der Stichwahl am Freitag und Samstag sein
> Amt verteidigen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht.
Bild: Milos Zeman
Prag taz | Viel wird sich Angela Merkel wahrscheinlich nicht gedacht haben,
als sie während eines Wissenschafts-Symposiums im November 2013 in Berlin
zusammen mit Jiří Drahoš für einen Schnappschuss posierte.
Der Chemieprofessor Drahoš, der an diesem Freitag und Samstag in einer
Stichwahl um die tschechische Präsidentschaft antritt, war damals
Vorsitzender der tschechischen Akademie der Wissenschaften, an der Merkel
1985 ein halbes Jahr zu Gast war. Man plauderte kurz über Prag, Merkel
sagte vielleicht sogar „rschisek“, weil sie sich an das tschechische Wort
für Schnitzel noch erinnert. Das war’s, kurzes Foto, Knips. Danke.
Vier Jahre und zwei Monate später taucht dieses Foto zweier Chemiker
plötzlich in einer politischen Schmutzkampagne in Tschechien auf. Von einer
obskuren Facebook-Seite namens „Ich wähle keine Gutmenschen“, breitete es
sich schnell in den sozialen Netzwerken aus. Es sollte belegen, was seit
Beginn der heißen Phase der Präsidentschaftswahlen über Drahoš gestreut
wird: Der Herausforderer des amtierenden Staatschefs Miloš Zeman sei ein
Willkommensklatscher, der schon längst mit Merkel unter einer Decke steckt.
Das Gerücht hält sich hartnäckig und wird in Fake-Bildern oder Zitaten
immer wieder aufgewärmt. Dabei kann Drahoš gar nicht oft genug wiederholen,
dass er gegen eine Quotenregelung ist und Wirtschaftsmigranten „sofort
zurückschicken“ würde.
## Retter des Abendlandes
Gegen den „Verräter“ Drahoš zieht Miloš Zeman ins Feld. In einer Art Hym…
die ein obskures ehemaliges Nacktmodel, das zu singen begonnen hat, für das
Zeman-Lager komponiert hat, feiert sie den vergreisten Präsidenten, der
sich nicht mehr ohne Hilfe bewegen kann, als „Waffenträger“, der das
Abendland rettet. Und zwar vor Flüchtlingen und den faulen Pragern, die den
ganzen Tag nur im „Kaffeehaus“ sitzen.
Wie Zemans Fans live aussehen, davon konnte sich die Nation am
Dienstagabend zur besten Fernsehzeit überzeugen. Der private Fernsehkanal
TV Prima hatte die erste von zwei Diskussionen zwischen den Kandidaten wie
eine Mischung aus Gladiatorenstreit und Samstagabend-Show gestaltet.
Die Zuschauer im Prager Musicaltheater im Stadtteil Karlín waren strikt in
ein Pro-Zeman- und ein Pro-Drahoš-Lager aufgeteilt. So für jeden
ersichtlich, von welcher Seite die Pöbeleien, Zwischenrufe und Pfiffe
kamen, die jede ernsthafte politische Diskussion zunichte machten.
Dabei hatte Zeman das gar nicht nötig. Auch wenn er nicht wie Drahoš von
seinem Sessel aufspringen konnte, um das Publikum zu begrüßen, auch wenn
sein Gesicht trotz Massen von Make-up krank und eingefallen wirkte und
seine Augen oft ins Leere schweifen, war er immer noch sein altes Selbst.
In arrogantem Ton schaffte er es immer wieder, den Professor wie einen
Schuljungen dastehen zu lassen.
## Längst entschieden
Die Schmutzkampagne gegen Drahoš ist genauso überflüssig. Wenn jemand in
den vergangenen zwei Wochen seit der ersten Runde einen Narren aus Drahoš
gemacht hat, dann er selbst. Er biedert sich an, wenn er in der Stahlstadt
Třinec zum Eishockey geht und gibt seinen Gegnern Futter, wenn er dort
ausgepfiffen wird.
Er macht sich lächerlich, wenn er sich auf einem YouTube-Video
derwischgleich x-mal um die eigene Achse dreht. Und es ist auch peinlich,
wenn sich Frau Drahošová vor Journalisten rühmt, dass man im
öffentlich-rechtlichen Fernsehen ja für ihren Mann sei.
Die meisten Wähler haben sich längst entschieden. Laut Umfragen dürfte es
ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben. Das Ergebnis wird für den frühen
Samstagabend erwartet.
26 Jan 2018
## AUTOREN
Alexandra Mostyn
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