# taz.de -- Sharing Economy vom Kaffeeröster: Tchibo will Strampler vermieten | |
> Die Handelskette steigt in das Geschäft mit der Mietwäsche ein. Statt | |
> Tchibo-Kleidung zu kaufen, kann man sie künftig auch mieten. | |
Bild: Textilien länger nutzen: Künftig sollen Strampler gemietet werden könn… | |
BERLIN taz | Eigentlich ist das Hamburger Unternehmen für Kaffee, | |
Sweatshirts oder unnützen Nippes im Haushalt bekannt: Künftig bietet Tchibo | |
Baby- und Kinderkleidung nicht nur zum Kaufen, sondern auch zum Mieten an. | |
Über die Webseite tchibo-share.de können Kunden ab dem 23. Januar Baby- und | |
Kinderkleidung von Tchibo auswählen, sich zusenden lassen – und | |
zurücksenden, wenn sie sie nicht mehr benötigen. | |
Damit steigt Tchibo in das Geschäft einer Firma ein, die das Mietgeschäft | |
für Klamotten bereits seit 2014 unter ihrem Dach anbietet: das Portal | |
kilenda.de, das vom Magdeburger Start-up Relenda betrieben wird. Derzeit | |
lässt sich dort beispielsweise eine Winterjacke der Marke Finkid für 27,99 | |
Euro pro Monat mieten oder ein Spielset von Lego Duplo („Mein erster | |
Papagei“) für 1 Euro im Monat. | |
„Wir haben die absolute Expertise auf diesem Gebiet“, sagt Relenda-Chef | |
Patrick Trübe. Deshalb hat das Start-up die Hamburger Handelskette Tchibo | |
beim Aufbau der Internet-Plattform beraten und verantwortet jetzt auch den | |
gesamten Logistikprozess. Tchibo könne dagegen eine Reichweite liefern, die | |
man mit Kilenda nicht bekommen würde. Sowohl Trübe als auch Tchibo | |
bezeichnen den Mietservice allerdings bislang nur als Experiment. | |
Die Idee hinter dem Portal ist einfach: Statt dauernd neue Klamotten für | |
Kinder zu kaufen, kann die Kleidung einfach gemietet werden. Abgerechnet | |
wird monatlich. Ein Strampler von Tchibo in den Größen 74 bis 92 kostet | |
etwa 1 Euro pro Monat, eine Regenjacke in den Größen 110 bis 152 rund 4 | |
Euro. Nach ein bis drei Tagen sollte die Bestellung ankommen, und das ab 15 | |
Euro Versandwert kostenfrei. Vorher werden 1,99 Euro pro Versand fällig. | |
## Das Angebot führt zur längeren Nutzung | |
Bis auf die Regenjacke sind alle Textilien mit mindestens 50 Prozent aus | |
Biobaumwolle hergestellt. „Je länger und häufiger ein Produkt genutzt wird, | |
umso besser ist das für die Umwelt“, begründet Nanda Bergstein, | |
Tchibo-Direktorin für Unternehmensverantwortung, die Kooperation. | |
„Eine gute Strategie“, findet auch Berndt Hinzmann von der Organisation | |
Inkota, die Mitglied der Kampagne für saubere Kleidung ist. Das | |
Tchibo-Angebot führe zur längeren Nutzung von Textilien – ein Gegentrend | |
zum üblichen Fast-Fashion-Modell der Textilindustrie, an der Tchibo mit | |
seinen billigen Kleidungsstücken nicht ganz unbeteiligt ist. | |
In immer kürzeren Abständen werden alte Kleidungsstücke entsorgt und neue | |
produziert und. So hat sich laut einer Studie des Unternehmens McKinsey die | |
weltweite Textilproduktion seit 2010 verdoppelt. 2014 wurden erstmals mehr | |
als 100 Milliarden Kleidungsstücke neu produziert. Sinnbildlich dafür | |
stehen Modekonzerne wie H&M und Zara, die bis zu 24 Kollektionen jährlich | |
anbieten. | |
Hinzmann findet daher wichtig, die ganze Lieferkette zu sehen. Tchibo müsse | |
neben der Bio-Kennzeichnung auch die Sicherstellung von Sozialstandards und | |
Arbeitsrechten auf vorgelagerten Produktionsstufen gewährleisten. Hier muss | |
Tchibo passen: Nicht alle Produkte sind GOTS(Global Organic Textile | |
Standard)-zertifiziert. | |
15 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Alexander Wenzel | |
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