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# taz.de -- Rechtsextreme wollen Vormünder werden: Minderjährige Flüchtlinge…
> Die Identitäre Bewegung ruft auch in Hamburg dazu auf, Vormundschaften
> für minderjährige Flüchtlinge zu übernehmen. Ihr Ziel ist es,
> Abschiebungen zu befördern.
Bild: Gerät hoffentlich nicht an die Identitäre Bewegung: unbegleiteter minde…
HAMBURG taz | Die Ankündigung ist eine Kampfansage. In Hamburg ruft die
Identitäre Bewegung (IB) dazu auf, Vormundschaften für minderjährige
unbegleitete Flüchtlingen zu übernehmen. Weder „das Wohl der geflüchteten
Menschen, noch das Wohl der Gesellschaft“ solle weiterhin „alleine der
„Sozialindustrie“ und „Asyllobby“ überlassen werden, heißt es auf der
Facebook-Seite der rechtsextremen Gruppierung. Denjenigen, die bislang
solche Vormundschaften übernommen haben, gehe es darum, „die Probleme der
Massenimmigration weiter zu vertiefen, um so neue Pfründe und politischen
Einfluss zu gewinnen“, heißt es weiter in dem Text.
Seit Samstag ist der Aufruf bei der Hamburger IB um Stefan Lüdtke online.
Ein Link führt zur bundesweiten Seite des rechtsextremen Netzwerkes. Hier
wird auf die Ermordung einer 15-Jährigen in Rheinland-Pfalz durch einen
Afghanen verwiesen, der als minderjähriger Flüchtling eingereist war;
gefolgt von dem Aufruf: „Jetzt Flüchtlingsvormund werden!“. Nicht ohne die
Debatte um das Alter von Flüchtlingen weiter anzuheizen: Der Grund für das
grundsätzlich unterstellte „Herunterlügen des eigenen Alters“ sei schnell
gefunden, schreibt die IB. Die Kinder und Jugendlichen würden besondere
Privilegien genießen und sie würden „praktisch nie“ abgeschoben.
Der Aufruf der Hamburger ist in die bundesweite IB-Kampagne „Kein Opfer
ist vergessen“ eingebettet. Im vergangen Jahr startete sie mit der
Begründung, dass „die Opfer von Multikulti, Masseneinwanderung und
Islamisierung“ zu „Opfern zweiter Klasse degradiert“ würden.
An der Elbe hat die IB in der vergangenen Woche eine Tafel an einem
Supermarkt in Barmbeck aufgestellt. Hier hatte am 28. Juli vergangenen
Jahres ein abgelehnter palästinensischer Asylbewerber einen Kunden
erstochen und sechs weitere Personen verletzt. Eine Antifa-Initiative
entfernte die Tafel und stellte stattdessen eine auf, in der all den
Menschen mit ihren „unterschiedlichen Nationalitäten“ gedankt wird, die
sich damals dem Täter entgegenstellten.
Aus verständlichen Gründen, so heißt es bei der IB, hätten bisher „viele
Patrioten“ es gescheut „sich selbst in der Flüchtlingspolitik zu
engagieren“. Glaubt man den Ausführungen der Hamburger IB, die rund 30
Anhänger haben soll, hat sich die Gruppe bereits von Fachleuten zum Thema
Vormundschaft beraten lassen und will eigene Schulungen anbieten.
## Falsche Angaben
Die Angaben der Rechtsextremen zur Vergütung der Vormundschaften stimmen
allerdings nicht. „Die Zahlen gehen durcheinander“, sagt Sevil Dietzel,
Projektleiterin für Vormundschaften beim Hamburger Landesverband des
Deutschen Kinderschutzbundes. Die entscheidenden Stellen bei den
Familiengerichten seien schon über die Kampagne der IB informiert wurden.
„Wir nehmen das ernst“, sagte sie der taz.
Der von der IB erweckte Eindruck, man könne schnell Vormund- oder
Patenschaften übernehmen, stimme nicht. Zusätzlich zu den Schulungen fänden
Gespräche mit den Interessierten statt: „Intensive Gespräche, in denen wir
mit den Ehrenamtlichen auch über Erfahrungen mit anderen Kulturen und
eigenem Fremdsein sprechen“, sagt Dietzel. Sie fürchtet, dass Vormünder aus
den Kreisen der IB das gerade bei minderjährigen Flüchtlingen gebotene
Vertrauen bei der Betreuung missbrauchen könnten.
## Rettungsmissionen behindert
Im Aufruf der IB heißt es, dass ihre „Aktivisten“ den Behörden
Verdachtsmomente von Missbräuchen meldeten. Man wolle bei den Flüchtlingen
„falsche Erwartungen an ihr Gastland“ korrigieren und „über eine
Zusammenführung mit ihrer Familie in ihrer Heimat“ sprechen.
Bereits 2017 ging die IB mit ihrer Kampagne „Defend Europe“ gezielt gegen
Flüchtlinge und Initiativen vor. Im Mittelmeer hatte sie das Schiff „C
Star“ gechartert, um Rettungsmissionen von Nichtregierungsorganisationen zu
behindern. In Bremen enterten sie als PR für diese Aktion das Segelschiff
„Alexander von Humboldt“.
In Hamburg könnte es die Identitäre Bewegung mit der Umsetzung ihrer Pläne
schwer haben: „Bei uns melden sich so viele engagierte Menschen, die weit
weg von rechten Gedankengut sind“, sagt Sevil Dietzel vom Kinderschutzbund.
Und wegen des Rückgangs der Flüchtlingszahl würden derzeit ohnehin nur
wenige Vormünder benötigt.
16 Jan 2018
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Identitäre Bewegung
Minderjährige Geflüchtete
Schwerpunkt Flucht
Identitäre Bewegung
Schlepper
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Flüchtlinge
Identitäre Bewegung
Jamaika-Koalition
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