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# taz.de -- Kolumne Geht’s noch?: Mer losse dr Dom in Kölle
> In Immerath ist in dieser Woche ein Backsteingebäude abgerissen worden.
> Greenpeace protestierte dagegen. Doch die Aufregung ist bigott.
Bild: Geht's noch?!
Die „Kohle-Taliban“ waren wieder am Werk. Die ruchlosen Kulturzerstörer von
RWE haben es doch tatsächlich gewagt, [1][eine Kirche niederlegen zu
lassen]. Einst ward sie dem heiligen Lambertus zugeeignet, geboren um 635
in Maastricht, der half, den christlichen Glauben im Rheinlande zu
verbreiten, der aber von ruchloser Mörderhand Anno Domini 705 in Lüttich
erschlagen wurde.
Erschlagen ist nun auch sein wunderbares Haus, der Immerather Dom, den
fleißige Hände vor mehr als einhundert Jahren aus Feldbrandsteinen
errichtet haben, um Gott zu gefallen, mit zwei 40 Meter hohen Türmen weit
ins christkatholische Land grüßend. [2][Der selbstlose Einsatz] mutiger
Greenpeace-Freunde an langen Seilen konnte das zerstörerische Werk der von
RWE angeheuerten Kulturbanausen zwar aufhalten, nicht aber verhindern.
Jetzt ist das Gotteshaus ein Schuttberg auf dem Altar der schmutzigen
Kohlefresser, die sich ob ihrer horrenden Profite, diabolisch grinsend, die
Hände über CO2 fressenden Lagerfeuern reiben.
Nun mal halblang, bitte. Bei dem zum Dom apostrophierten Gebäude handelt es
sich um ein Backsteinbauwerk im einfallslosen neoromanischen Stil der
Kaiserzeit, wie es Hunderte ähnliche im Rheinland und darüber hinaus gibt.
Ja, auch das stellt Kultur dar, aber keine besonders wegweisende. Als
Gotteshaus war das Haus schon seit dem Jahr 2013 entwidmet, und in
Neu-Immerath entsteht dafür eine neue, hoffentlich architektonisch
ansprechendere Kirche.
Der Protest gegen den vorgeblichen Kulturfrevel war zwar von Greenpeace wie
immer generalstabsmäßig organisiert, allein die früheren Anwohner, denen
die Zerstörung ihrer Kirche wohl tatsächlich ans Herz gegangen ist,
spielten dabei keine besondere Rolle. „Wer Kultur zerstört, zerstört auch
Menschen“, hatten die gottesfürchtigen Greenpeacer auf ihr großes Banner
geschrieben – eine peinliche Anlehnung an Heinrich Heines furchtbar
prophetisches „Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch
Menschen“. Hier sei klargestellt: RWE ist zwar ökologisch betrachtet ein
Scheißladen, aber, nein, das Unternehmen will niemanden umbringen, und
schon gar nicht handelt es sich bei dessen Managern um Neonazis, auch wenn
diese mit Vorliebe Braun(!)kohle verfeuern.
Merke: Es gibt viele gute Gründe zum Protest gegen den Braunkohletagebau am
Niederrhein. Der Abriss einer ehemaligen Kirche im Geisterdorf Immerath
zählt aber nicht dazu.
12 Jan 2018
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## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
## TAGS
Tagebau
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RWE
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Braunkohletagebau
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