# taz.de -- Online-Musikradio ByteFM: Die Freiheit am Mikrofon | |
> ByteFM wird 10 Jahre alt. Mit seinem anspruchsvollen Musikjournalismus | |
> setzt der Hamburger Sender Standards für die Öffentlich-Rechtlichen. | |
Bild: Hier wird gesendet: das ByteFM-Studio im Bunker am Hamburger Heiligengeis… | |
Um gleich mit einer Offenlegung ins Haus zu fallen: Die taz ist mit dem | |
Internet-Sender ByteFM verbandelt. Einmal wöchentlich läuft bei dem | |
Online-Musikradio aus Hamburg das taz.mixtape, ein Überblick über die | |
aktuelle Musikberichterstattung dieser Zeitung. Jetzt feiert der Sender, | |
der das popmusikalische Spektrum in einer für die deutsche Radiowelt | |
ungewöhnlichen Tiefe und Breite abbildet, sein zehnjähriges Jubiläum. | |
Hier haben Sendungen, die anderswo bestenfalls am späteren Abend oder in | |
der Nacht möglich sind – bei Deutschlandfunk Kultur etwa ab 1 Uhr nachts in | |
der „Tonart Lounge“ –, Platz im Tagesprogramm. | |
Für jüngere Radiomacher sei ByteFM der ideale Ort, um sich auszuprobieren, | |
sagt Martin Böttcher, Moderator der Sendung „Electro Royale“ und | |
ByteFM-Mitarbeiter seit Gründung. Als Böttcher, der zudem unter anderem für | |
Deutschlandfunk Kultur arbeitet, bei ByteFM anfing, hatte er bereits eine | |
berufliche Laufbahn beim Hörfunk hinter sich – und doch hat er von der | |
Arbeit für ByteFM persönlich profitiert. Böttcher sagt, er habe sich dort | |
eine „Freiheit und Lockerheit am Mikrofon erarbeitet“. | |
Es gebe bei ByteFM „niemanden, der einem sagt, wie die Stimme zu klingen | |
hat oder wie hoch der Textanteil sein darf“, so Böttcher. ByteFM-Autor | |
Klaus Walter, für mehrere öffentlich-rechtliche Programme tätig, sagt, beim | |
Hamburger Onlineradio sei es „möglich, auch mal zwei, drei Sendungen in | |
Folge zu einer einzigen Platte zu machen“. | |
ByteFM hat zumindest einen Teil dazu beigetragen, dass sich der | |
Musikjournalismus im öffentlich-rechtlichen Hörfunk zum Positiven verändert | |
hat. „Wenn vor zehn Jahren das Feuilleton über eine neue Platte von Björk | |
oder Neil Young berichtet hat, hat das in den Magazinsendungen der | |
Öffentlich-Rechtlichen keinen vergleichbaren Niederschlag gefunden“, sagt | |
Walter. „Diese Kluft zwischen Print und Radio ist inzwischen wesentlich | |
kleiner geworden.“ | |
## Finanziert durch einen Förderverein | |
Die öffentlich-rechtlichen Radios geben musikjournalistisch derzeit | |
allerdings kein einheitliches Bild ab. Einerseits bietet die wöchentliche | |
Sendung „Soundcheck – das musikalische Quartett“ auf Radio Eins (RBB) | |
reflektierte Debatten. Andererseits wurden zuletzt diverse Formate mit | |
Autorenhandschrift eingestellt, etwa Ende 2013 „Nightflight“ beim | |
damaligen DRadio Wissen (heute Deutschlandfunk Nova), und 2016 die | |
„Nachtsession“ beim BR. | |
ByteFM-Gründer Ruben Jonas Schnell schätzt, dass 30 seiner Mitarbeiter | |
entweder fest oder punktuell für öffentlich-rechtliche Häuser arbeiten. Für | |
einige war ByteFM die erste Station beim Radio überhaupt. „Natürlich ist es | |
eine Bestätigung für unsere Arbeit, wenn mich ein Redakteur der | |
Öffentlich-Rechtlichen fragt: Kannst du nicht mal ein paar neue Byties | |
empfehlen?“, sagt Schnell. Es sei aber frustrierend, dass diese | |
Ausbildungsleistungen nicht öffentlich gefördert werden. | |
ByteFM finanziert sich durch einen Förderverein, 5.000 Mitglieder zahlen im | |
Jahr 50 Euro. Abzüglich Steuern und Gema-Gebühren bleibe ein Jahresetat von | |
200.000 Euro, sagt Schnell. Ein ambitioniertes Konzept mit täglich 15 | |
Stunden neuem Programm lässt sich damit nicht hinreichend finanzieren. Zwar | |
kann ByteFM die redaktionellen Mitarbeiter und die Moderatoren redaktionell | |
gestalteter Magazine bezahlen, die große Mehrheit der Macher bekommt aber | |
seit jeher kein Honorar. | |
Künftig will Schnell zwecks Fördermittelakquise „verstärkt auf Behörden | |
zugehen“, auch Stiftungen hat er im Blick. Munitionieren sollte er sich | |
dafür vielleicht mit den Worten Nathalie Wapplers, MDR-Programmdirektorin | |
und bis Ende 2017 Vorsitzende der ARD-Hörfunkkommission. „Menschen, die | |
sich intensiv mit Musik beschäftigen, sind generell in stärkerem Maße zur | |
Differenzierung fähig“, sagt sie. | |
Eine diskursive Auseinandersetzung mit Musik sei daher Teil des | |
öffentlich-rechtlichen Auftrags. Die Sender leisteten hier „eine Art | |
Wahrnehmungsschulung“. Das tut ByteFM zweifellos auch. | |
13 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
René Martens | |
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