Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Henningway: Das Geheimnis der Isländer
> „We believe we can do everything!“ Die Isländer sind ein kleines Volk,
> spielen aber international im Sport mit. Wie schaffen sie das?
Bild: Im Sommer werden die isländischen Fußballer wieder mit dabei sein. Die …
Was ist die Steigerung von kahlen Bäumen? Keine Bäume. Island hat fast
keine Bäume, aber umso mehr Vulkane, Geysire und Wasserfälle. Und knapp
340.000 Einwohner. Das ist ungefähr das Quantum Mensch von Wuppertal oder
Bielefeld. Und dieses Island mit seinen wenigen Bürgerinnen und Bürgern
qualifizierte sich für die vergangenen Europameisterschaften der Männer im
Handball, im Fußball, im Basketball.
Wie machen die Isländer das? Was ist das Geheimnis für diesen sportlichen
Erfolg? Mit diesen Fragen hatte mich Manfred, einer unserer hauptamtlichen
Jugendtrainer bei Alba Berlin, überrascht. Manfred ist ein Traum von einem
Jugendtrainer, weil er klug, lustig und auf eine angenehme Art ehrgeizig
ist; und weil er öfter solche Fragen stellt. Manfred war im Rahmen der
Ausbildung für Jugendtrainer der Basketballbundesliga zuvor schon beim FC
Barcelona und dem THW Kiel, um zu hospitieren. Jetzt stellt er also die
Islandfrage und meinte, da müsse er hin. Ich sage, Manfred, da muss ich
mit.
Auf Island simulierten die US-Amerikaner in den 60er Jahren bereits die
Landung auf dem Mond. Daran muss ich denken, als wir in der Gegend rund um
Reykjavík ein paar Tage unterwegs sind, um den Präsidenten und den
Sportdirektor des Basketballverbands sowie einige Trainer und Manager aus
Handball und Fußball zu treffen. Beim allabendlichen Bier analysieren wir
unsere Eindrücke. „We believe we can do everything!“, sagt uns etwa der
Präsident des Basketballverbands, Hannes Jónsson, ein echter Wikinger. War
das die Erklärung?
## Körfutbolti
Das hörte sich doch ziemlich trumpig an. Zumindest wussten wir schnell,
dass Basketball auf Isländisch Körfubolti heißt und die Isländer
selbstbewusste und feine Menschen sind. Als wir uns dann auf dem Weg zurück
zum Flughafen in Keflavík einen Stopp in der Blauen Lagune gönnen,
summieren wir beim Naturplanschen in den heißen Quellen alles Erlebte und
kommen zu objektiveren Ergebnissen: Die Isländer haben enorm in die
Infrastruktur investiert und zum Beispiel Fußballhallen gebaut. Und ja, das
hat sie, was die Wetterunabhängigkeit angeht, auf einen Stand mit, sagen
wir mal, San Marino gebracht.
Doch in diese Fußballhallen sind auch Trainingszentren für andere
Sportarten integriert, und gleichzeitig sind sie wichtige soziale Orte. Es
gibt Cafés und die Menschen verweilen dort.
Doch das allein kann es nicht sein, was die Isländer so erfolgreich macht.
Sie haben auch eine Menge bestens ausgebildeter Trainer. Im Fußball allein
sind es über 600 hochqualifizierte; und viele dieser Trainer üben ihre
Tätigkeit dauerhaft als Zweitberuf aus, verdienen damit zusätzliches Geld
und geben ihr stetig wachsendes Sportwissen an die Kinder weiter. Als
Spieler wiederum ist es selbstverständlich, dass man Multi-Spieler ist und
bis weit in die Jugend hinein mehrere Spielsportarten gleichzeitig
betreibt.
## Bock auf Sport
Der etwas banalere Hauptgrund für Islands Erfolg ist jedoch ein anderer:
Alle in diesem Land haben Bock auf Sport! Alle lieben Sport, alle machen
Sport, alle gucken Sport! Alle sind wie Manfred. Okay, fast alle. Was
können wir also von Island lernen? Dass durchdachter, gelebter und
geliebter Sport zum Erfolg führt.
Wir können Island nicht kopieren, aber die Kinder, die Manfred bei uns
unter seine Fittiche genommen hat, sind vom Spiel durchdrungen und lieben
es. Man gucke sich ein Spiel von seiner U12 an – wie die spielen, wie die
begeistert sind!
Und nun sagt mir ebendieser Manfred, dass er Ende Januar aufhören wird.
Sein alter Beruf lockt, mehr Zeit für die Familie, die ewig fehlenden
Wochenenden. Er sagt das in einem Tonfall, in dem man normalerweise
Niederlagen erklärt. Aber Manfred, denke ich, warum waren wir denn auf
Island?
11 Jan 2018
## AUTOREN
Henning Harnisch
## TAGS
Henning Harnisch
Basketball
Island
Alba Berlin
Frauen-WM 2019
Henning Harnisch
Basketball
Henning Harnisch
Alba Berlin
Basketball
Theater
## ARTIKEL ZUM THEMA
WM-Außenseiter Island: Huh?
Wie es geschehen konnte, dass das kleine Island cool der Fußballweltmacht
Argentinien ein 1:1 abtrotzt und Lionel Messi zweifeln lässt.
Kolumne Henningway: Palermo statt Pisa
Seit Jahren nehmen deutsche Schüler*innen international am
Schulleistungswettbewerb teil. Sport, Musik und Kunst sind aber auch
wichtig.
Kolumne American Pie: Beten für den Basketballsieg
Der deutsche Basketballer Moritz Wagner könnte mit den Michigan Wolverines
College-Meister werden. Eine 98-jährige Nonne will das verhindern.
Kolumne Henningway: Die Stadt als Sportpark
Kniebeugen in der Öffentlichkeit sind peinlich. Der Architekt Jan Giehl
gestaltet Städte für Fußgänger, Radfahrer und Sporttreibende um.
Jugendarbeit von Alba Berlin: Ganz große Grundschüler gesucht
Alba Berlin will mit moderner Jugendarbeit eine Basketball-Community
aufbauen. Der Verein hat allerdings mit der Dominanz des Fußballs zu
kämpfen.
Henning Harnisch über Basketball: The Times They Are A-Changin’
Der Ex-Profi und Vizepräsident von Alba Berlin, Hennig Harnisch, über den
Werdegang des deutschen Basketballs, kurze Hosen und das Dream Team.
Pilotprojekt: Sportliche Mimik
Das Junge Deutsche Theater und die Basketballer von Alba Berlin
veranstalten ihr erstes „Kunst- und Sportcamp“ für Jugendliche.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.