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# taz.de -- Jugendarbeit von Alba Berlin: Ganz große Grundschüler gesucht
> Alba Berlin will mit moderner Jugendarbeit eine Basketball-Community
> aufbauen. Der Verein hat allerdings mit der Dominanz des Fußballs zu
> kämpfen.
Bild: 3.500 Kinder und Jugendliche machen bei Alba mit
Alba-Vizepräsident Henning Harnisch blickt mit Stolz auf die Jugendarbeit
seines Vereins. „Ich kenne keinen Club in Deutschland, der beides will,
eine breite Basis und eine starke Spitze“, unterstreicht Harnisch, der beim
Basketball-Bundesligisten für die Jugendarbeit zuständig ist. Denn Alba
will nicht nur die besten Talente fördern, sondern gleichzeitig eine große
Basketball-Community schaffen, mit Mädchen und Jungen, die dem Sport
dauerhaft verbunden bleiben.
Der neue Sportdirektor Himar Ojeda wünscht sich eine starke Lobby in der
Stadt. Wie das gelingen soll? Mit modernen Ansätzen in der Jugendarbeit, so
zum Beispiel der Aktion „Größe zeigen“, die seit drei Jahren existiert.
Dabei werden Berlins größte Grundschüler gesucht.
Der Sieger im ersten Jahr kam aus Lichtenrade: Hendrik ist 13 Jahre alt und
schon zwei Meter groß. „Für viele Kinder ist es ein Problem, in dem Alter
so schnell zu wachsen“, sagt Harnisch. Im Basketball aber können sie ihre
Größe positiv einsetzen. Hendrik spielt zwar noch in seinem Verein in
Lichtenrade, ist aber regelmäßig auch bei internationalen Turnieren für
Alba aktiv.
Regelmäßig veranstaltet Alba mit einem Sponsoren zudem die Basketball
Acadamy. An verschiedenen Orten können Kinder und Jugendliche in den Sport
reinschnuppern und ihr Können testen.
„Die Idee kommt vom Judo“, erklärt Harnisch. Analog zum Gürtelsystem
bekommt jedes Kind eine bestimmte T-Shirt-Farbe. Dann kann man sich Level
für Level nach oben arbeiten. Nach den Veranstaltungen bietet Alba zudem
eine Jugendküche an. Unter professioneller Anleitung kochen hier Kinder für
Kinder. Das schärft das Gemeinschaftsgefühl und übt den Umgang mit
bewusster und gesunder Ernährung.
Die Bemühungen des Basketball-Bundesligisten in der Jugendarbeit tragen
Früchte: Zehn Jahre ist es nun her, dass Alba Berlin seine erste
Kooperation mit der Kreuzberger Reinhardswald-Schule begann. In dieser Zeit
konnte Alba 145 Partnerschulen in Berlin und Brandenburg gewinnen.
## „Wichtiger Sozialakteur“
Die Jugendarbeit lässt sich der Basketball-Bundesligist einiges kosten. In
der aktuellen Saison beträgt das Jahresbudget 1,7 Millionen Euro. Die
Grundidee stammt von Henning Harnisch und Nicholas Behne – Albas erstem
Jugendtrainer. Danach wuchs das Projekt sukzessive weiter. Mittlerweile
sind rund 3.500 Kinder in dem Programm aktiv. Angefangen hatte man mit 43.
„Wir sind ein wichtiger Sozialakteur der Hauptstadtregion geworden“, sagt
Manager Marco Baldi.
In der Spitze zeigen sich erste Erfolge. Mit Moritz Wagner, der im Sommer
an ein US-College wechselte, und Robert Glöckner, der kürzlich seinen
ersten Profivertrag bei Alba unterschrieb, schafften die ersten zwei
Jugendspieler, die die gesamte Jugendlaufbahn im Alba-Programm durchlebt
hatten, den Sprung in die erste Mannschaft. Insgesamt sind 19 Spieler aus
der Alba-Jugend in der Bundesliga aktiv. Solche Entwicklungen findet
Henning Harnisch bitter nötig, denn er sieht den Sport in einer großen
Krise. „Mit Ausnahme des Leistungssports gibt es in Deutschland kein
Sportprogramm. Es gibt keine Sportidee von unten“, beklagt er.
Und auch Alba spüre, dass es der Vereinssport immer schwerer habe. Die
Kinder kämen mit schlechterem sportlichem Vorwissen an Schulen, man wolle
deshalb schon im Kindergarten mit der Förderung beginnen. „Wir wollen von
Beginn mit den Kids aufwachsen“, so Harnisch.
## Sport als Integrationskraft
Alba organisiert an den Partnerschulen beispielsweise Basketball-AGs und
Schulvereinsmannschaften. Auch Flüchtlingskinder sollen sich für diese
Sportart begeistern. „Uns war es wichtig, dass wir dort unseren Beitrag
leisten“, sagt Harnisch. In Willkommensklassen will man zunächst für den
Sport werben, um sie so an Albas Basketballangebot heranzuführen. An acht
Schulen gibt es das Angebot schon, sukzessive soll es ausgebaut werden.
„Auch, wenn der Sport als alleinige Integrationskraft überfordert ist, kann
er doch zumindest dazu beitragen.“
Die wichtigsten Träger von Albas Jugendprogramm aber seien die Trainer.
Damit die sich ihrer Aufgabe voll widmen können, sind von den rund 100
Jugendtrainern fast die Hälfte hauptberuflich aktiv. Eine bewusste
Entscheidung, so Harnisch: „Auf das Ehrenamt kann man keine Sportidee
bauen.“
Vor allem in Problembezirken spielen die Trainer eine wichtige Rolle, denn
dort ist der Trainer ein Stück weit auch Streetworker. „Wir leben von der
Qualität unserer Trainer.“ Die Streetworker-Trainer sollen helfen,
Basketball zu einem Faktor bei der Integration zu machen. „Ziel ist es,
dass da nicht nur ein Moritz oder Robert rauskommen, sondern auch ein Ismet
oder Mithat“, sagt Harnisch in Anspielung auf Alba-Spieler Ismet Akpinar
und Exspieler Mithat Demirel.
## Reichlich Konkurrenz
Allerdings hat Alba im Bereich der Jugendarbeit reichlich Konkurrenz, vor
allem durch den Platzhirsch Fußball. Dort landen die meisten Jugendlichen,
sagt Harnisch. „Das ist ein wahrer Kulturkampf.“ Welchem Sport sich ein
Jugendlicher schließlich widmet, entscheidet sich in Berlin häufig durch
den Stadtteil, in dem die Kinder aufwachsen. „Wer aus dem Wedding kommt,
landet meist beim Fußball. Wer aus Zehlendorf kommt, hat die ganze Auswahl
aller Sportarten“, so der Alba-Vizepräsident.
Immerhin hat Alba auch seine Hochburgen, etwa im Problemstadtteil
Gropiusstadt. „Die Leute sind sehr dankbar, weil es dort so wenig
Alternativen gibt.“ In der Gropiusstadt soll sogar ein eigenes Klubhaus
entstehen. Für alle Basketball-Interessierten, aber auch als Treffpunkt im
Kiez. Bei dem Interesse vor Ort wäre wohl sogar ein eigener Ablegerverein
möglich. Und wer weiß, vielleicht kommen aus der Gropiusstadt die nächsten
Mithats und Ismets.
29 Mar 2016
## AUTOREN
Nicolas Sowa
## TAGS
Alba Berlin
Nachwuchs
Basketball
Henning Harnisch
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Fußball
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