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# taz.de -- Berichte zu Sexualstrafrecht in Schweden: Faktencheck ist sexy
> Schwedens Einwilligungsgesetz sprengt die Vorstellungen der deutschen
> Presse darüber, wie konsensueller Sex aussehen kann.
Bild: So unromantisch stellen sich viele Leute einvernehmlichen Sex vor: mit Un…
Stell dir vor, du bist ein öffentlich-rechtlicher Nachrichtensender und
verbreitest eine so unterirdische Fake-News, dass die Satire-Seite „Der
Postillon“ dich [1][berichtigen] muss. In genau dieser Situation befindet
sich die Social-Media-Redaktion der Heute-Nachrichten des ZDF, deren
Berichterstattung über eine Gesetzesänderung in Schweden inhaltlich
straight outta [2][Bild.de] entstammt. Doch wenn es um Geflüchtete oder Sex
geht, bricht die Presse regelmäßig sämtliche Konventionen.
Was genau da los ist? Die schwedische Regierung hat einen Entwurf zur
Verschärfung des Sexualstrafrechts verfasst: Das sogenannte
Einwilligungsgesetz funktioniert nicht mehr nach dem Prinzip „Nein heißt
nein“, sondern „nur ja heißt ja“. Ist der Sex nicht einvernehmlich, gilt…
als Vergewaltigung und somit als Straftat. Das klingt erst mal nach einer
radikalen Umwälzung, praktisch ändert sich jedoch nicht viel: Die
Unschuldsvermutung besteht weiterhin, somit steht, wie bisher auch, eine
Aussage gegen die andere.
Der Gesetzesentwurf ist also nicht besonders revolutionär, denn dafür
müsste Betroffenen stärker vertraut werden. Diese müssen sich
schlimmstenfalls sogar noch weiter mit expliziten Schilderungen der Tat
erklären. Entgegen empörter Behauptungen besteht ebenfalls keine Pflicht,
vor dem Sex und für jede neue Stellung einen schriftlichen Vertrag
aufzusetzen.
## So romantisch wie Steinigung
Die Bedeutung ist eher symbolisch: Das neue Gesetz könnte vermeintlichen
Grauzonen entgegensteuern – Situationen, in denen eine der involvierten
Personen weder ausdrücklich kommuniziert, dass sie keinen Sex möchte, noch,
dass sie Lust hätte. Schließlich fließt so ein „nein“ in vielen Fällen
nicht einfach so über die Lippen, sondern bleibt es aus Angst vor
Konsequenzen in Abhängigkeitsverhältnissen aus.
Mit der Verbreitung falscher Tatsachen ist das ZDF nicht alleine. Auch
[3][Welt.de] fährt lieber sämtliche Panik-Register – en passant noch ein
paar rassistische – und bricht in Empörung aus, anstatt einen nüchternen
Faktencheck durchzuziehen. „Schweden ist jetzt das unromantischste Land der
Welt, gleich hinter Saudi-Arabien und dem Iran“, heißt es dort.
Steht Schweden jetzt auf Platz 1 oder 3 der unromantischsten Länder? Und
was ist das für 1 Romantik vong Verständnis her? Ist Romantik jetzt eine
Frage der Gesetzeslage? Seit wann ist sexualisierte Gewalt romantisch?
## Sex lernen statt meckern
Auf Schlüsselbegriffe wie „Hexenjagd“ und „Korrektheit auf die Spitze
getrieben“ verzichtet die Welt-Redaktion nicht. Auf eine Richtigstellung
der Fake News schon. Interessant sind auch ihre Vorstellungen von Konsens:
Müssen wir jetzt Verträge aufsetzen, wenn wir Sex haben? Für jede Stellung
neue? Müssen wir die Erlaubnis per Video aufnehmen, um sie notfalls vor
Gericht vorzuzeigen? Oder eine dieser Konsens-Apps benutzen? Wie bitte soll
denn ein ausdrückliches „ja“ aussehen? Ist das überhaupt noch Sex, wenn er
nicht sexy ist?!
Wer auf „nur ja heißt ja“ so reagiert, macht nicht den Anschein, ein „ne…
verkraften zu können. Genau diese Menschen sind es, für die andere Körper
ganz selbstverständlich verfügbare All-You-Can-Eat-Buffets sind. Warum es
diese Verschärftungen braucht, belegen sie mit ihrem peinlichen Verhalten
selbst.
20 Dec 2017
## LINKS
[1] https://twitter.com/Der_Postillon/status/943184022288633857
[2] http://www.bild.de/politik/ausland/schweden/fuehrt-gesetzt-fuer-sex-einvers…
[3] https://www.welt.de/vermischtes/article171720005/Schweden-Einverstaendnisge…
## AUTOREN
Hengameh Yaghoobifarah
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
Sexualstrafrecht
Schweden
Sexualisierte Gewalt
Nein heißt Nein
Flüchtlinge
Schwerpunkt #metoo
Sexismus
Harvey Weinstein
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