# taz.de -- Erste Landesstiftung der AfD: Instrument für den Volksdiskurs | |
> Der Vorstand der Stiftung in Sachsen-Anhalt hat enge Kontakte zu rechten | |
> Burschenschaften. Öffentliche Gelder gibt's aber nicht so leicht. | |
Bild: Die AfD um André Poggenburg – in Sachsen-Anhalt die zweitgrößte Frak… | |
Im gediegenen Ambiente des Ratskellers zu Magdeburg fand sich am 10. Juli | |
2017 ein kleiner Kreis aus AfD-Leuten zusammen. Ihr Plan: die Gründung | |
einer Landesstiftung. Der Name: Friedrich-Friesen-Stiftung, benannt nach | |
dem Pädagogen und Mitbegründer der Turn- und Burschenschaftsbewegung, der | |
in den Befreiungskriegen gegen Napoleon fiel. Knapp zwei Monate nach dem | |
Treffen in Magdeburg, am 31. August, wurde die Stiftung um den Vorsitzenden | |
Jan Moldenhauer als Verein beim Amtsgericht Stendal eingetragen. | |
Es ist die erste Landesstiftung der Partei – und „der erste Versuch des | |
völkisch-nationalistischen Netzwerkes um André Poggenburg, Landesmittel zu | |
akquirieren“, sagt David Begrich, Rechtsextremismusexperte des Vereins | |
Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt | |
e.V. Die Landtagsfraktion in Magdeburg, deren Vorsitzender Poggenburg ist, | |
verfolge zwar eine fundamentaloppositionelle Strategie, wolle sich aber | |
dennoch strukturell breiter etablieren – und dabei nicht auf staatliche | |
Mittel verzichten. | |
Per Beschluss des Landesverbandes sei die Stiftung am 4. Oktober 2017 als | |
„parteinah“ anerkannt worden, lässt Poggenburg auf der Website der Stiftung | |
wissen. Er teilt auch mit, dass „die Frist zur Beantragung von | |
Fördermitteln für das Jahr 2018 pünktlich eingehalten“ werde. | |
Hier irrt Poggenburg, ein enger Mitstreiter des thüringischen | |
Landesparteichefs Björn Höcke, allerdings. Ganz so schnell dürften die | |
staatlichen Zuschüsse nicht fließen. | |
## Gründung = Geld? Nein. | |
„Als Landespolitiker hätte Herr Poggenburg es besser wissen müssen“, sagt | |
David Begrich. Denn für diese Stiftung sei gar kein Geld im | |
Doppelhaushaltsplan 2017/2018 des Landtages vorgesehen. „Die Stiftung hat | |
einen Antrag auf Förderung der politischen Bildungsarbeit auf Grundlage des | |
Haushaltsplans 2017/2018 gestellt“, bestätigt Stefan Thurmann, | |
Pressesprecher des Landesbildungsministeriums. Und er erklärt sogleich, | |
warum 2018 kein Geld kommen wird: Als das Haushaltsgesetz erlassen wurde, | |
Anfang März 2017, gab es noch keine rechtsfähige Friedrich-Friesen-Stiftung | |
e.V.. „Allein schon aus diesem Grund konnte der Haushaltsgesetzgeber die | |
Stiftung bei der Verteilung nicht berücksichtigen“, sagt Thurmann. | |
Gegenwärtig würde somit keine haushaltsrechtliche Grundlage für eine | |
Förderung in 2018 vorliegen. Rückwirkend könnten keine Gelder | |
bereitgestellt werden, sagt Thurmann. Und 2019? „Ja, dann müsste neu | |
geprüft und entschieden werden“, sagt er. Die Stiftung, die ja ein Verein | |
sei, wie der Pressesprecher des Ministeriums betont, würde dann unter | |
Würdigung des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 17. Juli 1986 zur | |
staatlichen Förderung parteinaher Stiftungen betrachtet werden. Aufgrund | |
dieser Überprüfung müssten letztlich Land und Landtag über eine Förderung | |
abschließend entscheiden. Gründung gleich Geld? Nein, hebt Thurmann hervor. | |
In der Überprüfung würden verfassungsrechtliche Anforderungen und auch die | |
Parteiunabhängigkeit genau berücksichtigt. | |
Diese Überprüfung haben die Stiftungsgründer aber mitbedacht. In ihrer | |
Selbstdarstellung auf der Website führen sie aus, dass die Stiftung „die | |
Idee des freiheitlichen Konservatismus fördern“ will. Stiftungszweck sei | |
„die Vermittlung von Wissen über freiheitlich konservative Werte“ sowie die | |
„Bewahrung und Weiterentwicklung bürgerlicher Freiheitsrechte, der | |
historisch gewachsenen Ordnung, der demokratischen Teilhabe, der Förderung | |
des demokratischen Staatswesens sowie der Identität des deutschen | |
Staatsvolkes auf der Grundlage seines humanistischen deutschen Erbes“. | |
Moderater und allgemeiner dürfte die Intention kaum zu formulieren sein. | |
Einen Absatz später wird die Wortwahl deutlicher: Die Stiftung stünde – | |
„insbesondere durch Landesmittel und Spenden“ – als „kraftvolles Instru… | |
zur Verfügung, um Ideen und Ideale, welche in der AfD wirken, landesweit in | |
den Volksdiskurs einzubringen“. Volksdiskurs klingt wenig offen. | |
## Als Befreiungskämpfer dagestanden | |
Was in diesem Milieu unter „konservativen Werten“ zu verstehen ist, | |
offenbart die Namenswahl der Stiftung. In der Landeshauptstadt erinnert im | |
Fürstenwallpark ein Denkmal an den Sohn der Stadt und Mitbegründer der | |
Turnbewegung, eine Straße trägt seinen Namen. Nationalistische Turner um | |
Friedrich Ludwig Jahn wollten die Jugend auf den Kampf für Deutschland | |
vorbereiten. 1810 gründete Friesen auch den „Deutschen Bund“ mit. Ein | |
Geheimbund zur Zeit der napoleonischen Besetzung des „Vaterlandes“, der | |
ebenso das Ziel der bewaffneten Erhebung und sittlichen Erneuerung des | |
Volkes verfolgte. | |
Friesen, der zudem mit der Schrift „Ordnung und Einrichtung der deutschen | |
Burschenschaften“ die Burschenschaftsbewegung vorantrieb, fiel 1814 in den | |
Befreiungskriegen. In der DDR wurde Friesens nationalistische Ausrichtung | |
ausgeblendet, um ihn alleine als Befreiungskämpfer dastehen zu lassen, sagt | |
Begrich. Die Stiftung nutze den Diskurs und beziehe sich sogleich positiv | |
auf die Positionen mit der burschenschaftlichen Tradition. | |
Die sechs Vorstandmitglieder sind nicht nur alle bei der AfD-Fraktion oder | |
bei deren Landtagsabgeordneten angestellt, sie sind auch rechten | |
Burschenschaften verbunden. Der stellvertretende Vorsitzende der Stiftung, | |
Andreas Graudin, sowie der Schatzmeister Michael Schuster und Beisitzer Ben | |
Niclas Berressem gehören der Burschenschaft Germania Marburg an, die sich | |
seit Jahren stramm rechts positioniert. Sie ist auch im Dachverband | |
„Deutsche Burschenschaft“ geblieben, als über 40 Burschenschaften den | |
Dachverband verließen, da sie nicht mittragen wollten, dass entscheidend | |
für die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft die deutsche Abstammung sein | |
sollte. | |
## Gemeinnützigkeit erlangt | |
Der Stiftungsvorsitzende Jan Moldenhauer ist ein enger Mitstreiter von | |
Poggenburg und Höcke. Er unterzeichnete die „Erfurter Resolution“, in der | |
beide Politiker 2015 beklagten, dass die AfD sich „ohne Not (…) dem | |
etablierten Politikbetrieb“ anpassen würde. Zahllose Mitglieder würden aber | |
die AfD als eine „patriotische“ Alternative und Bewegung des „freien | |
Wortes“ gegen „Gender-Mainstreaming, Multikulturalismus, | |
Erziehungsbeliebigkeit“ ausgerichtet wissen wollen. | |
Moldenhauer ist auch im Vorstand der „Patriotischen Plattform“. Auf der | |
Website des extrem rechten Netzwerks in der AfD schreibt er: „Wo | |
Institutionen und Funktionseliten ein Reich der Lüge bilden, wird die | |
starke Persönlichkeit zum Hort der Hoffnung“, und verspricht, sich für die | |
„Rückabwicklung linksliberaler Gesellschaftsexperimente“ einzusetzen. Texte | |
von ihm erscheinen in der Sezession, dem Hausblatt des „Instituts für | |
Staatspolitik“ um den Neurechten Götz Kubitschek. | |
Die Stiftung bewege sich in einem Dreieck zwischen AfD-Landtagsfraktion, | |
dem neurechten „Institut für Staatspolitik“ und Identitärer Bewegung, sagt | |
Begrich. Zwei Intentionen könnte die Stiftung seiner Ansicht nach | |
verfolgen: In der Partei und der Bewegung dürfte sie eine | |
Professionalisierung des Personals durch Fortbildungen und Schulungen | |
vorantreiben. Ein entscheidender Schritt für die flächenweite Verankerung | |
der AfD, da ihr Personal meist kein politisches Vorwissen über Kommunal- | |
und Landesrecht hat. | |
„Nach außen“ erwartet Begrich zudem, dass die Stiftung „durch öffentlic… | |
Abendveranstaltungen oder Tagungen versuchen wird, weit rechte Positionen | |
zu etablieren und zu popularisieren“. Beide Effekte dürften nicht | |
unterschätzt werden – auch wenn sie nicht von jetzt auf gleich eintreten | |
würden. Die Gemeinnützigkeit hat die Stiftung bereits erlangt. Ab 2019 | |
könnten Landesmittel fließen. | |
6 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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