# taz.de -- taz-Adventskalender (9): Ein Homo politicus | |
> Die taz präsentiert in ihrem Adventskalender BerlinerInnen, die für etwas | |
> brennen. Hinter Türchen Nummer neun: Christian Specht, Kämpfer für | |
> Behindertenrechte. | |
Bild: Im Sonderzug in Richtung Weihnachten. Hoffentlich ohne Verspätung | |
Natürlich wäre die Welt besser, wenn sich mehr Menschen politisch | |
engagieren würden. Für Christian Specht ist das gar keine Frage: „Aber | |
viele Menschen kümmern sich nur um das, was sie direkt betrifft. Alles | |
andere interessiert sie nicht.“ Specht ist nicht so. Er ist ein Homo | |
politicus – und das nicht erst, seit er im Frühling in den Vorstand der | |
Berliner Lebenshilfe gewählt wurde, als erster Mensch mit geistiger | |
Beeinträchtigung auf so einem Posten. | |
Seit seiner Jugend mischt sich Specht ein, wo er geht und steht. In den | |
80ern lernt er in Neukölln Hausbesetzer kennen – eine für ihn neue Welt. | |
Bei den Studentenprotesten an der FU 1989 knüpft der gebürtige Berliner | |
Kontakte zu Autonomen, Alternativer Liste, Antifas. Heute gibt es kaum | |
einen Landespolitiker, den er nicht persönlich kennt, in vielen Parteien, | |
nicht nur „linken“, hat er seither mitgemischt. Und sein Lebensthema | |
gefunden: mehr Rechte für Behinderte. | |
Denn deren Themen werden von den Nichtbehinderten oft nicht gesehen. Und es | |
ärgert ihn, dass im Fernsehen Behinderte fast nie vorkommen. Seit Jahren | |
kämpft er dafür, dass ein Behindertenvertreter im Rundfunkrat des RBB | |
sitzt. | |
## Für ihn gibt es immer einen Weg sein Anliegen vorzutragen | |
Ein anderes Problem sieht Specht darin, dass sich die Betroffenen selbst | |
oft nicht trauen, für ihre Rechte einzustehen. „Sie haben Angst, etwas zu | |
fordern, zum Beispiel auf dem Amt.“ Er nicht. Mit der Zeit hat er gelernt, | |
dass es immer einen Weg gibt – und wie man andere für sein Anliegen | |
gewinnt. Und so liegen in der taz, wo sein Schreibtisch steht, regelmäßig | |
Unterschriftenlisten mit seinen Anliegen aus. | |
Aktuell will er eine Arbeitsgruppe gründen, um das „persönliche Budget“ f… | |
Menschen mit Behinderung zu diskutieren. „Jeder hat ein Recht auf | |
monatliches Geld, das er/sie selbst ausgeben kann“, erklärt er. „Aber ist | |
das gut oder schlecht?“ Er selbst zum Beispiel bräuchte eineN AssistentIn, | |
um sein eigenes Budget zu verwalten, weil er selbst nicht rechnen kann. | |
Mit seinem Job als Vorstand der Lebenshilfe hat er nun mehr Möglichkeiten, | |
sich einzusetzen. „Aber die Bretter sind dick“, stöhnt er. „Es gibt immer | |
Leute, die sagen, das geht alles nicht.“ Manchmal würde er am liebsten | |
alles hinschmeißen, gibt er zu. Was ihm dann hilft? „Mit Leuten reden. Das | |
tut immer gut.“ | |
9 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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