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# taz.de -- Kommentar Schland und WM-Auslosung: Gruppenphase überstanden
> Mexiko, Schweden und Südkorea sind solide Gegner für Deutschland in der
> WM-Vorrunde. Ebenso solide sind die Abgrenzungsrituale der WM-Auslosung.
Bild: Wolf „Zabivaka“ ist das offizielle Maskottchen der Fussball-Weltmeist…
Berlin taz | Jogi Löw kann sich beruhigt in seinem Polsterstuhl
zurücklehnen: Die Vorrunde ist machbar für Deutschland. Mexiko, Schweden
und Südkorea heißen also die [1][Gruppengegner bei der WM 2018]. Gegner wie
ein Familienauto: grundsolide. Fürchten muss sich die deutsche Elf nicht.
Spätestens an diesem Punkt kann man natürlich fragen, vor welchem Gegner
sich diese Mannschaft überhaupt hätte fürchten sollen. Kolumbien, Uruguay,
Schweiz? Deutschland hat eine solche Dominanz erreicht, dass außer Spanien
eigentlich gar nichts drohte. Das hat natürlich niemanden abgehalten, im
allzweijährlichen Ritual von einer Horrorgruppe (Hammergruppe, Todesgruppe
…) zu sprechen.
Die deutsche Todesgruppen-Begeisterung hat ja auch schon dramaturgischen
Sinn: Man kann sich nachher richtig freuen, denn es hätte ja so viel
schlimmer kommen können. Auch, wenn die Alternativen in Wahrheit nur Costa
Rica und Nigeria waren. Das gute deutsche Losglück wäre nichts ohne die
Fallhöhe.
Deutschland wird also wohl die Vorrunde überstehen, was ja schon vorher
klar war. Viel klüger sind wir nach einer Auslosung nie. Überhaupt ist
dieser Tag ein ganz großes Ritual, ein bisschen wie Weihnachten, wo jeder
seine Rolle spielt, und wenn es nur der dritte Hirte ist.
## Kaum Kritik an WM-Vergabe an Südafrika
Am größten spielte [2][Witali Mutko]: Vor der Auslosung wütete der
russische Vize-Regierungschef, der unter Verdacht steht, das staatliche
Doping von oben organisiert zu haben, dass es in Russland „nie ein
staatliches Dopingsystem gegeben“ habe. An Unglaubwürdigkeit und
Lächerlichkeit ist das kaum zu überbieten, aber die Konsequenzen für das
russische Team werden vor der Heim-WM überschaubar sein.
Genauso ritualisiert ist die Reaktion der linksliberalen Klientel, die sich
jedes Mal aufs Neue über die massentaugliche Folklore-Inszenierung rund um
die Auslosung/Eröffnung mokiert, weil's ja so einfach ist. Zusammen mit
oberflächlicher Kritik an Russland und Fifa. Das ist mindestens genauso
kleinbürgerlich wie jene, die Folklore-Gehopse beklatschen. Denn natürlich
ist die WM in Russland ein großes Propagandainstrument für Putin. Aber
welche WM ist kein Propagandmittel zweifelhafter Gastgeber?
Trotzdem bemängelte kaum jemand die WM-Vergabe an Südafrika, einen Staat,
in dem viele Schwarze ökonomisch als Bürger zweiter Klasse leben, oder nach
Brasilien, wo Ureinwohner vertrieben, Favela-Bewohner mit Polizeigewalt
unterdrückt und Regenwälder zerstört werden. Die einzige nennenswerte
Kritik war, dass Anwohner wegen der Stadien umgesiedelt wurden.
## Hinfahren und Vorurteile abbauen
Auch Deutschland wusste 2006 eine Illusion des friedlich-patriotischen
Super-Schland zu inszenieren, die nie der Realität entsprach. Und sich im
Nachhinein ungut nationalistisch anfühlt. Solange Staaten für die ganze
Chose bezahlen, ist Propaganda leider ihr gutes Recht. Und gekaufte
Weltmeisterschaften? [3][Die Deutschen sollten die Letzten sein, die sich
darüber empören.] Franz Beckenbauer könnte dazu launig kommentieren, wenn
er noch kommentieren würde.
Die russische Bevölkerung hat eine WM so viel verdient wie die vorherigen
Gastgeber. Vielleicht baut der eine oder andere, der zur WM nach drüben
reist, ja sogar Vorurteile ab. Wünschenswert wäre es. Kritik ist
unschätzbar wichtig, aber an konkreten Punkten, nicht als Ritual.
Jetzt also ist das Krippenspiel Auslosung vorbei; Jogi wird irgendwas
sagen, dass es eine spannende Gruppe ist, die man keinesfalls unterschätzen
dürfe, und das Leben geht weiter.
Neue Erkenntnisse? Vielleicht drei. Gary Lineker kann wirklich den ganzen
Auslosungsmodus ohne Atempause vortragen. Miro Klose hat es geschafft, in
vier Sätzen fünf werbende Adjektive für die WM unterzubringen (sehr schön,
wunderschön, fantastisch, magisch und unglaublich), und räumt damit
bestimmt demnächst groß im Scrabble ab. Und Diego Maradona machte mit
quietschgelber Fliege unter lauter biederen weißen Clowns bei der Ziehung
den August. Auch er fiel nicht aus der Rolle.
1 Dec 2017
## LINKS
[1] http://www.kicker.de/news/fussball/wm/spiele/weltmeisterschaft/2018/-1/0/sp…
[2] /!s=Witali+Mutko/
[3] /Folgen-des-Sommermaerchen-Skandals/!5434624
## AUTOREN
Alina Schwermer
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