# taz.de -- Islamistische Proteste in Pakistan: Tote bei Zusammenstößen | |
> Seit Wochen besetzen Protestierende Kreuzungen in Islamabad. Am Samstag | |
> kam es bei Auseinandersetzungen mit der Polizei zu Toten. | |
Bild: Straßensperrung am Wochenende in Islamabad | |
In Pakistans Hauptstadt Islamabad ist es auch am Sonntag wieder zu | |
Straßenschlachten zwischen militanten Islamisten und der Polizei gekommen. | |
Nach Agenturberichten griffen einige der 3.000 Demonstranten an einer | |
wichtigen Ausfallstraße Polizisten an, steckten Autos und einen | |
Polizeiposten in Brand, bevor sie sich in ihr Protestcamp zurückzogen. | |
Die Polizei hatte am Samstag das Camp mit Wasserwerfern, Tränengas und | |
Gummigeschossen gewaltsam zu räumen versucht. Dabei starben sechs | |
Demonstranten, 200 Menschen wurden verletzt. Doch scheiterte die Polizei | |
und forderte das Militär an. Das bezog Stellung, griff aber nicht ein. | |
Auch die Islamisten mobilisierten Verstärkung. Auch breiteten sich die | |
Proteste auf Karachi, Lahore, Multan und andere Städte aus. Um ein | |
Anwachsen der Unruhen in Islamabad zu unterbinden, ließ die Regierung dort | |
TV-Übertragungen und soziale Medien blockieren. Dies hielt auch am Sonntag | |
an. | |
Bisher hatte sich die Regierung nicht getraut, gegen die seit dem 8. | |
November bestehende Blockade vorzugehen. Letzte Woche stellte ein Gericht | |
den Blockierern ein Ultimatum bis Samstag. Mit der Blockade protestieren | |
die Anhänger der kleinen islamistischen Partei Tehreek-i-Labaik Ya Rassool | |
Allah gegen die Änderung der Eidesformel für Abgeordnete. Der Bezug auf den | |
Propheten Mohammed war vom Parlament abgeschwächt worden. Das werten die | |
Islamisten als Blasphemie und als Förderung der in Pakistan diskriminierten | |
Ahmadi-Sekte. | |
Pakistan hat ein strenges und international kritisiertes Blasphemiegesetz. | |
Das wird immer wieder für persönliche Machtkämpfe und die Diskriminierung | |
religiöser Minderheiten missbraucht. Sofort nach Beginn der Blockade hatte | |
die Regierung die Änderung der Eidesformel zurückgenommen. Justizminister | |
Zahid Hamid sprach von einem „Irrtum“. Doch verlangen die Demonstranten | |
seine Absetzung. Letztlich geht es um einen Machtkampf, bei dem religiöse | |
Fanatiker die noch verbliebenen liberalen Rechtstraditionen weiter | |
einschränken wollen. | |
Am Sonntag berieten Regierung, Militär und Geheimdienst über das Vorgehen. | |
Das mächtige Militär zögert mit einem Einsatz, denn der dürfte den | |
Widerstand der Islamisten anheizen und die Beliebtheit der putschfreudigen | |
Armee nicht steigern. Laut Armeechef Qamar Javed Bajwa ist Gewalt „nicht im | |
nationalen Interesse“. Pakistans Militär ist mächtiger als die zivile | |
Regierung. Zudem hatte erst vor wenigen Monaten ein Gericht den | |
langjährigen Premierminister Nawaz Sharif wegen Korruption abgesetzt. | |
Das Militär nutzt selbst immer wieder Islamisten, um mit ihnen Politik in | |
den Nachbarländern Afghanistan und Indien zu machen oder seine eigene Rolle | |
zu stärken. Pakistan hat ein Islamismusproblem, das sich in Gewalt bis hin | |
zum Terrorismus äußert. | |
Die jetzt die Proteste anführende Partei war erst 2015 gegründet worden, | |
nachdem ein liberaler Provinzgouverneur ermordet worden war. Er hatte sich | |
für eine wegen Blasphemie angeklagte Christin eingesetzt. Die Hinrichtung | |
seines Mörders führte zur Gründung der Partei, die sich als Beschützerin | |
des Blasphemiegesetzes sieht. | |
26 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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