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# taz.de -- Wahlen in Pakistan: Erste Senatorin aus unterer Kaste
> Krishna Kumari wird als erste Angehörige der untersten Hindu-Kaste der
> Dalit Senatorin in Pakistan. Seit 2005 kämpft sie aktiv für sozialen
> Wandel.
Bild: Krischna Kumari am 12. Februar in ihrem Büro im pakistanischen Hyderabad
BERLIN taz | Ihre Wahl zur Senatorin in Pakistan am 3. März ist so
erfreulich wie überraschend. Denn Krishna Kumari ist erst die zweite
Angehörige der Hindu-Minderheit überhaupt, die in der pakistanischen
Geschichte je für einen Sitz im Senat kandidiert hat. Dort sind
normalerweise muslimische Großgrundbesitzer tonangebend.
Und Kumaris Kandidatur in der südlichen Provinz Sindh war die allererste
von einer Angehörigen der Dalit. Als Dalit werden heute diejenigen in der
untersten Stufe des Kastensystems bezeichnet, die früher Kastenlose oder
Unberührbare genannt wurden.
In Pakistan gehören heute nur zwei Prozent der Bevölkerung dem
hinduistischen Glauben an. Die meisten Hindus waren nach der Staatsgründung
ins benachbarte Indien geflohen, von wo umgekehrt viele Muslime
übergesiedelt sind. Heute terrorisieren im muslimischen Pakistan
islamistische Extremisten immer wieder Angehörige religiöser Minderheiten.
Kumari zieht jetzt mit einem für Frauen reservierten Platz tatsächlich als
erste Dalit in Pakistans Geschichte in den Senat. Die Pakistanische
Volkspartei (PPP) der früheren Premierministerin Benazir Bhutto, deren Sohn
Bilawal heute Parteichef und deren Hochburg der Sindh ist, hatte Kumari
nominiert.
## Vorbild Benazir Bhutto
Sie selbst fühlt sich durch das Beispiel Benazir Bhuttos in ihrem Kampf für
Minderheitenrechte motiviert. Dabei stammte Bhutto im Gegensatz zu Kumari
aus der Oberschicht.
Kumaris indirekte Wahl durch die Abgeordneten des Unterhauses und der
Provinzparlamente ist nämlich auch deshalb ein Meilenstein in der
Geschichte des Landes, weil sie aus einer sehr armen Landarbeiterfamilie
aus der Region Thar stammt. Ihre Familie lebte dort viele Jahre in
Schuldknechtschaft. Mit ihren Eltern und Geschwistern wurde Kumari drei
Jahre lang als Arbeitssklavin gehalten.
Ihr Vater ist Analphabet, doch erkannte er die Bedeutung von Bildung und
setzte alles dran, dass seine 1979 geborene Tochter zur Schule gehen
konnte. Das ist in Südasien weder bei armen Landarbeitern
selbstverständlich noch bei Dalits, und bis heute auch erst recht nicht
gegenüber Töchtern. Kumari musste vor und nach der Schule mit ihrer Familie
auf dem Feld arbeiten.
Wie in Pakistans ländlichen Regionen üblich, wurde sie bereits im Alter von
16 Jahren verheiratet. Doch auch ihr Ehemann unterstützte ihre weitere
Bildung, so dass Kumari – die heute Mutter von vier Kindern ist –
schließlich an der Universität Sindh mit einem Master in Soziologie ihr
Studium abschließen konnte.
## Kampf für Frauenbildung
Seit 2005 kämpft sie aktiv für sozialen Wandel. Sie ermutigt Familien, ihre
Töchter zur Schule zu schicken und organisiert Seminare zu
Menschenrechtsthemen wie auch zur Schuldknechtschaft.
„Bildung, Gesundheit und Wasser werden meine wichtigsten Themen als
Senatorin sein“, hatte Kumari bei ihrer Kandidatur versprochen. Doch
grundlegende politische und soziale Reformen umzusetzen ist in Pakistan
sehr schwierig, wie der Fall ihres Bruders zeigt: Veerji Kohli war ein
Aktivist wie sie. Doch sein Einsatz für eine vergewaltigte Hindufrau führte
zu einer – mutmaßlich fingierten – Mordanklage, die ihm lebenslängliche
Haft einbrachte. Kumari hofft jetzt auch, in ihrer künftigen Rolle als
Senatorin ein neues Verfahren für ihren Bruder durchsetzen zu können.
Kumaris Wahl ist umso erfreulicher, weil mächtige Kandidaten wie etwa der
Islamistenprediger Maulana Samiul Haq jetzt gescheitert sind. Der
80-jährige Haq, der sogar schon Senator war, gilt als „Vater der
pakistanischen Taliban“. Er scheiterte jetzt, obwohl er von der
populistischen Partei des früheren Cricket-Stars Imran Khan unterstützt
worden war.
4 Mar 2018
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Pakistan
Benazir Bhutto
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