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# taz.de -- Facebook-Kampf gegen Propaganda: Angst vor Russen? Angst vor Regeln!
> Facebook kündigt ein Tool an, das russische Propaganda entlarven soll.
> Der Konzern reagiert mit Aktionismus, da er unter politischem Druck
> steht.
Bild: Facebook-Boss Zuckerberg 2012 in Moskau. IST DAS NICHT VERDÄCHTIG?
„Hallo. Sie wurden Opfer russischer Wahlkampfmanipulation. Sorry und viel
Spaß beim Weiterfacebooken.“ – So könnte es demnächst bei Facebook heiß…
glaubt man dem, [1][was das Unternehmen am Mittwoch in den USA angekündigt
hat]. Bis Ende des Jahres wolle man ein Tool zur Verfügung stellen, um
Nutzer*innen über mögliche Propaganda in ihrer Timeline zu informieren.
Die Anwendung namens „Foreign Interference Search Tool“ soll Nutzer*innen
helfen, die Angst haben, in dem sozialen Netzwerk politisch beeinflusst
worden zu sein. Und zwar aus Russland. Konkret: aus der sogenannten
Internet Research Agency (IRA), landläufig bekannt als Trollfabrik in St.
Petersburg.
Das neue Tool soll Nutzer*innen anzeigen, welche IRA-Inhalte sie in der
Vergangenheit verbreitet oder mit welchen sie interagiert haben.
„Es ist wichtig, dass die Menschen verstehen, wie ausländische Akteure
durch den Gebrauch von Facebook vor und nach der US-Wahl 2016 versucht
haben, Uneinigkeit und Misstrauen zu säen“, erklärt der Konzern in einem
Blogeintrag. Dieser Schritt zu einem kleinen bisschen mehr Transparenz
steht aber nicht etwa für ein neu entdecktes Verantwortungsgefühl bei
Facebook, sondern hat mit dem enormen politischen Druck zu tun, unter dem
das Unternehmen derzeit steht.
## Anzeigen im Wert von 150.000 Dollar
126 bis 150 Millionen Menschen sollen Schätzungen zufolge durch Werbeposts
der russischen Internet Research Agency erreicht worden sein. Facebook
zufolge sollen Anzeigen aus Russland im Wert von 150.000 US-Dollar im
Wahlkampf Stimmung gemacht haben – etwa in den Debatten um Waffenrecht,
Migration, Religion und Rassismus. Die russische Regierung bestreitet die
Vorwürfe.
Anfangs wehrten die Unternehmen sich noch heftig gegen den Vorwurf, sie
würden auf ihren Plattformen Propaganda zulassen. Anfang November dann
mussten Vertreter von Facebook, Google und Twitter sich vor dem US-Senat
erklären. Ja, Einflussnahme habe es gegeben, räumte man ein. Die sei nun
aber auch wirklich schwer zu verhindern. Und wie viele Menschen das genau
betreffe und wie man das herausfinden (und vor allem: in Zukunft
verhindern) könne – ja, das seien wirklich gute Fragen.
Nun war auch so mancher Vorschlag seitens der US-Abgeordneten – vorsichtig
ausgedrückt – fantasievoll. Einer schlug etwa vor, man könne ja einfach in
Rubel bezahlte Anzeigen verbieten. Was Facebook abliefert, ist da aber auch
nur bedingt besser. Man wolle etwa das Sicherheitspersonal auf 20.000
Mitarbeiter aufstocken, erklärte das Unternehmen.
## Alle Reue nur vorgetäuscht?
Und jetzt eben noch dieses neue Wundertool. Nicht angezeigt werden dort
allerdings Seiten oder Posts, die lediglich im Newsfeed einer Person
auftauchten, die man also vielleicht gesehen, aber nicht verbreitet hat.
Letzteres könne man kaum erheben, hatte ein Facebook-Mitarbeiter vor dem
US-Senat erklärt. Ein Argument, das die Senatoren damals nicht durchgehen
ließen – immerhin basiere Facebooks Geschäftsmodell darauf, genau solche
Dinge zu wissen.
Facebook wiederum gibt sich in seiner Erklärung vom Mittwoch kämpferisch.
Das Tool sei Teil des Plans, gegen diejenigen „bösen Akteure“ vorzugehen,
die „versuchen, unsere Demokratie zu untergraben“, so das Unternehmen.
„Deswegen haben wir Informationen gesammelt, haben sie immer wieder
öffentlich gemacht und sie den Ermittlern des Kongresses zur Verfügung
gestellt“, heißt es weiter.
Pustekuchen. Dem privaten Unternehmen Facebook geht es nicht um Demokratie
– es hat einfach große Angst davor, durch die Politik reguliert zu werden,
und verfällt deshalb in einen Aktionismus, dessen Nutzen fragwürdig ist.
Aufklärung mag wichtig sein – aber sich auf die IRA als Quelle zu
konzentrieren ist unsinnig. Es ist ein Anlass für Facebook, sich reuig und
engagiert darzustellen – am Ende wird es aber darum gehen, dass Unternehmen
wie Facebook, Google und Twitter echte Konzepte vorlegen. Und ja,
vielleicht auch um Regulierung durch die Politik.
23 Nov 2017
## LINKS
[1] https://newsroom.fb.com/news/2017/11/continuing-transparency-on-russian-act…
## AUTOREN
Dinah Riese
## TAGS
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