# taz.de -- ICAN-Vorstand über Friedensnobelpreis: „Wir versuchen, aufzuklä… | |
> Am Sonntag erhält die Anti-Atomwaffen-Initiative ICAN den Nobelpreis. | |
> Nukleare Abschreckung führe zur Eskalation, sagt ihr deutscher Vorstand. | |
Bild: Ausgezeichnet: ICAN-Chefin Beatrice Fihn | |
Herr Hinrichs, am Sonntag erhält ICAN den Friedensnobelpreis. Wie feiern | |
Sie als deutsche Sektion diesen Tag? | |
In Deutschland finden begleitend zu der Preisverleihung mehrere Public | |
Viewings und Vortragsveranstaltungen statt. Hier in Berlin haben wir am | |
Samstagabend eine große Party, die ICAN Peace Prize Party. Am Sonntag | |
treffen wir uns dann ab 12 Uhr zum gemeinsamen Public Viewing im Café Rizz | |
in Kreuzberg. | |
Im Juli einigten sich 122 von 193 Mitgliedstaaten der UN auf einen Vertrag | |
zum Verbot von Kernwaffen – Deutschland aber nicht. Womit begründet das die | |
Bundesregierung? | |
Zum einen sagt sie, der Vertrag würde uns dem Ideal – einer | |
atomwaffenfreien Welt – nicht näher bringen. Zum anderen würden wir mit dem | |
von uns initiierten Vertrag das bestehende Rüstungskontrollsystem ins | |
Wanken bringen. Das hätte gefährliche Auswirkungen auf die | |
NATO-Abschreckungspolitik und gefährde den Nichtverbreitungsvertrag. | |
Und was halten Sie von den Vorwürfen? | |
Beide Vorwürfe sind schlicht und einfach falsch. Nehmen wir zum Beispiel | |
den Konflikt mit Nordkorea. Es droht uns seit Monaten ein Atomkrieg – und | |
was hat uns dahin gebracht? Das Konzept der nuklearen Abschreckung, welches | |
direkt in eine Eskalationsspirale führte. | |
Und der Vorwurf, der Vertrag sei wirkungslos? | |
Repräsentative Umfragen haben ergeben, dass ein großer Teil der Bevölkerung | |
in Deutschland die Abrüstungsforderungen unterstützt und den Beitritt | |
Deutschlands zu einem Verbotsvertrag – übrigens gilt das für Anhänger aller | |
Parteien. Ich glaube also nicht, dass das nur die Idee von ein paar wenigen | |
ist, sondern der Wunsch von vielen. Und ich glaube, wenn der politische | |
Wille da ist und durch einen solchen Vertrag ausgedrückt wird, ist das ein | |
wichtiger Schritt in die richtige Richtung. | |
Was erwarten Sie von einer neuen Bundesregierung? | |
Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass Sie diesem Verbotsvertrag | |
beitritt. Das ist vereinbar mit allen NATO-Verpflichtungen Deutschlands. | |
Und das ist ein realistisches Ziel für die Koalitionsverhandlungen – was | |
dafür fehlt, ist im Moment der politische Mut. Wir setzen einen Teil | |
unserer Hoffnung nun in die SPD, die verbal immer stark für die Abrüstung | |
eingestanden ist und deren Basis das mit starker Stimme fordert. | |
Und die anderen Parteien? | |
Wir sprechen mit allen Parteien und werben auch bei allen für unsere | |
Positionen – außer der AfD. Natürlich gibt es gerade bei den Grünen viele | |
starke Stimmen, die eine Abrüstung fordern. Doch da die | |
Jamaika-Sondierungen nun erst mal gescheitert sind, werden die in einer | |
kommenden Regierung wahrscheinlich nichts zu sagen haben. Wobei es auch bei | |
der FDP und CDU/CSU einige gibt, die für eine nukleare Abrüstung | |
Deutschlands eintreten – im Wahlkampf ist diese Position ja immer beliebt. | |
Nun müssen aber den Worten einfach auch Taten folgen. | |
Was tut ICAN Deutschland, wenn Sie nicht gerade die Vergabe des | |
Friedensnobelpreises feiern? | |
Wir suchen vor allem die Unterstützung der jüngeren Generation und | |
versuchen hier, Aufklärungsarbeit zu leisten. Dafür organisieren wir | |
Vorträge an Schulen oder Universitäten. Ein großes Programm, was wir | |
angestoßen haben, heißt ICAN Campus Plus. Das geht auch 2018 weiter. Da | |
wollen wir ein Netzwerk an Hochschulen schaffen, in welchem sich engagierte | |
Studentinnen und Studenten austauschen können und mit der Unterstützung von | |
ICAN Deutschland Aktion starten, die Aufmerksamkeit schaffen sollen und vor | |
allem dazu führen, dass auch Deutschland dem Verbotsvertrag beitritt. Dafür | |
schicken wir die Studierenden dann gezielt auch an die Schulen – denn | |
insbesondere die nächsten Generationen müssen ein Bewusstsein für das | |
Problem entwickeln. | |
Wie sieht Ihre Zusammenarbeit mit ICAN International aus? | |
Politische Strategien werden international natürlich abgestimmt. Ansonsten | |
arbeitet jedes nationale Team ziemlich frei. Wir inspirieren uns aber | |
gegenseitig. So werden unsere Schulvorträge nun beispielsweise auch in | |
Frankreich praktiziert. Wir übersetzten dagegen oftmals gute englisch- oder | |
französischsprachige Broschüren einfach ins Deutsche. | |
Was sind die weiteren Themenschwerpunkte für ICAN Deutschland im kommenden | |
Jahr? | |
Zum einen wird dann wieder in Genf über den Atomwaffensperrvertrag | |
diskutiert. Das wollen wir auch hier in Deutschland konsequent begleiten, | |
denn der muss natürlich bestehen bleiben. Und zum anderen: So lange | |
Deutschland den Verbotsvertrag nicht unterschrieben hat, haben wir | |
hierzulande genug zu tun – und wir werden auch nicht locker lassen, bis es | |
soweit ist. | |
9 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Sophie-Isabel Gunderlach | |
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