| # taz.de -- Kolumne Der rote Faden: Bang Boom Bimbes | |
| > Die Bonner, die Bayern und ihre Bitchfights: Mit Söder werden wir noch | |
| > viel Spaß haben. Auch sonst lautete das Motto dieser Woche: Freindschaft! | |
| Bild: Rache ist deftig: Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble in den schlimmen Neu… | |
| Eine Kolumne mit einem Aphorismus zu beginnen, noch dazu einem derart | |
| abgedroschenen, ist billig, ich weiß. Bringen wir es also hinter uns: | |
| „Freund, Feind, Parteifreund“ wird Konrad Adenauer zugeschrieben, der damit | |
| nicht primär eigenes Leid zu beklagen hatte, sondern im Grunde sein | |
| machtpolitisches Credo beschrieb – fragen Sie mal Ludwig Erhard. Der | |
| reinste Bitchfight war das, wie man heute sagen würde, nur halt in | |
| Schwarz-Weiß und mit Zigarren. | |
| Richtig schön schmutzig wurde so was freilich erst viel später; da nannte | |
| ein gewisser Ralf Stegner von der SPD seine glücklose Genossin Susanne | |
| Gaschke mal „Förden-Hillary auf den Bananenschalen“, und das muss man sich | |
| erst mal trauen, wenn man selber eben Ralf Stegner ist. | |
| Vom guten alten Franz Josef Strauß dagegen, Söder hab ihn selig, stammt die | |
| Steigerung „Feind, Todfeind, Parteifreund“. Ob er wohl ahnte, dass seine | |
| Nachfahren keine andere Tradition zärtlicher pflegen würden? | |
| Zu Beginn dieser Woche erreichte der bayerische Zyklopenkampf zwischen | |
| Seehofer und ebenjenem Söder sein jähes Ende. Sogar gemeinsame Termine | |
| wollen die beiden ab sofort wahrnehmen, Seehofer als amtierender | |
| Ministerpräsident spricht dann nur noch kurz, ist sozusagen zum Nummerngirl | |
| abgestiegen, sein Erbe darf den Landesvater geben, obschon er erst in ein | |
| paar Monaten offiziell das Amt übernehmen wird. | |
| ## Sogar der BR kam kurzzeitig ins Wanken | |
| Es ist schon arg schade um diese letzten Jahre und vor allem Monate, in | |
| denen die beiden einander dermaßen gründlich in die Hacken traten, dass es | |
| einem schon beim Zeitunglesen solidarisch die Tränen in die Augen trieb; | |
| besonders während des großen Finales, wo selbst die Altehrwürdigkeit des | |
| Bayerischen Rundfunks kurzzeitig ins Wanken kam, als dieser einen Rücktritt | |
| Seehofers verkündete, den jener da wohl noch gar nicht beschlossen hatte, | |
| dann aber natürlich doch einlösen musste. Wer da wohl die Quelle war? | |
| Ja, mit diesem Markus Söder werden wir noch viel Spaß haben. Er macht das | |
| schon sehr hübsch, obwohl er zu jung ist, um die schlimmsten Sauereien der | |
| Bonner Republik aktiv miterlebt zu haben. Aber um diese Zeiten | |
| wiederauferstehen zu lassen, gibt es zum Glück die Kollegen von Spiegel und | |
| ARD, die in dieser Woche eine beeindruckende Recherche präsentierten. Dass | |
| man Helmut Kohl nicht zum Feind, noch weniger aber zum Parteifreund haben | |
| wollte, ist längst bekannt, mit einiger Bitterkeit speziell jedem, der zum | |
| CDU-Personal der neunziger Jahre gehörte. | |
| Die Rache wiederum kann deftig ausfallen, zeigt die [1][Doku „Bimbes – Die | |
| schwarzen Kassen des Helmut Kohl“] doch einen mephistophelisch | |
| zähnefletschenden Wolfgang Schäuble, der nicht nur erklärt, anonyme Spender | |
| Kohls habe es nie gegeben, sondern auch die Schlussfolgerung in die Kamera | |
| stratzt, als sei allein die Frage danach purer Schwachsinn: „Na, weil es | |
| aus der Zeit von Flick schwarze Kassen gab!“ | |
| Diese Kassen waren, so viel wissen wir jetzt, offenbar gar nicht Kohls | |
| Idee, sondern vielmehr die von Leuten wie Flick-Manager Eberhard von | |
| Brauchitsch und Kurt Biedenkopf. Letzterer war damals | |
| Henkel-Geschäftsführer und nach erfolgreicher „Aktion Kohl“ (Rainer Barzel | |
| absägen, dafür rententechnisch reich alimentieren, Kohl rein als | |
| Parteivorsitzenden und immer fein mit Spenden zuballern) dann aber | |
| plötzlich selbst CDU-Generalsekretär und später sächsischer | |
| Ministerpräsident mit sprachgewaltiger Gattin („Kurt Hans, das wäre dir | |
| nicht passiert!“). | |
| ## „Country over Party“ | |
| Bang Boom Bimbes: Der spätere Staats- und Ehrenmann Kohl wurde also an die | |
| Macht gekauft. Und seine Parteifreunde waren entsprechend gelackmeiert. | |
| Norbert Blüm tut einem ja immer ein wenig leid, aber jammervoller hat er | |
| wirklich noch nie dreingeschaut. | |
| Vielleicht hilft ihm die Nachricht, dass es in den USA auch in Sachen | |
| politische Feindschaften immer noch eine Nummer irrer geht. Roy Moore, | |
| Republikaner aus Alabama, soll nächste Woche in den Senat aufrücken. Der | |
| Unterstützung Donald Trumps kann er sich sicher sein, erst recht natürlich, | |
| seitdem rauskam, dass Moore Minderjährige sexuell missbraucht haben soll. | |
| Nur ist da auch noch Senator Jeff Flake aus Arizona, ebenfalls | |
| Republikaner, aber endlich mal einer, den sogar Linke lieben: „Country over | |
| Party“, Land vor Partei, [2][twitterte] er am Dienstag, dazu das Foto eines | |
| Schecks, mit dem er Moores demokratischen Gegenkandidaten unterstützt | |
| Holy bimbam, kann man da nur sagen. Aus einem Olaf Scholz, der sich nur | |
| verschämte Stupser vor Martin Schulz’ Schienbein traute, statt anständig zu | |
| putschen, und dann bei der Vorstandswahl auf dem SPD-Parteitag nur 59,2 | |
| Prozent kassierte, wird jedenfalls kein so lässiger Cowboy mehr. | |
| (Diese Kolumne wurde übrigens, wie fast immer, verfasst mit freundlicher | |
| Unterstützung von Otis Redding. Wäre der nicht an diesem Sonntag vor 50 | |
| Jahren gestorben, hätten wir den King of Soul jetzt einfach zum König von | |
| Bayern erklären können. Ooh, what a wonderful world this could be!) | |
| 9 Dec 2017 | |
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| [1] https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&a… | |
| [2] https://twitter.com/JeffFlake/status/938160754490052609 | |
| ## AUTOREN | |
| Johanna Roth | |
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