# taz.de -- Umbau des Tierparks Berlin: Manege frei für den Zoochef | |
> Der Direktor der Hauptstadtzoos setzt zum großen Sprung an. Für eine | |
> erste Summe von 40 Millionen Euro wird der Tierpark zum Geo-Zoo umgebaut. | |
Bild: Inzwischen fast allein zu Haus: Tiger im Alfred-Brehm-Haus | |
Der Ausverkauf der Tiere oder gar die Schließung – beides ist dem Tierpark | |
Friedrichsfelde schon oft prophezeit worden. Seit der Wende, als der | |
ehemalige DDR-Zoo in Landeseigentum überführt und dann Tochterfirma der Zoo | |
AG wurde, geht das so. | |
In den 50er Jahren in freiwilliger Aufbauhilfe von der Ostberliner | |
Bevölkerung aus dem Boden gestampft, ist der Tierpark für viele Menschen in | |
der Stadt das Identifikationsobjekt schlechthin. Heinrich Dathe, Grzimek | |
des Ostens, war der Gründungsvater. Bis zur Wende war er der Direktor. Mit | |
einer Fläche von 160 Hektar ist der alte DDR-Zoo der größte | |
Landschaftstiergarten Europas. | |
Der 1844 gebaute Zoo ist nur ein Fünftel so groß wie der Ost-Tierpark. 15 | |
Kilometer Luftlinie trennen die Einrichtungen. Real sind es Welten. Der Zoo | |
ist reich, steht finanziell auf eigenen Füßen. Der Tierpark ist | |
ausgeblutet, hängt mit 6,2 Millionen Euro Subventionen pro Jahr am | |
staatlichen Tropf. Wenn da ein neuer Direktor mit hochfliegenden Plänen | |
kommt, weckt das Befürchtungen vor einer schleichenden Abwicklung. | |
Seit April 2014 ist Andreas Knieriem nun Chef von Zoo und Tierpark. Der | |
Veterinärmediziner, 52 Jahre alt, Typ Manager, hatte zuvor den Münchner | |
Tierpark Hellabrunn geleitet. Als er nach Berlin zog, hatte Knieriem nicht | |
nur einen Janker mit Hirschhornknöpfen im Gepäck, sondern auch einen | |
Masterplan für den Tierpark, der es in sich hatte. Potenziale wolle er | |
heben, um Umsatzerlöse und Erträge zu steigern, sagte er. | |
Es hat ein paar Jahre gedauert, aber nun hat Knieriem 40 Millionen Euro | |
organisiert. Weitestgehend sind das öffentliche Gelder. Den Tierpark will | |
er nun in einen Geo-Zoo umbauen. Vorbild ist der Zoo Leipzig. Dort werden | |
die Tiere nach geografischen Herkunftszonen gezeigt. Die Anlage dort ist in | |
Kontinente aufgeteilt. In Berlin wird bisher zumeist getrennt nach Arten | |
ausgestellt: Primaten mit Primaten, Raubtiere mit Raubtieren, Huftiere mit | |
Huftieren. | |
Der Kontrast zwischen Knieriem und seinem Vorgänger, Bernhard Blaszkiewitz | |
– bis 2014 Direktor der Hauptstadtzoos – hätte nicht größer sein können. | |
Blaszkiewitz’ Vertrag war nicht verlängert worden. Im Umgang mit Tieren und | |
Mitarbeitern galt er als absolute Fehlbesetzung. Spielzeug für die Tiere? | |
Größere Käfige? Apps für die Besucher? Für Blaszkiewitz war das | |
„Kokolores“. Er war ein Zoochef alter Schule, der Tiere in Sammelkategorien | |
dachte. Systematisch präsentiert, damit Experten vergleichen können. | |
Dass Zoo und Tierpark zu den artenreichsten Zoos der Welt gehören, ist auch | |
sein Verdienst. Wenn andere eine Zebraart hatten, hatte der Zoo drei. Auch | |
der Tierpark hatte Tiere, die es in ganz Europa nicht gab. Bei seinem | |
Ausscheiden formulierte Blaszkiewitz die Besorgnis, sein Nachfolger werde | |
den Artenreichtum antasten und den Ausverkauf des Tierparks betreiben. | |
In Knieriems Amtszeit hat sich im Tierpark einiges verändert. Spielplätze | |
und Cafeteria wurden saniert, Tieranlagen umgestaltet, es gibt eine | |
Greifvogelschau. Es sind eher kleinere Schritte. Der Tiergarten wirke nicht | |
mehr „so rostig“, findet Knieriem. Die Besucher honorierten das. Vor allem | |
mehr Familien mit Kindern kämen. 1,3 Millionen Besucher hatte der Tierpark | |
2016. Im Zoo waren es 3,2 Millionen, bis zu 75 Prozent waren Touristen. Der | |
Zoo schöpft aus dem Vollen. Für 10 Millionen Euro privaten Geldes hat | |
Knieriem dort eine Panda-Anlage bauen lassen. | |
Nun setzt der Zoochef im Tierpark zum großen Sprung an. Im März 2018 sollen | |
im Alfred-Brehm-Haus die Bauarbeiten für den Geo-Zoo beginnen. Von den 40 | |
Millionen Euro wird das historische Raubtierhaus in ein Regenwaldhaus | |
umgestaltet. Eine Savannenlandschaft und ein Himalaja-Gebirge sind geplant, | |
das Dickhäuterhaus wird umgebaut. So richtig vorstellen kann man sich das | |
alles aber noch nicht. | |
Fakt ist: Nicht nur wegen der Bauarbeiten wurden und werden Tiere | |
abgeschafft. Von den Elefanten will Knieriem nur die afrikanischen | |
behalten, von den vier Tigerarten allenfalls zwei. Auch die Seekühe stehen | |
auf Abruf. Das Becken sei zu klein, sagt der Zoochef. Mehr Raum für das | |
einzelne Tier schaffen und trotzdem alle Tiere behalten? „Alles geht | |
nicht.“ | |
Hat Bernhard Blaszkiewitz also doch recht? Ja und nein, sagt der Biologe | |
Jürgen Lange. Der 75-Jährige war vor Blaszkiewitz Chef beider Zoos. Den | |
Tierpark zum Geo-Zoo zu machen findet Lange richtig. Knieriem müsse aber | |
aufpassen, dass er nicht nur Nullachtfünfzehn-Tiere behalte, sondern auch | |
für Experten interessant bleibe, sagt Lange. „Da sehe ich ein bisschen die | |
Gefahr.“ | |
Dieser Text ist Teil des Themenschwerpunkts in der kommenden | |
Wochenendausgabe der taz Berlin. | |
8 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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