# taz.de -- Brasiliens Präsidentschaftskandidatin: Marina Silva gibt nicht auf | |
> Zuletzt war es still geworden um Marina Silva. Doch die streitbare | |
> Ökologin wird nun wieder als Präsidentin kandidieren – zum dritten Mal. | |
Bild: Marina Silva in São Paulo im November 2017 | |
Rio de Janeiro taz | Marina Silva wird wieder kandidieren. Zum dritten Mal | |
in Folge bringt sie das Parteienspektrum Brasiliens durcheinander. Denn die | |
streitbare Ökologin ist für viele Linke wählbar, die von der 14 Jahre | |
regierenden Arbeiterpartei PT enttäuscht sind. Zugleich aber gilt die | |
strenggläubige evangelikale Christin auch vielen Rechten als Option, um bei | |
den Wahlen im Oktober 2018 einen erneuten Sieg der verhassten PT zu | |
verhindern. | |
Marina Silva erscheint vielen als kleineres Übel. In Umfragen erreicht sie | |
bereits den dritten Platz. Vor ihr liegen nur Inácio Lula da Silva von der | |
PT, der mit großem Abstand führt, und der rechtsradikale Populist Jair | |
Bolsonaro, auch der Trump Brasiliens genannt. | |
Doch vom sogenannten dritten Weg, auf dem sich Marina Silva gerne sieht, | |
ist trotz achtbarer Ergebnisse 2010 und 2014 noch wenig zu bemerken. Ihre | |
neugegründete Partei „Rede“ steht meist im Schatten ihrer Gründerin. | |
Überraschend kam ihre Kandidatur Ende vergangener Woche nicht. Zuletzt war | |
es still um sie geworden, was unter anderem mit ihrem labilen | |
Gesundheitszustand erklärt wird. Andere Beobachter sehen darin Kalkül: | |
Silvas Schweigen sei eine elegante Lösung angesichts der umstrittenen | |
Absetzung von Präsidentin Dilma Rousseff – Silvas einst wichtigste | |
Gegenspielerin – im Jahr 2016 und dem landesweiten Murren über den | |
unbeliebten Amtsinhaber Michel Temer. | |
## Umweltministerin bis 2008 | |
2014 hatte sich Marina Silva viele Feinde gemacht, als sie sich in der | |
Stichwahl gegen Roussef aussprach und auf die Seite des konservativen Aécio | |
Neves schlug, der inzwischen bis zum Hals in Korruptionsaffären verstrickt | |
ist. | |
Silva war von 2003 bis 2008 Umweltministerin und zählt zu den wenigen in | |
Brasiliens politischer Klasse, die als nicht korrupt gelten. Für eine | |
erfolgreiche Kandidatur braucht sie aber Bündnispartner aus dem | |
traditionellen Parteienspektrum. | |
Sie tritt für soziale Gerechtigkeit ein, fordert mehr Chancengleichheit für | |
Frauen und Nicht-Weiße. Zugleich vertritt sie als Mitglied der | |
Pfingstkirche Assembléia de Deus konservative Familienwerte, ist strikt | |
gegen Abtreibung und akzeptierende Drogenpolitik, und tut sich sehr schwer | |
mit den Rechten der LGBTQ-Gemeinde. | |
Marina Silva stammt aus sehr einfachen Verhältnissen. Als eines von elf | |
Kindern wuchs sie in einer Familie von Kautschuksammlern im Amazonasstaat | |
Acre auf. Zehnjährig begann sie als Gummizapferin zu arbeiten, später wurde | |
sie Hausangestellte. Erst mit 16 Jahren lernte Silva lesen und schreiben. | |
Ihren Wunsch, Nonne zu werden, gab sie angesichts der finanziellen Notlage | |
auf. Trotz bitterer Armut konnte Silva studieren. | |
Mit 26 Jahren wurde sie Lehrerin, zehn Jahre später jüngste Senatorin | |
Brasiliens. Die Bedrohung ihrer Heimat, des Amazonaswaldes, machte die | |
Mutter von vier Kindern zu einer aktiven Umweltschützerin. | |
5 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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