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# taz.de -- Gericht zu Klimaprozess gegen RWE: Mitschuld von 0,47 Prozent
> Das OLG Hamm lässt im Prozess eines Bauern gegen RWE die Beweisaufnahme
> zu. Der Konzern habe „messbar“ zum Klimawandel beigetragen.
Bild: Kämpft für sein Recht: Der peruanische Bergbauer Saúl Luciano Lliuya
FREIBURG taz | Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat im Klimaprozess gegen
den Energiekonzern RWE am Donnerstag den Einstieg in die Beweisaufnahme
beschlossen. Die [1][Klage des peruanischen Bergbauern Saúl Luciano Lliuya]
sei rechtlich „schlüssig“. Die Umweltorganisation Germanwatch, die den
Kläger unterstützt, sprach von einem „historischen Durchbruch mit
weltweiter Relevanz“.
Der Bauer besitzt ein Haus in der peruanischen Stadt Huaraz in den Anden.
Er befürchtet, dass das Schmelzen der Andengletscher einen See oberhalb der
Stadt zum Überlaufen bringen könnte. Eine gewaltige Flutwelle drohe dann
seinem Haus und der ganzen Stadt. Ursache des Schmelzens sei der
Klimawandel, der durch den CO2-Ausstoß der Kraftwerke der RWE AG
mitverursacht sei.
In erster Instanz hatte das Landgericht Essen im Dezember 2016 die Klage
ohne Beweisaufnahme aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Falls es tatsächlich
eine Flutgefahr gebe, wäre diese jedenfalls nicht konkret RWE zuzuordnen.
Schließlich gebe es weltweit zahllose Emittenten, die Treibhausgase
freisetzten. Es lasse sich keine lineare Verursacherkette zwischen der
Quelle der Treibhausgase und dem Schaden ausmachen.
Darauf kommt es nach der vorläufigen Rechtsauffassung des OLG Hamm aber
nicht an. Es genüge, wenn RWE den Klimawandel „mess- und berechenbar“
mitverursacht habe und damit eine Gefahr für das Haus des Bergbauern
auslöse. Dann müsse RWE anteilig für Schutzmaßnahmen aufkommen. Der Kläger
forderte hierfür 17.000 Euro. Dies entspreche 0,47 Prozent der notwendigen
Dammbaukosten. RWE habe als größter Einzelemittent 0,47 Prozent der
weltweiten CO2-Emissionen seit Beginn der Industrialisierung verursacht.
## Urteil im nächsten Jahr nicht zu erwarten
RWE hatte eingewandt, dass seine Kraftwerke staatlich genehmigt wurden und
der Schadstoffausstoß damit legal gewesen sei. Dies ließ das OLG aber nicht
gelten. Auch wer durch rechtmäßiges Handeln fremdes Eigentum
beeinträchtigt, müsse dafür haften. Der Kläger und seine Anwältin Roda
Verheyen stützen sich auf Paragraf 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Das
Gericht hat diese Rechtsgrundlage nun grundsätzlich als geeignet anerkannt.
Der Prozess gilt als Musterverfahren mit weltweiter Vorbildwirkung. Nach
Angaben von Verheyen existieren in mehr als 50 Staaten ähnliche
Haftungsvorschriften wie in Deutschland.
Doch noch hat Luciano Lliuya den Prozess nicht gewonnen. In der
Beweisaufnahme muss er nun belegen, dass RWE tatsächlich „mess- und
berechenbar“ zur Klimaerwärmung beitrug. Außerdem muss auch bewiesen
werden, dass durch das Schmelzen des Palcarajugletschers das Wasser in der
Palcacocha-Lagune so sehr steigt, das es die natürliche Moräne nicht mehr
halten kann.
Vermutlich werden dafür mindestens zwei Sachverständige benötigt, die das
Gericht in Absprache mit RWE und dem Kläger auswählen will. Ein Urteil ist
deshalb wohl auch im nächsten Jahr kaum zu erwarten.
30 Nov 2017
## LINKS
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## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Peru
RWE
Schwerpunkt Klimawandel
Klimaklage gegen RWE
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Peru
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