# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
> Die FDP verhält sich amateurhaft, die Groko liebt die Industrie, die CSU | |
> veranstaltet eine Kirmeskeilerei und Höcke bekommt ein Mahmmal. | |
Bild: Schulz verlässt das Podium nach einem Statement zu den gescheiterten Jam… | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Merkel staunt, dass die SPD die abgelaufene Groko | |
so wenig lobt. | |
Und was wird besser in dieser? | |
Vorurteil „Frauen können keine zynische Comedy“ erlegt. | |
Die FDP hat die Jamaika-Sondierungen abgebrochen. Wie geht es jetzt weiter? | |
Spannend! Lindner und Kubicki haben zusammen null Sekunde | |
Regierungserfahrung, Beer war mal Europaministerin in Hessen und | |
Strack-Zimmermann stellvertretende Bürgermeisterin von Düsseldorf. Dass | |
diese gehobene Amateurtruppe erschrickt, wie Merkel, Altmaier, Trittin, | |
Künast das Handwerk einer Sondierung durchziehen, kann man durchaus | |
glauben. Wer vor schwierigen Verhandlungen wegläuft, sollte das Land nicht | |
nach außen vertreten. Alles gut also. Die FDP positioniert sich als AfD mit | |
goldenen Manschettenknöpfen. Die Grünen spinksen ehrenvoll und aussichtslos | |
auf schwarzgrüne Minderheitsregierung. Merkel hatte sich vorher auf ein | |
klares „Ich will das“ festgelegt, und somit bewiesen, wie klug sie sonst | |
oft war, sich vorher auf gar nichts festzulegen. | |
Ist das jetzt gut oder schlecht für die SPD? | |
Für welche SPD? Eine SchulzPD, die bei ihrer Haltung bliebe, könnte | |
schlicht: Merkel stürzen. Das klingt jäh, doch Ehrenrunden wie die letzten | |
Amtszeiten Kohls oder Adenauers sind vertane Zeit. Eine Position „Groko ja | |
– ohne Merkel“ entflammte lodernd das morsch knisternde Gebälk der Union. | |
Umgekehrt sollte eine ScholzPD wissen: Was immer die Sozis in einer Groko | |
durchbringen – entweder taugt es nichts oder hinterher schmückt es Merkel. | |
Drängende Aufgaben wie Diesel- oder Kohleausstieg sind bei einer | |
Industriekoalition aus Union und SPD in schlechten Händen. Ohne Merkel | |
bekommt die SPD eine Groko mit einem konfus schwachen Partner. Oder | |
Neuwahlen zu klaren Bedingungen, als Oppositionspartei. Mit Merkel hat sie | |
sich von 34,2 % in 2005 herunterregiert auf 20,5 % in 2017. Im Lichte | |
dieser Zahlen ist das einzig Erstaunliche an der Debatte – dass sie | |
stattfindet. | |
Damit schlägt jetzt Steinmeiers große Stunde als Bundespräsident. Wie macht | |
er sich? | |
Eben noch höhnte es, Frank- in Sach-Walter Steinmeier umzubenennen. Da kam | |
ja garnichts an Ruck durch Deutschland, selbst sein schöner Satz „Heimat | |
liegt in der Zukunft“ blieb unerhört. Nun jedoch wünschte man sich einen | |
Staatsnotar, der ein bisschen langweilig, detailversessen, | |
vernunftdurchströmt und pflichtbewusst ist: Da haben wir eh schon | |
Steinmeier, und prompt kommt seine Designerkrise. Ein Glücksfall. Eine Diva | |
wie Köhler, ein Stattfinderich wie Gauck wären da riskanter. Steinmeier | |
hatte schon vor dem Jamaixit gewarnt, man dürfe „den Auftrag nicht an die | |
Wähler zurückgeben“. Der Mann ist das Grundgesetz als Hörbuch. | |
Das Zentrum für politische Schönheit hat AfDler Björn Höcke mit 24 Stelen | |
sein eigenes Holocaust-Mahnmal vor die Haustür gestellt und ihn zehn Monate | |
lang überwacht. Genial oder unangebracht? | |
Genial unangebracht. Ein Land, dass in Verliebtheit auf die Knie geht, wenn | |
Millionen türkischstämmige Deutsche als „Ziegenficker“ mitverhöhnt werde… | |
sollte mit der Rücksichtnahme der Kunst nicht bei seinen Top-Nazis | |
anfangen. | |
Markus Söder sagt in den Fernsehnachrichten, in der CSU gäbe es keine | |
Flügelkämpfe. Wir sind verwirrt: Wenn das in den vergangenen Wochen keine | |
Flügelkämpfe waren, was denn dann? | |
Flegelkämpfe. Seehofer und Söder beschreiben keine Flügel der CSU, | |
inhaltlich trennt sie nichts, und selbst in Gesäßkompetenz ist der jüngere | |
Abbild des Älteren: 20 Jahre Vorsitzender der Jungen Union Bayern | |
attestieren Söder nachgerade seehoferoide Amtsklebe. Da es inhaltlich um | |
nichts geht, kann man es wegatmen wie eine Kirmeskeilerei. | |
In Gießen ist die Frauenärztin Kristina Hänel zu 40 Tagessätzen à 150 Euro | |
verurteilt worden, weil sie auf ihrer Internetseite angibt, | |
Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Das gilt laut Paragraf 219a des | |
Strafgesetzbuches als Werbung für Schwangerschaftsabbrüche und ist | |
verboten. Im Jahr 2017. Sind Sie genauso sprachlos wie wir? | |
Einerseits erlaubt § 218 Schwangerschaftsabbruch nur nach eingehender | |
Beratung. Andererseits bedroht § 219 ÄrztInnen mit Strafe, wenn sie beraten | |
und in dem Kontext auch das fällige Honorar erwähnen. Die Ärztin wurde | |
verurteilt, weil der Gesetzgeber seine Hausaufgabe nicht erledigt hat – | |
dies Recht zu entrümpeln. | |
Und was machen die Borussen? | |
Sie hatten die Wahl: Heimsieg im Derby oder Niederlage und hilfloser | |
Trainer raus. Da ist 4:4 natürlich auch ’ne Antwort. | |
Fragen AFRO, EKIM | |
26 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Friedrich Küppersbusch | |
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