# taz.de -- Berliner AfD in den Bezirken: Zuständigkeit: entlaufene Katzen | |
> In manchen Bezirken darf die AfD seit der Wahl vor einem Jahr mitregieren | |
> und stellt Stadträte. Der Umgang mit ihnen ist weiterhin umstritten. | |
Bild: Die Arbeit der AfD in den Bezirken ist weitgehend eine Luftnummer | |
Der Einzug der AfD ins Abgeordnetenhaus erregte vor einem Jahr viel | |
Aufmerksamkeit. Eine bundesweite Neuerung brachte die Berlin-Wahl jedoch an | |
anderer Stelle: In sieben Bezirken verschafften sich die Rechtspopulisten | |
durch ihre Wahlergebnisse das Anrecht auf einen Posten im Bezirksamt, und | |
damit die bundesweit bislang nur sehr seltene Möglichkeit, nicht nur | |
Opposition zu sein, sondern tatsächlich mitzuregieren – wenn auch nur auf | |
Bezirksebene. | |
Hitzige Debatten in den betroffenen Bezirken waren die Folge: Wie umgehen | |
mit diesem Anspruch der AfD? Sollen die neuen Stadträte mit dem normalen | |
Aufgabenumfang betraut werden, vielleicht auch in der Hoffnung, dass sie | |
aufgrund mangelnder Sachkompetenz scheitern werden? Oder sollen ihre | |
Ressorts möglichst klein gehalten werden und muss sichergestellt sein, dass | |
die AfDler auf möglichst wenig Bereiche im Bezirk tatsächlich Einfluss | |
nehmen können? | |
## Große Erfolge? Fehlanzeige. | |
Ein Jahr später fällt die Bilanz der sieben AfD-Stadträte unterschiedlich | |
aus – große Erfolge für sich verbuchen konnte aber niemand von ihnen. | |
Ärger hatte es zu Beginn bereits um die Besetzung der Posten gegeben: In | |
Lichtenberg und Pankow hatte die AfD mit Wolfgang Hebold und Nicolas | |
Seifert zunächst Kandidaten aufgestellt, die die anderen Fraktionen | |
aufgrund politischer Entgleisungen und mangelnder Sachkenntnis für so | |
unwählbar hielten, dass sie Wahlgang für Wahlgang scheiterten. Hier stellte | |
die Partei schlussendlich andere Kandidaten auf. | |
In Neukölln schaffte es der ebenfalls umstrittene Bernward Eberenz am Ende | |
nur knapp auf den Posten. Im Juli trat er dann aus der AfD aus. Da der | |
Pankower Ersatzkandidat und frühere CDU-Politiker Daniel Krüger der AfD nie | |
beigetreten war, sind es damit nur noch fünf Stadträte, die auch | |
tatsächlich Parteimitglieder sind. | |
In den meisten Bezirken entschied man sich dafür, die Ressorts der | |
AfD-Stadträte so klein wie möglich zu halten: Frank Elischewski darf sich | |
in Lichtenberg als Leiter für regionalisierte Ordnungsaufgaben um | |
entlaufene Tiere sowie die Beseitigung von Autos ohne gültiges Kennzeichen | |
kümmern. In vielen anderen Bezirken haben die AfDler das Umwelt- oder das | |
Ordnungsamt unterstellt bekommen – Bereiche mit sehr begrenzten | |
gestalterischen Möglichkeiten. | |
## Mangelnde Präsenz | |
Daran gibt es allerdings auch Kritik: In mehreren Bezirken äußern | |
Bezirksverordnete, die sich damit aber nicht namentlich zitieren lassen | |
wollen, ihren Unmut über den bezirksamtlichen Umgang mit den AfD-Kollegen. | |
Weil diesen kaum Verantwortung übertragen wurde, hätten sie eben auch kaum | |
Arbeit und müssten vor allem keine Konflikte austragen, heißt es dort. „Die | |
anderen Stadträte können vor Arbeit nicht mehr geradeaus schauen und haben | |
ein Problemfeld nach dem anderen zu bearbeiten, während die AfD sich fein | |
raushalten kann“, formuliert es ein Verordneter. | |
Klagen über mangelnde Präsenz der AfD-Stadträte sind über Bezirks- und | |
Fraktionsgrenzen hinweg ebenfalls weit verbreitet: „Da Herr Elischewski | |
uns, anders als üblich, keinen Bericht erstattet, ist nach wie vor völlig | |
unklar, was er eigentlich tut“, sagt etwa die Lichtenberger Verordnete | |
Camilla Schuler (Grüne). Auch in Marzahn-Hellersdorf heißt es, Stadtrat | |
Thomas Braun sei in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) kaum präsent. | |
Von vielen AfD-Stadträten heißt es, sie würden sich hinter ihren | |
Verwaltungen verstecken. „Von dem angekündigten großen Erneuerer fehlt | |
bisher jede Spur“, sagt auch der Spandauer CDU-Verordnete Thorsten Schatz | |
mit Verweis auf den dortigen AfD-Stadtrat Andreas Otti. | |
Beim Blick auf die Bezirksparlamente – die AfD schaffte 2016 den Einzug in | |
alle zwölf – bietet sich ein unterschiedliches Bild. In einigen Bezirken | |
zeichnen sich die AfDler vor allem durch Unauffälligkeit auf. Die | |
AfD-Fraktion arbeite mit, sagt der Spandauer CDU-Verordnete Schatz, ein | |
übergeordnetes Motiv sei dabei aber nicht zu erkennen. | |
In Pankow sei es um die AfD völlig ruhig geworden, sagt der BVV-Vorsteher | |
Michael van der Meer (Linke): „Die melden sich kaum zu Wort, schreiben | |
selten Anträge und nehmen auch die Plätze in der Gremienarbeit, die ihnen | |
zustehen, fast nie wahr.“ In Pankow, wo das Drama um die Besetzung des | |
AfD-Stadtratspostens wochenlang für Wirbel sorgte, ist der Unterschied nun | |
besonders groß. | |
Die beiden Bezirksverbände, insbesondere der Spandauer, gelten als | |
vergleichsweise moderat. Woanders liefern die BVV-Fraktionen ein anderes | |
Bild: „Die zünden hier in jeder Sitzung ein wahres Populismus-Feuerwerk“, | |
erzählt die Lichtenberger Grüne Camilla Schuler. Die BVV werde von der | |
Fraktion als Bühne vor ihrem mitgebrachten Publikum benutzt, auch in den | |
zahlreichen Anfragen sei die rechtspopulistische Stoßrichtung klar zu | |
erkennen. Ähnliches berichtet die SPD-Verordnete Mirjam Blumenthal aus | |
Neukölln: Von einer mangelnden Präsenz der AfDler könne keine Rede sein, | |
ganz im Gegenteil. Dabei komme es auch immer wieder zu verbalen | |
Entgleisungen, erst neulich sei sie selbst als „linke Zecke“ beschimpft | |
worden. | |
Allerdings: Fachliche Kompetenz brächten die AfD-Verordneten nur in | |
Ausnahmefällen mit, dementsprechend seien sie in den Ausschüssen auch | |
weniger stark präsent. Auch bei den gerade anstehenden | |
Haushaltsverhandlungen heißt es aus vielen Bezirken, die AfD halte sich | |
auffallend zurück, eigene Themen oder Projekte seien kaum zu erkennen. | |
22 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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