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# taz.de -- Kommentar Wahl in Kenia: Es steht viel auf dem Spiel
> Selten schienen in Ostafrikas Führungsnation die politischen Gräben so
> tief. Das Land braucht nicht weniger als eine politisch-moralische
> Revolution.
Bild: Zum Wählen bitte hinten anstellen
Wie geht es weiter für Kenia nach dem Wahldebakel? Der Sieg von Präsident
Uhuru Kenyatta steht angesichts des Oppositionsboykotts außer Zweifel, aber
ob er auch regieren kann, ist fraglich. Noch nie seit der Überwindung des
Einparteienstaates vor einem Vierteljahrhundert [1][schienen die
politischen Gräben so tief].
Radikale Anhänger der Opposition sprechen nicht nur Kenyatta die
Legitimität ab, sondern auch dem gesamten Staat. Die jetzige
Wahlwiederholung war in ihren Augen keine zu ergreifende Chance zum
Machtwechsel mehr, sondern eine zu bekämpfende Machtdemonstration – so wie
in manch anderen Ländern, wo Langzeitherrscher unangefochten im Sattel
sitzen und der Gang zur Wahlurne als Loyalitätsbeweis dient. Der
pluralistische und liberale Vorsprung, der Kenias politische Kultur bislang
trotz aller Korruption und Gewalt von seinen Nachbarn unterschied, schmilzt
gefährlich dahin.
Besonders bedrohlich ist das, weil Kenia mit seinen knapp 50 Millionen
Einwohnern die Führungsmacht in Ostafrika ist. Die Hauptstadt Nairobi ist
eine der modernsten in Afrika. Kenias Volkswirtschaft ist eines der wenigen
Schwergewichte auf dem Kontinent, die nicht von der Rohstoffausbeutung oder
Staatsbetrieben abhängig ist. Bei technischen Innovationen ist Kenia vorn,
die dynamische Mittelschicht steht für viele der globalen Hoffnungen auf
Afrikas Aufstieg. Und Kenia ist ein wichtiges Tor Afrikas nach Asien – wenn
Kenias Straßen und Häfen blockiert sind, leidet darunter die ganze Region.
Es steht also viel auf dem Spiel, und es kann sehr schnell gehen. Beide
politischen Lager sind inzwischen davon überzeugt, der Gegner bewege sich
außerhalb von Recht und Gesetz. Oppositionsführer Raila Odinga rief am Tag
vor der Wahl zum „Widerstand“ auf. Von Scharfmachern der Gegenseite kamen
postwendend Vergleiche zwischen Odinga und den islamistischen
Shabaab-Terroristen aus Somalia.
## Kenia braucht neue, unverbrauchte Köpfe
Umgekehrt ist immer noch nicht völlig ausgeschlossen, dass Präsident
Kenyatta seinen Widersacher Odinga in die Regierung aufnimmt. Dann können
beide behaupten, sich um das Wohl der Nation zu sorgen. Aber wenn Kenias
Probleme sich dadurch lösen ließen, wäre das Land heute in besserer
Verfassung. Kenia braucht neue, unverbrauchte Köpfe. Der Streit um die
Präsidentenwahl hat in den Hintergrund gedrängt, dass im August nicht nur
ein Präsident gewählt wurde, sondern auch ein neues Parlament und neue
Provinzregierungen – ohne Wahlanfechtung oder Annulierung. Zahlreiche
Volksvertreter auf allen Ebenen warten seit Monaten darauf, endlich etwas
Sinnvolles tun zu dürfen.
Kenia muss wieder ein Land werden, dessen Bürger Vertrauen in ihren Staat
haben. Auf die neue Verfassung von 2010, die eine Dezentralisierung
begründete, könnten weitere Reformen folgen. Die Staatsorgane, von der
Verkehrspolizei aufwärts, müssen sich an Recht und Gesetz halten. Insgesamt
braucht das Land nicht weniger als eine politisch-moralische Revolution –
ganz unabhängig davon, wer jetzt regiert. Alle wissen es. Aber noch weiß
niemand, wie es geht. Dominic Johnson
27 Oct 2017
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## AUTOREN
Dominic Johnson
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