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# taz.de -- Bilderstreit in Dresden: Die verletzte ostdeutsche Seele
> Verdrängen westdeutsche Künstler das Erbe der DDR? Der Bilderstreit über
> die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wurde kultiviert ausgetragen.
Bild: „Der Zugriff“ von Helge Leiberg, geboren in Dresden, aus dem Jahr 198…
Dresden taz | Die Szenerie im Lichthof des Dresdner Albertinums erinnerte
am Montagabend an das letzte Abendmahl. 15 Apostel der Kunst saßen an einer
Tafel, umringt von 500 Fragen stellenden Jüngern. Es ging auch um einen
Abschied, den von der sogenannten DDR-Kunst. Diese vermissen die
Einheimischen in dem den Neuen Meistern gewidmeten Teil der Staatlichen
Kunstsammlungen. Wutbürger machten sich mit Hassnachrichten an das
sächsische Kunstministerium und Albertinumsdirektorin Hilke Wagner Luft.
Nun wurde der seit Oktober tobende Bilderstreit öffentlich und für Dresdner
Verhältnisse auffallend kultiviert ausgetragen.
Im Albertinum fanden die Kunstausstellungen der DDR statt, für die das
historische Gebäude an der Brühlschen Terrasse vollständig geräumt wurde.
Die letzte DDR-Kunstausstellung 1987/88 zählte 1,1 Millionen Besucher und
wurde heftig diskutiert. Nach dem Empfinden sensibler Dresdner verdrängen
Werke westdeutscher Künstler zunehmend das vorzeigbare Erbe der DDR.
Die Auseinandersetzung um „Staatskunst“, „DDR-Kunst“ oder davon zu
unterscheidende „Kunst in der DDR“ hatte 1999 beim Bilderstreit in der
Kulturhauptstadt Weimar einen ersten Höhepunkt erreicht. Aktuell wird er
überlagert von der Wiederentdeckung der verletzten ostdeutschen Seele.
Angst um eine schwindende, oft erst postum entdeckte Ost-Identität mischt
sich mit berechtigtem Ärger über das Verschwinden spezifischer
Ost-Komponenten wie der gegenständlichen Malerei oder des Dresdner
Spätexpressionismus. Vergleichbaren Frust löst die Respektlosigkeit
gegenüber der musikalischen Avantgarde der DDR oder der Umgang mit ihrer
architektonischen Moderne aus.
## Kein „Schutzstatus“ für DDR-Künstler
Die Diskussion im Albertinum vermochte den Bilderstreit nun auf die Ebene
der Kunstkritik und des internationalen Kontextes zu heben und damit
teilweise zu entschärfen. Generaldirektorin Marion Ackermann machte klar,
dass praktische Raumprobleme und keine „konforme Westverschwörung“ hinter
dem Dilemma stecken, die Dynamik aktueller Kunst ebenfalls berücksichtigen
zu wollen. Die verdiente Kuratorin Susanne Altmann wiederum erklärte, dass
man keinen „Schutzstatus“ für DDR-Künstler oder deren „erneute
Ghettoisierung“ wolle.
Der Blick von außen könne dem narzisstischen Selbstbild der Dresdner
guttun, lautete der Tenor mehrerer Äußerungen. Thomas Oberender, der aus
Jena stammende Intendant der Berliner Festspiele, warnte etwa davor, über
Kunst unter identitären Gesichtspunkten zu sprechen.
Äußerungen aus dem Publikum zeigten, dass das Leiden über vermisste Werke
einer besonderen Kunstliebe vieler Sachsen entspringt. Der stille
Kompromiss des Abends lief auf einen häufigeren Ausstellungswechsel und die
Suche nach anderen Präsentationsorten hinaus. Wer akut unter
Entzugserscheinungen leidet, kann derzeit auch nach Potsdam in die
Barberini-Ausstellung von DDR-Kunst reisen.
7 Nov 2017
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Dresden
Kunst
DDR
Oldenburg
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