# taz.de -- Parlamentswahl in Tschechien: Erfolg für Betrugsverdächtigen | |
> Der Oligarch Andrej Babiš gewinnt mit seiner Partei die Wahl. Trotz eines | |
> Betrugsverdachts gegen ihn, wird er wohl Ministerpräsident werden. | |
Bild: Der Vorsitzende der ANO, Andrej Babiš | |
PRAG taz | In einem Triumph des Oligarchen Andrej Babiš endeten die Wahlen | |
ins tschechische Abgeordnetenhaus. Seine Bewegung ANO wurde mit knapp 30 | |
Prozent der Stimmen klarer Gewinner. Der Wahlsieg Babišs kam erwartet, | |
monatelang hatten ihn Umfragen vorausgesagt. | |
Mit ihrem Ergebnis ist die ANO nun der höchste Berg in der tschechischen | |
Parteienlandschaft – und der ist reichlich zerklüftet. Insgesamt neun | |
Parteien werden in der nächsten Legislaturperiode in das 200-köpfige | |
Abgeordnetenhaus einziehen. Die Parteien auf Platz zwei und drei dieser | |
Wahlen haben beide jeweils einen Stimmanteil von ungefähr zehn Prozent. | |
Als möglicher Koalitionspartner der ANO könnte sich die populistische | |
„Partei der direkten Demokratie“ (SPD) des Tschecho-Japaners Okamura | |
entpuppen. Sie ist mit einem Stimmanteil von um die 11 Prozent die | |
drittstärkste Partei im neuen Abgeordnetenhaus. Die SPD gilt als Stimme des | |
Stammtischs. Im Wahlkampf punktete sie vor allem mit einer Rhetorik, die | |
gegen die EU, Migration und den auf den Islam als Bedrohung zielte. Mit | |
ihren 23 Mandaten könnten die „Okamurovci“ eine mögliche | |
Koalitionsregierung mit der ANO auf die erforderliche Mehrheit von über 100 | |
Mandaten zu hieven. | |
Zu den weiteren Gewinnern dieser Wahl zählen die Piraten, die die junge, | |
urbane Mittelschicht repräsentieren. Ihr Stimmanteil von ebenfalls etwa 11 | |
Prozent wäre eine Mitgift, die Andrej Babiš nicht unbedingt von der Hand | |
weisen würde. „Ein historischer Schritt“, erklärte Piratenkapitän und | |
versprach „vertrauenswürdig“ zu bleiben. Eine Koalition mit der ANO schloss | |
er momentan aus. | |
## Linkes Lager verliert | |
Das bürgerlich-konservative Lager Tschechiens wird in der nächsten | |
Legislaturperiode vor allem von der ODS (Bürgerpartei) vertreten werden. | |
Sie ist mit elf Prozent zweitstärkste Kraft. Sollte sie ihrem | |
Wahlversprechen treu bleiben und nicht mit der ANO zusammen arbeiten, | |
dürfte sie die größte Oppositionspartei zu Babiš bilden, zusammen mit den | |
Christdemokraten (KDU-ČSL), der Partei der „Bürgermeister und Unabhängigen… | |
(STAN) und der TOP 09. Alle drei bürgerliche Parteien schafften es knapp | |
über die Fünf-Prozent-Hürde. | |
Unerwartet hingegen, kam das katastrophale Ergebnis der bislang regierenden | |
Sozialdemokraten. Hatten sie auf mindestens zwölf Prozent gesetzt, müssen | |
sie sich mit schlappen 7,4 Prozent und dem schlechtesten Ergebnis der | |
Parteigeschichte zufriedengeben. | |
Weiterer Wahlverlierer neben den Sozialdemokraten sind die Kommunisten. Sie | |
haben 17 ihrer Mandate verloren, bei einem Stimmanteil von unter acht | |
Prozent. Davon ging der größte Anteil an die ANO, wie erste Analysen | |
zeigen. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 60 Prozent. | |
Der nächste Ministerpräsident Tschechiens wird also Andrej Babiš heißen. Er | |
werde das Amt [1][trotz der Betrugsanklage annehmen, die momentan anhängig | |
ist], hatte Babiš noch am Tag vor der Wahl erklärt. Auch Präsident Miloš | |
Zeman hatte schon im Vorfeld gesagt, er werde Andrej Babiš im Falle eines | |
Wahlsiegs trotz des Betrugsverfahrens zum Ministerpräsidenten ernennen. | |
21 Oct 2017 | |
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## AUTOREN | |
Alexandra Mostyn | |
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