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# taz.de -- Oligarch und Ex-Minister in Tschechien: Mit einem Bein im Knast
> Gegen den ehemaligen Vizepremier und Finanzminister Andrej Babis könnte
> bald ermittelt werden. Er soll die EU um Subventionen betrogen haben.
Bild: Proteste gegen den damaligen Finanzminister Andrej Babis und gegen Präsi…
Prag taz | Noch vor zwei Wochen steppte im „Storchennest“ der Bär: Auf
seiner Luxus-Farm nahe Prag, komplett mit Zoo, Hotel und Tagungszentrum,
ehelichte der tschechische Mega-Mogul, Ex-Vizepremier und frühere
Finanzminister, Andrej Babiš Ende Juli nach über 20 Jahre wilder Ehe und
zwei Kindern seine blonde Monika.
Das rauschende Fest, so offenbarten die 180 Fotos, die Babiš noch am selben
Tag auf seinem Facebook-Profil veröffentlichte, war umgeben von einem Hauch
Ostalgie. Vom Kleid der Braut bis zur Musikauswahl und dem Podium, auf dem
Brautleute samt Familie über ihren rund 200 geladenen Gästen thronten: Mit
ihrem Stil wären die Babišs auch in Wandlitz nicht aus der Reihe getanzt.
Schon mit der Wahl des „Storchennests“ signalisierte der 62-jährige
Oligarch wie überzeugt er ist, über Recht und Gesetz zu stehen. Wegen des
Storchennests ermittelt seit über einem Jahr das Europäische Amt für
Betrugsbekämpfung gegen Andrej Babiš.
Ihm wird vorgeworfen 2007 und 2008 sein eigenes Nest beschmutzt zu haben:
Für den Bau des Storchennests sollen Milliardär Babiš und seine Holding
Agrofert die EU um Subventionen in Höhe von knapp zwei Millionen Euro
betrogen haben.
## Gewinnsumme verzehnfacht
Der Topf, aus dem diese Gelder stammen, ist ausschließlich bestimmt zur
Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen. 2007 verbuchte Babišs
Holding Agrofert einen Gewinn von 860 Millionen Kronen. Auch wenn sich
diese Gewinnsumme mittlerweile verzehnfacht hat, war Agrofert auch damals
schon ein paar Nullen vom Mittelstand entfernt.
Die Hochzeit im Storchennest, ein Mittelfinger Richtung Brüssel. Doch statt
sich mit seiner Monika auf die Hochzeitsreise zu freuen, muss sich Andrej
Babiš jetzt mit einer Tatsache abfinden: Auch die protzigste
Nomenklatura-Hochzeit bringt die Hochzeit der realsozialistischen
Apparatschiks nicht mehr zurück.
Am Mittwoch forderte die tschechische Polizei den Präsidenten des
tschechischen Abgeordnetenhauses auf, die Immunität von Andrej Babiš und
seinem politischen Wasserträger Jaroslav Faltýnek aufzuheben. Warum genau
die Polizei Strafermittlungen gegen das Duo aufnimmt, behält sie zwar noch
für sich. Laut gemunkelt wird aber, dass es um das „Storchennest“ und
Betrug geht.
Babišs Gegner frohlocken. Sie hoffen auf das politische Ende des
Oligarchen. Für sie ist es fünf vor zwölf. Denn laut Umfragen hat Babiš
beste Chancen, bei den Wahlen im Oktober mit seiner Bewegung ANO ins
Regierungsamt einzuziehen.
## Politisches Opfer
Andere wieder befürchten, dass der enorme und professionelle
Marketingapparat des Milliardärs diesen zum politischen Opfer stilisieren
wird. Denn die Polizei untersteht dem Innenministerium und dieses wiederum
dem Sozialdemokraten Milan Chovanec, einem politischen Rivalen Babišs.
Bei der Finanzierung des „Storchennests“ sei alles korrekt abgelaufen,
wiederholt Babiš stoisch. Die Polizei spiele das Spiel der alten
Strukturen, die eine Machtübernahme Babišs (Motto: „Alles lässt sich
kaufen“) verhindern wollen.
Das Strafverfahren gegen den Ex-Finanzminister ist also eine Medaillie mit
zwei Seiten: es kann einerseits als Warnung an den Wähler verstanden
werden, nicht einem Stimmenfänger aufzusitzen, der unter Betrugsverdacht
steht. Andererseits gibt es Babiš auch einigen Spielraum im Wahlkampf.
12 Aug 2017
## AUTOREN
Alexandra Mostyn
## TAGS
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