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# taz.de -- Kulturzentrum in Uganda: Laufsteg in die Zukunft
> Staatliche Förderung für Kultur ist selten in Ostafrika. Eine Ausnahme
> ist das Nationaltheater Uganda in begehrter Grundstückslage.
Bild: Eine Rarität im Stadtbild ist das Kulturzentrum, 1959 gebaut und damals …
Als der Vorhang aufging und die Strahler die Bühne in gleißendes Licht
tauchten, ging ein Raunen durch den Saal. Die Zuschauer waren erstaunt.
Ugandas bislang so heruntergekommenes Nationaltheater präsentierte sich in
neuem Glanz.
Auf der Bühne saßen junge Männer in traditionellen Kostümen aus Kenia,
zwischen ihren Beinen klemmten große Trommeln. Als sie anfingen, diese zu
schlagen, dröhnten die tiefen Töne durch die neuen Lautsprecherboxen. Die
Bässe kitzelten in der Magengegend. Im Regieraum freute sich der
Tontechniker: „Das ist ein ganz neues Erlebnis“, sagte er und stülpte dann
seine Kopfhörer über.
Gerade rechtzeitig zum diesjährigen ostafrikanischen Kulturfestival
Jamafest Mitte September waren die ersten Renovierungsarbeiten an Ugandas
berühmtester Kultureinrichtung fertig geworden – ein erster Schritt, das
alte Gebäude wieder für den Kulturbetrieb fit zu kriegen. „Wir haben seit
der Einweihung 1959 nicht mehr renoviert, das war damals noch unter
Kolonialherrschaft“, erklärt Robert Musiitwa, Sprecher von Ugandas
Kulturzentrum, wie die Institution offiziell heißt.
## Wie ein aufgeklapptes Klavier
Im Volksmund wird es aber Nationaltheater genannt. Als es Ende 1959 noch
unter britischem Protektorat eingeweiht wurde, galt das Gebäude, das einem
aufgeklappten Klavier nachempfunden war, als eines der modernsten in
Uganda. Heute wirkt es im Stadtzentrum, wo jedes Jahr neue und moderne
Einkaufszentren und Bürotürme in die Höhe wachsen, wie eine vernachlässigte
Bruchbude.
Es ist schier eine Rarität in Afrika. Nur die wenigsten Staaten leisten
sich öffentliche Kultureinrichtungen. Die meisten Regierungen haben dafür
kein Geld oder sehen darin keine Priorität. In der Region der Großen Seen
und in Ostafrika gibt es allein noch in Kenia ein staatliches Theater – in
Tansania, Ruanda, Burundi oder gar in den Bürgerkriegsländern Demokratische
Republik Kongo oder Südsudan sucht man staatliche Kulturbetriebe
vergeblich.
Vielleicht ist deswegen der Streit über das alte und total
heruntergekommene Gebäude in den vergangenen Jahren zu einer
Auseinandersetzung mit großem Symbolwert geworden. Seit Jahren streiten
sich nämlich in Uganda die Künstler mit der Kulturministerin über die
Renovierung und den geplanten Neubau.
## Privater Investor
Es ist fast genau ein Jahr her, als Ugandas kleine, aber eng verbundene
Künstlergemeinde auf die Barrikaden ging. Was mit einem Geldsegen begann,
endete im Eklat. Präsident Yoweri Museveni hatte drei Milliarden
Schillinge, umgerechnet 700.000 Euro, für den Neubau eines Theaters
zugesagt, das in Partnerschaft mit einem privaten Immobilieninvestor
errichtet werden sollte.
Anfang September 2016 hatte der Staatssekretär für Kulturangelegenheiten
eine Pressekonferenz gegeben und animierte Grafiken präsentiert: von einem
9-stöckigen gläsernen Hochhausgebäude, genau dort, wo heute der gewaltige
Parkplatz des Theaters ist – eines der wenigen unbebauten, aber lukrativen
Grundstücke im geschäftigen Stadtzentrum von Kampala und bislang Raum für
Freilichtbühnen, Breakdance-Sessions und Souvenirstände. Der alte
Theaterbau verschwand dahinter im Schatten, kaum mehr als ein Annex.
Am nächsten Tag gingen die Künstler auf die Straße. „Wir haben ein Recht
mitzuentscheiden“, skandierten sie. Laut Statut des Theaters ist das
Leitungsgremium zur Hälfte mit Vertretern des Künstlerverbandes besetzt.
Diese seien über die Entscheidung jedoch nicht informiert worden. Sie
demonstrierten vor dem Theater, das direkt neben dem Parlament liegt.
Einer der Künstler wurde von der Polizei verhaftet, als diese mit Tränengas
anrückte, um die Protestkundgebung aufzulösen. Daraufhin stürmten rund 20
aufgebrachte Künstler das Kultusministerium, verlangten die Ministerin zu
sprechen.
## Verpachtung und kulturnahe Geschäfte
Ministerin Janat Mukwaya ist eine 65-jährige Frau, gekleidet in Kopftuch
und bunten afrikanischen Kleidern. Sie wirkt auf den ersten Blick
großmütterlich, doch sobald sie den Ton angibt, stehen alle stramm. Sie hat
in den 1980er Jahren im Bürgerkrieg gekämpft und später in Ugandas Armee
den Rang eines Hauptmanns bekleidet. Dass ihr eine Horde junger Männer in
Rastazöpfen unerlaubt das Büro einrannte, fand sie gar nicht lustig. Sie
stauchte die Polizisten am Eingang zusammen, entschied sich dann aber, mit
den Künstlern im Konferenzsaal zu diskutieren. „Es war ein großes
Missverständnis und ich hoffe, wir konnten es aus dem Weg räumen“, erklärte
sie danach der taz.
Sie versicherte: Das alte Theater werde nicht abgerissen, sondern wieder
auf Vordermann gebracht. Dennoch müsse der Parkplatz einem neuen Gebäude
weichen, denn nur über die Verpachtung des lukrativen Grundstücks könne
sich das Ministerium die Finanzierung des Theaters in Zukunft leisten.
Autos sollen dann unterirdisch abgestellt werden, in einer Tiefgarage.
„Die Renovierungsarbeiten werden im laufenden Betrieb vorgenommen und bis
Jahresende fertig sein“, versichert Theater-Sprecher Musiitwa. Mit dem
Neubau soll 2018 begonnen werden. Darin sollen Tanzschulen, eine
Sprachschule, Boutiquen mit afrikanischer Mode und andere kulturnahe
Geschäfte einziehen. Die oberen Stockwerke sollen als Büros und Wohnungen
vermietet werden, um Geld einzubringen. „Die Regierung hat eingesehen, dass
es gut ist, einen staatlichen Kulturbetrieb zu fördern“, sagt Musiitwa und
nennt das Beispiel Nigeria: Nigerianische Filme seien nach dem Öl der
zweitwichtigste Exportschlager des Landes. Uganda wolle aufholen.
Rechtzeitig zum ostafrikanischen Jamafest waren die Umbauarbeiten nun so
weit gediehen, dass Aufführungen wieder möglich waren. Demnächst sollen
noch die 377 Stühle im Publikumsbereich neu gepolstert werden. Die
Theaterbühne wurde zum Laufsteg umgebaut. Burundische, ruandische,
kenianische und tansanische Modedesigner präsentierten ihre Kreationen:
modern in Jeans oder traditionell aus Stoff, der aus Baumrinden gewonnen
wird, so wie ihn einst die alten Könige sie trugen.
Auf dem Parkplatz wurde wohl zum letzten Mal eine riesige Bühne aufgebaut,
auf welcher ugandische Musiker Konzerte gaben – wohl ein letztes Mal, bevor
das lukrative Grundstück einem Hochhaus weichen muss. Doch immerhin, das
alte Theater ist gerettet.
26 Oct 2017
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Uganda
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