| # taz.de -- Kommentar Jamaika-Finanzen: Unantastbarer Reichtum | |
| > Bereits die Sondierungsgespräche zu den Finanzen machen klar: Jamaika | |
| > wird die Privilegien der Reichen in Deutschland nicht antasten. | |
| Bild: Her mit der Kohle – aber für alle | |
| Einen bösen Verdacht wollen die Grünen unbedingt vermeiden. Jamaika, sagen | |
| sie, dürfe auf keinen Fall wie ein Bündnis der Besserverdiener wirken. Das | |
| Image sei tödlich. Nun, [1][die ersten Verabredungen der Parteien] zu | |
| Finanzen weisen leider in genau diese Richtung. | |
| Schon jetzt ist klar: Jamaika wird die Privilegien sehr reicher Menschen in | |
| Deutschland [2][nicht antasten]. Unter dieser Koalition dürfte sich die | |
| Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnen. | |
| Dabei wäre es dringend nötig, endlich zu handeln. Ungezählte Studien | |
| belegen, wie ungleich der Reichtum verteilt ist. In Deutschland besitzen | |
| die obersten 10 Prozent über 60 Prozent des Vermögens, Immobilien, | |
| Grundbesitz oder Aktien. Die ärmsten 40 Prozent der Deutschen besitzen | |
| überhaupt nichts. Für sie bleibt die Eigentumswohnung, die FDP-Chef | |
| Christian Lindner als Altersvorsorge empfiehlt, ein schöner Traum. | |
| Wahrscheinlich sind die Unterschiede noch krasser, denn solche Zahlen sind | |
| nur Schätzungen. Der echte Reichtum operiert in Deutschland in einer | |
| Schattenwelt. Die Grünen beklagen in ihren Papieren zu Recht diesen Trend; | |
| viele Reiche zögen sich aus der Finanzierung des Gemeinwesens zurück. Aber | |
| leider sind sie zu schwach, um sich gegen die Union und die FDP | |
| durchzusetzen. | |
| Die Verhandler haben sich zum Beispiel darauf geeinigt, keine | |
| Substanzsteuern einzuführen. Das Jamaika-Bündnis positioniert sich damit | |
| also gegen eine Vermögensteuer und gegen eine faire Erbschaftsteuer. Es | |
| fasst die beiden entscheidenden Hebel, um Ungleichheit zu mindern, gar | |
| nicht erst an. Die künftigen Partner nehmen den fortgesetzten Skandal hin, | |
| Union und FDP achselzuckend, die Grünen mit Bauchschmerzen. | |
| Dazu passt, dass die Steuerflucht großer Konzerne in den | |
| Jamaika-Verabredungen gar nicht auftaucht. Endlich Apple oder Starbucks zu | |
| Steuerehrlichkeit verpflichten? Mal sehen, anderes ist wichtiger. Eine | |
| Überraschung ist all das nicht. Union und FDP verstehen sich seit jeher als | |
| Besitzstandswahrer der Reichen. Auch der Abbau des Solidaritätszuschlags, | |
| über den die Möchtegernpartner gerade streiten, wird vor allem | |
| Gutverdienern nutzen. Während der Chefarzt profitiert, gehen Leute mit | |
| niedrigen Einkommen leer aus, weil sie sowieso vom Soli befreit sind. | |
| Die Grünen haben sich vorgenommen, Entlastungen für Familien mit Kindern | |
| oder für Niedrigverdiener herauszuschlagen. Doch die Logik des Deals – | |
| keine Mehreinnahmen bei teuren Steuersenkungen – macht die Spielräume für | |
| dringend Nötiges eng. Die Grünen bekommen schon jetzt zu spüren, was es | |
| heißt, in einer lagerübergreifenden Koalition in der Minderheit zu sein. | |
| 26 Oct 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrich Schulte | |
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