# taz.de -- Kolumne Globetrotter: Frankofone Literatur in Frankfurt | |
> Französischsprachige Verlage aus Afrika versuchen Lesen als | |
> Freizeitbeschäftigung zu fördern, auch indem sie Werke in Lokalsprachen | |
> übersetzen. | |
Bild: Der kenianische Autor Ngugi wa Thiong'o bei einer Signierstunde in Nairobi | |
Auseinandersetzungen mit rechten Verlagen bekam ich nur am Rande mit, die | |
Frankfurter Buchmesse erlebte ich tatsächlich als Ort der Begegnung. | |
Frankreich war Gastland, doch der Fokus lag auf der französischen Sprache, | |
was den Blick auch auf Länder jenseits der französischen Landesgrenzen | |
ermöglicht. In manchen feierlichen Reden war gar von Frankreich und der | |
Frankofonie die Rede, was wiederum bei einigen einen fahlen Beigeschmack | |
von Imperialismus aufkommen ließ. Spontan entschied ich mich, die Stände | |
frankofoner VerlegerInnen aus Afrika zu besuchen. | |
„Die Formulierung hat tatsächlich einige irritiert“, erklärte mir Yasmîn | |
Issaka-Coubageat vom togolesischen Verlag Graines de pensées, „auch weil | |
die Messe von einigen unglücklichen Vorfällen begleitet war“. Bei einem | |
runden Tisch über den internationalen Buchmarkt fehlten etwa jegliche | |
Statistiken über die Lage in Afrika. „Der Moderator einer anderen | |
Podiumsdiskussion wusste nichts Besseres, als ständig zu behaupten, es gäbe | |
auf dem Kontinent seit den Achtzigern keinen Fortschritt.“ | |
Das Publikum protestierte, doch es gab keine Saalmikros! Fragwürdig fand | |
das Issaka-Coubageat, die zum dritten Mal in Frankfurt ist. „2017 ist ein | |
besonderes Jahr, nun besteht die Gelegenheit, unsere Stimmen hörbar zu | |
machen“. Daraufhin erzählte sie, wie ihr Verlag versucht, Lesen als | |
Freizeitbeschäftigung zu fördern, und Bücher produziert, die die | |
togolesische Realität widerspiegeln. | |
## Kaum Buchhandlungen außerhalb der Hauptstädte | |
Zudem werden Werke in Lokalsprachen übersetzt, um ihren literarischen | |
Status anzuerkennen. Durch Koeditionen werden wiederum internationale | |
Autoren gefördert, wie die ivorische Poetin und Kinderbuchautorin Véronique | |
Tadjo. Noch fehle es außerhalb der Hauptstadt an Buchhandlungen, um | |
Veranstaltungen zu organisieren. | |
Auch in Madagaskar sei das so, meint Noro Valisoa Mialy Nary von der | |
Buchhandlung Tsipika. Aber sie beobachtet, wie immer mehr Zwischenhändler | |
in ihren Laden kommen, um Bücher abzuholen. „Es sind vielleicht 20 | |
Personen, die diese dann im Rucksack zu Dörfern bringen, die man nur per | |
Boot erreichen kann.“ | |
Kenza Sefrioui hat gerade in ihrem 2012 gegründeten Verlag En toutes | |
lettres einen Essay über das Verlagswesen in Marokko veröffentlicht – unter | |
dem Titel „Le livre à l’épreuve“ (Das Buch unter Probe). „95 Prozent … | |
Bücher, die man in Marokko kaufen kann, sind Importware“ – meist aus | |
Frankreich und Ägypten. „Anerkennung kommt weiterhin aus den etablierten | |
Zentren“, berichtete sie. | |
Wer nur in Marokko publiziert, läuft Gefahr, auch nur in Marokko gelesen zu | |
werden. Dann erwähnte sie die angespannte Beziehung zwischen der arabischen | |
und französischen Sprache, die jeweils bestimmten Sozialklassen und | |
geistigen Zwecken zugeordnet wird.En toutes lettres will den Dialog | |
zwischen den Lagern durch mehrsprachige Publikationen, und den Zugang zu | |
Buch und Kultur öffnen. „Das ist eine Voraussetzung für die Demokratie, und | |
zwar nicht nur zur Unterstützung von Meinungsfreiheit,“ erklärt Kenza | |
Sefrioui, „sondern auch, weil Lesen einfach ein grundlegendes Menschenrecht | |
ist.“ | |
17 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Elise Graton | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2023 | |
Kolonialismus | |
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