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# taz.de -- Grüner Twitterstreit um „Heimat“: Wie heimelig darf's sein?
> Ob Grüne „Heimat“ gut finden dürfen, hat die Ökopartei oft diskutiert.
> Mit Blick auf den AfD-Erfolg wird es in dem Konflikt aber gerade konfus.
Bild: Heimat Home Office?
Das Neue
Katrin Göring-Eckardt, Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, wirbt
dafür, den Heimatbegriff nicht den Rechten zu überlassen. „Engagement für
Umwelt, für Natur, für das Miteinander ist für mich Engagement für die
Heimat“, sagte Göring-Eckardt am Mittwoch der taz. Dabei hat sie die AfD im
Blick: Völkische Nationalisten besetzten den Heimatbegriff und verkauften
Heimat als unveränderbare, fest gefügte Ordnung, so die
Fraktionsvorsitzende. Aber: „Das grüne Heimatverständnis steht eben gerade
nicht für Abschottung.“
Göring-Eckardt war zuvor von ParteifreundInnen scharf für ihren
patriotischen Sound kritisiert worden. In ihrer Rede auf dem Länderrat am
Samstag hatte sie gesagt: „Wir lieben dieses Land. Das ist unsere Heimat.
Und diese Heimat spaltet man nicht.“
Die Reaktionen
Die Bundespartei fasste Göring-Eckardts Redepassage in einem Tweet knackig
zusammen. Daraufhin lieferten sich Grüne Heimatskeptiker und -fans auf
Twitter einen Schaukampf. „Heimat ist ein ausgrenzender Begriff“,
[1][schrieb die Grüne Jugend]. „Deshalb taugt er nicht zur Bekämpfung
rechter Ideologie.“ Sebastian Brux, Sprecher des grünen Justizsenators von
Berlin, [2][postete in dieselbe Richtung]: „Wer den Rechten ideologisch
hinterherläuft, macht sie nur stärker. Das fängt bei der Sprache an.“ Auch
Anja Schillhaneck, die für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt,
[3][schrieb von einem problematischen Begriff], der „herkunftsbezogen und
tendenziell ausgrenzend“ sei.
Reinhard Bütikofer, Europa-Chef der Grünen, kritisierte dagegen die
Junggrünen. Er fände es „arg altbacken“, wenn eine Jugendorganisation
Erfahrung ignoriere, frisches Denken denunziere und Sprachpolizei spiele.
Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck warf ein Zitat des
Philosophen Ernst Bloch [4][in die Twitterrunde]: „. . . so entsteht in der
Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war:
Heimat.“
Der Kontext
Die Grünen standen Vaterlandsliebe und Patriotismus lange sehr skeptisch
gegenüber. Allerdings läuft im grünen Kosmos schon länger eine Debatte, ob
Linksliberale diese Haltung überdenken müssten. Schon 2009 veranstaltete
die Fraktion eine Heimatkonferenz in Berlin, ähnliche Veranstaltungen
fanden auch in Nordrhein-Westfalen oder Bayern statt. Habeck schrieb 2010
ein Buch über linken Patriotismus. Die These: Dieser sei eine sinnstiftende
Erzählung, die auf Veränderung, Gerechtigkeit und Internationalität setze.
Dass Grüne mit Heimatliebe punkten können, hat der Österreicher Alexander
van der Bellen 2017 bewiesen. Der setzte sich in der Präsidentschaftswahl
auch deshalb gegen seinen rechten FPÖ-Konkurrenten Norbert Hofer durch,
weil er keine Scheu hatte, sich in Tracht unter die Leute zu mischen und
auf Augenhöhe zu diskutieren.
Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann demonstriert
Heimatliebe. Vor der Landtagswahl 2016 warb er mit Fernsehspot für sich, in
dem er an einer Werkbank hobelt. Das Filmchen spielt in einem verschneiten
Dorf, Tauben auf dem Kirchendach inklusive – noch mehr Heimat geht fast
nicht.
Die Konsequenz
Seien wir ehrlich: Es wird keine Konsequenzen geben. Führende Grüne werden
weiter ihre Heimatliebe betonen, die Kritiker sich weiter ärgern.
Vielleicht ist es wieder Zeit für einen Kongress?
4 Oct 2017
## LINKS
[1] https://twitter.com/gruene_jugend/status/914802730367111171
[2] https://twitter.com/sebibrux/status/914451996895309824
[3] https://twitter.com/A_Schillhaneck/status/914238407987036161
[4] https://twitter.com/RobertHabeck/status/914905580300627969
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
Katrin Göring-Eckardt
Heimat
Bündnis 90/Die Grünen
Schwerpunkt AfD
Zuhause
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