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# taz.de -- Manal al-Sharif von „Women2Drive“: Freie Fahrt für freie Frauen
> Manal al-Scharif stieg ins Auto und ist weit gekommen. Doch auf dem Weg
> zu mehr Rechten für saudische Frauen musste sie viel zurücklassen.
Bild: Manal al-Sharif darf jetzt auch in ihrer Heimat Auto fahren
Manal al-Scharif [1][hat viel bewegt]. Und das, obwohl ihre Mobilität lange
so eingeschränkt war [2][wie die aller saudischen Frauen]. Bis sie sich im
Mai 2011 ins Auto ihres Bruders setzt, nicht auf den Beifahrersitz, sondern
ans Steuer. Lächelnd und mit einer coolen Sonnenbrille auf der Nase. Ihre
Schwägerin und ihr Sohn Aboody, damals noch ein Baby, sitzen auf der
Rückbank. Sie fährt nicht heimlich, sie lässt sich mit der Handykamera
filmen, lädt das Video hoch und gründet die Facebook-Gruppe „Women2Drive“.
Neun Tage sitzt sie deshalb im Gefängnis. Saudische Politiker fordern, dass
sie öffentlich ausgepeitscht wird.
Dabei gab es nie ein Gesetz, das saudischen Frauen das Fahren verbietet,
zumindest kein geschriebenes. Es war einfach Teil eines Systems, in dem
Frauen einen Vormund haben. „Bei uns heißt es, Saudi-Arabien, das Land mit
einem König und Millionen Königinnen“, sagte al-Scharif in einem
Fernsehbeitrag.
Manal al-Scharif war Teil dieses Systems. In ihrem Buch beschreibt sie ihr
früheres Ich als radikal. Die Backstreetboy-Kassetten ihres Bruders: in
ihren Augen unrein. Genauso wie die Modemagazine ihrer Mutter.
Deren Wunsch war es, dass Manal, genauso wie ihrer Schwester, im Alter von
acht Jahren die Klitoris abgeschnitten wurde. Mit einer stumpfen Schere,
beinahe verblutete sie dabei. Ihre Eltern gelten trotzdem als
aufgeschlossen. Manal studierte in den USA, dort machte sie auch den
Führerschein. Zurück in Saudi-Arabien arbeitete sie beim staatlichen
Ölkonzern Aramco – bis sie als Aktivistin bekannt wird. Ab da ist sie dort
nicht mehr erwünscht.
## Weiter als eine Autofahrt
Warum das Ganze? „Ich hatte mich in der Hoffnung ans Steuer gesetzt, dass
Frauen in der saudischen Gesellschaft ihr Leben selbst in die Hand nehmen
können – und ich wollte durch die Befreiung der Frauen auch die Männer
befreien“, schreibt Manal al-Scharif im August 2017 [3][in einem
Gastbeitrag in der taz]. Ihr Sohn solle in einer besseren, freieren
Gesellschaft aufwachsen. Doch gerade von ihm treibt ihr Kampf um Freiheit
sie weg: Als sie sich scheiden lässt und in Kanada einen anderen Mann –
einen Nichtmuslim – heiratet, bekommt Aboodys Vater das alleinige
Sorgerecht. Bis dahin stand sie nachts oft mit ihm auf dem Balkon ihres
Townhouses, suchte nach Sternbildern und zählte die Sterne.
Wenn sie ihn heute besuchen will, muss sie ein Flugticket kaufen und ins
Haus ihrer ehemaligen Schwiegermutter zurückkehren. Das Haus, in dem, wie
sie schreibt, ihr Körper „so oft geschlagen und verletzt wurde“, dass sie
lieber gar nicht mehr daran denken würde. Das Schlimmste aber: Sie darf
ihren zweiten Sohn nicht mitnehmen, die beiden Brüder kennen sich nicht.
Bis sie und all die anderen saudischen Frauen, die gezwungen wurden, ein
Kind zurückzulassen, nicht mehr ständig mit den Tränen kämpfen, ist noch
ein weiterer Weg zurückzulegen als eine Autofahrt.
27 Sep 2017
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## AUTOREN
Ariane Lemme
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