# taz.de -- Neues Album von Miley Cyrus: Hannah Montana is back | |
> Unruhestiften ist passé. Miley Cyrus kehrt mit ihrem braven neuen Album | |
> „Younger Now“ zurück zu den Teenagerwurzeln – schade. | |
Bild: Bääääääääh | |
Sie grinst dem Licht der untergehenden Sonne entgegen, hat ihre länger | |
gewordenen Haare zu infantilen Zöpfchen gebunden, die Handtattoos mit | |
kleinen Blüten ornamentiert, und damit es dann wirklich auch noch der | |
Letzte kapiert, trägt sie ausschließlich blütenweiße Spitzenkleider und | |
Wollpullis. Die alte Miley Cyrus ist zurück, schreit einem der Videoclip zu | |
ihrem Song „Malibu“ förmlich entgegen. Ecken und Kanten sucht man sowohl in | |
den pastellfarbenen Bildern als auch im zugehörigen Sound vergeblich. | |
Begleitet von Klampfe und fröhlichen Klatschgeräuschen, singt die | |
24-jährige ehemalige Disney-Ikone darüber, wie glücklich sie ist, jetzt am | |
Strand zu wohnen und sich dort stehend mit ihrem Freund zu unterhalten. Und | |
weil alles so watteweich und sorgenfrei ist, verfällt ihre Stimme dabei in | |
generische Sanftheit. | |
Viele Menschen im Internet finden das toll. Statt leicht bekleidet und | |
Zungenschürzend von Skandal zu Skandal zu twerken und damit von ihrem eher | |
marginalen stimmlichen Talent abzulenken, versteckt Miley Cyrus ihre | |
gesanglichen Qualitäten jetzt endlich wieder hinter seichten Popsongs. Dazu | |
trägt sie Outfits, die – na klar – immer noch freizügig sind, aber Gott s… | |
dank nicht mehr so unglaublich ausgeflippt. Andere Menschen im Internet | |
wiederum finden es nicht so toll, dass Cyrus nach jahrelanger Appropriation | |
der afroamerikanischen HipHop- und Trap-Kultur diese nun ebenso mühelos | |
abstreift wie Dreadlock-Extensions und goldene Grillz, die sie sich noch | |
anlässlich ihres Albums „Bangerz“ in Haare und Mund steckte. | |
Die alte Miley war in vielerlei Hinsicht problematisch. Aber wer sich mit | |
den 23 Tracks ihres [1][letzten Albums „Miley Cyrus & Her Dead Petz“] | |
auseinandergesetzt hat, musste erkennen, dass sie stellenweise ziemlich | |
genial war. Mit einer an US-Popfolkie Adam Green erinnernden Absurdität | |
besang sie herzzerreißend ihre toten Haustiere und die Vielzahl an Drogen, | |
mit denen sie sich von der Trauer abzulenken versuchte. Dazwischen | |
nuschelte sie Dinge wie „Shit’s ’bout to get real freaky, I can feel it“ | |
und “Everything you do just turns me on“. Cyrus wirkte haltlos und | |
ungeschönt over the top und pflegte einen Umgang mit Sexualität, der sich | |
vom Mainstream abhob. | |
## Man kauft ihr das tatsächlich ab | |
Die Performancekünstlerin Ann Hirsch bringt es in einem ihrer Aufsätze auf | |
den Punkt: Wenn Britney Spears oder Beyoncé sich sexy verhalten, tun sie | |
das mit einer Aura von authentischer Leichtigkeit. Cyrus hingegen zeigte | |
offen das Gekünstelte, das Angestrengte, das hinter solchen Posen steckt. | |
Weil sie es gehörig übertrieb, machte Miley deutlich, wie lächerlich jene | |
mühelose Sexiness ist, die im Popmainstream von Künstlerinnnen erwartet | |
wird. Von all dem ist auf „Younger Now“ kaum etwas zu spüren. Statt 23 gibt | |
es auf ihrem neuen Werk nur noch 11 leicht bekömmliche Songs. | |
Die Hörer sollen bloß nicht überfordert werden. In dem mit Naturgeräuschen | |
untermalten Titelsong „Younger Now“ schließt sie mit ihrer Vergangenheit | |
ab: „Even though it’s not who I am / I’m not afraid of who I used to be.�… | |
Der von ihrem großen Idol Elvis Presley inspirierte Song klingt vernünftig, | |
glücklich, aber einen Tick zu perfekt. Danach besinnt sich Miley Cyrus, die | |
in Tennessee geboren ist, gemeinsam mit ihrer Patentante Dolly Parton auf | |
ihre Country-Wurzeln. | |
Und wenn sie anschließend fragt: „How can I miss you so much when you’re | |
right here?“, erinnert das an die Teenagerin, die als Star der US-Serie | |
„Hannah Montana“ weltberühmt wurde. Sie beteuert, dass sie für ihren | |
Partner sterben würde und dass er alles für sie bedeutet, und lässt das | |
Bekenntnis klingen wie einen beiläufigen Sommerhit. Privat läuft | |
anscheinend einiges rosig für Miley, und nach der bedrückenden Verwirrtheit | |
von „Dead Petz“ gönnt man ihr das von ganzem Herzen. Nichtsdestotrotz ist | |
es bedauerlich, dass sie ihren Freund Liam Hemsworth nicht annähernd so | |
ausdrucksstark zu besingen vermag wie ihre geliebten Haustiere. | |
Miley Cyrus bleibt dennoch einer der interessantesten, weil | |
widersprüchlichsten Popstars unserer Zeit. Das zeigt unter anderem ihr | |
Engagement für LGBTQ-Rechte, Umwelt- und Tierschutz und benachteiligte | |
Jugendliche. Das war, wie sie in Interviews gern erzählt, auch der | |
ausschlaggebende Grund dafür war, das Kiffen aufzugeben und ihre | |
neonfarbenen Kostüme an den Nagel zu hängen: Mit glitzernder Weed-Brille | |
auf der Nase ist es nun mal schwieriger, als leuchtendes Beispiel | |
voranzugehen. Beim Hören von „Inspired“, einer hoffnungspendenden | |
Country-Hymne, mit der sie bereits für Hillary Clinton in den Wahlkampf | |
zog, kauft man ihr das tatsächlich ab – und wünscht sich beim Verklingen | |
des letzten Songs trotz alledem die alte Miley zurück. | |
28 Sep 2017 | |
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## AUTOREN | |
Donna Schons | |
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