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# taz.de -- Nachruf auf Playboy-Gründer Hefner: Der Hasenimperator
> Hugh Hefners Kundschaft sollte das Mannsein genießen können. Es ging ihm
> weniger um Wichsvorlagen als um ein liberales Lebensgefühl.
Bild: Hugh Hefner wusste zu leben
„Im echten Manne ist ein Kind versteckt“, behauptet Nietzsche, „das will
spielen.“ Im weiteren Verlauf der Rede Zarathustras fordert er: „Auf, Ihr
Frauen, so entdeckt mir doch das Kind im Manne!“
Hugh Hefner hatte mit 27 Jahren eine sehr genaue Vorstellung vom Spieltrieb
des Mannes und auch von der Rolle, die Frauen dabei einnehmen sollten.
Der große Junge, der gern spielt, der Playboy, liebt das Fummeln. Autos,
Frauen – alles, was Geräusche macht, so man an den richtigen Stellen drückt
und das zu beherrschen mitunter eine Herausforderung, immer aber Antrieb
ist. Für diesen Mann, jedenfalls wenn er gut verdient, brachte der 1926 in
Chicago geborene Hefner 1953 die erste Ausgabe seines „Entertainment for
Men“ heraus, [1][den Playboy]. 50.000 Stück für je 50 Cent.
Hefner, der bis 1946 in der US Army als Kompanieschreiber gedient und dann
Psychologie studiert hatte, war zuerst in der Werbung. Er arbeitete als
Texter, Illustrator, wurde Vertriebsleiter und als es ihn oben und unten so
nachhaltige juckte, dass er beschloss, dieses Jucken in Zeitschriftenform
zu gießen, war er mehr als ein Nerd, der ein weiteres Schmuddelheft auf den
Markt brachte.
## Leben statt wichsen
Der Werbefachmann, der sich angeblich schon als Kind als Lebemann
phantasiert hatte, verstand seinen Wunsch, ein Gewinnerleben zu führen, als
stellvertretend für den Traum vieler Männer. Ihm ging es nicht darum,
seinen Geschlechtsgenossen Wichsvorlagen zu liefern, sondern darum, mit
seinem Magazin ein Lebensgefühl zu transportieren.
Seine Kundschaft sollte sich – eingebettet in die Illusion von allzeit
verfügbaren Frauen als zu pflückende Frucht – ein Stück Mannsein
abschneiden können vom Erfolgskuchen der prosperierenden Welt- und
Konsummacht, des Kriegsgewinners Amerika. Entsprechend setzte er auf
Anzeigen hochpreisiger Anbieter. Autos, Tabak, Schuhe, Alkohol, garniert
mit bereitwilligen „Girls“ – die Werbung stand für das, was ein Mann sein
konnte: ein Macher, ein Bestimmer, ein Aufreißer, ein Lebemann.
Hefner verpflichtete Intellektuelle, Literaten und die vielversprechendsten
Autoren und Illustratoren des Landes, um für sein Blatt zu arbeiten. Er
holte das Busenblatt aus den Sphären der Bückware auf Brusthöhe. Ganz
Werber vermittelte er durch den Anspruch des Heftes seinen Käufern, jemand
zu sein. Mehr noch: dazuzugehören. Ein Mann, der den Playboy las, war
vermeintlicher Teil einer weißen, erfolgreichen und den Ton des neuen
Amerikas angebenden Aufsteigerschicht. Er war [2][ein Don Draper].
In der Welt des Hugh Hefners war so ein Jäger und Spieler aber auch ein
Getriebener. Einer, der von [3][seinem Sexualtrieb] gesteuert und bestimmt
wird. Das ist auch im puritanischen Amerika der 50er Jahre nichts, dessen
ein Mann sich zu schämen braucht, solange es im Bereich der
Heterosexualität bleibt und im Verborgenen geschieht.
## Erstes Covergirl: Marilyn Monroe
Im Gegenteil: Die männliche Dauerbereitschaft wird als Zeichen guter
Gesundheit gesehen. Mit diesem männlichen Selbstverständnis vom
gesundheitsfördernden Ausleben der Triebe schwingt sich Hugh Hefner auf,
seinen Geschlechtsgenossen zu bieten, was die Schwellkörper in Bewegung
bringt, und etabliert mit der Kreation des „Bunny“ eine ganz neue Form der
Betrachtung von Frauen.
Für 500 Dollar erwirbt Hugh Hefner für den Titel seiner ersten Ausgabe das
Foto einer blonden Frau im tief dekolletierten Neckholderkleid. Es ist die
junge Marilyn Monroe. Das Foto fügt sich in die Reihe der üblichen Magazine
ein, die Bilder verschämt verhüllter oder in Teilen unbekleideter Frauen
als Masturbationsvorlage abbilden.
Diese Hefte stehen für die Verklemmung eines Landes, in das die Soldaten
nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges heimkamen und in dem sie – wie auch
in Deutschland – feststellten, dass die Frauen das Ruder in vielen Teilen
der Gesellschaft übernommen hatten. Deren Eigenständigkeit und oft auch
deren erwachte Sexualität wurde durch das Hausfrauenideal und die neue
Ordnung von Anstand und Prüderie domestiziert.
Und weil mit biederen Hausfrauen nur langweilig Kirschen essen ist, ersinnt
Hugh Hefner, bewusst oder unbewusst, bald die perfide Strategie, Frauen
ihre Objektifizierung als erstrebenswert erscheinen zu lassen. Es geht
nicht nur darum, als „Playmate of the Month“, als Spielkameradin des
Monats, die Brüste und ab den 70er Jahren auch das Schamhaar als
Erbauungsmaterial zur Verfügung zu stellen. Es geht auch darum, als Bunny
auserwählt zu werden. Als Häschen, dessen Aufgabe es ist, als zum Angebot
gehöriges Gimmick Männer zu umpuscheln – auf Events und später in den
Hefner-eigenen Etablissements wie Bars, Restaurants und Casinos.
## Den Frauen das Objektsein als Ehre verkauft
Das mit dem zweiten Heft eingeführte Logo des weißen Hasen mit Schleife auf
schwarzem Grund, eine der bekanntesten Marken Amerikas, steht bald schon
für das Selbstverständnis der Ware Frau als im Preis inbegriffene
Zusatzleistung.
Hugh Hefner, dessen Zeitschriftenauflage bald schon in den Millionen liegt,
ist mit seinem Geschäftsmodell aus freiem Geist und freien Hasen so
erfolgreich, dass er bald selbst zum Objekt der Begierde wird. Für die
Hautevolée Hollywoods und die Intellektuellen geht es darum, dazuzugehören.
Zu den Sexpartys in der „Hefner Mansion“, seinen 2016 für 100 Millionen
Dollar verkauften Lustpalast eingeladen zu werden, in seiner Grotte
planschen zu dürfen. Hefner gelingt es, dass Stars wie Jayne Mansfield und
später dann Madonna und Sharon Stone es als Ehre betrachten, nackt für den
Playboy zu posieren. Weil sein Blatt mehr liefert als bloße Brüste und
seine intellektuellen, freigeistigen Autoren die Themen der Zeit
aufgreifen, begleitet der Playboy die großen Kulturrevolutionen der Zeit.
Die Befreiung aus den Fängen des McCarthy-Spuks ebenso wie die
Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen und Homosexuellen, den Kampf für ein
liberales Drogengesetz und – natürlich – den für die freie Liebe.
Über viele Jahre gelingt es Hefner, das Lebensgefühl heterosexueller Männer
abzubilden – 1972 erscheint das Blatt auch in der Bundesrepublik, in den
80er Jahren übernimmt seine Tochter Christie. Aktuell ist das Heft in rund
30 Ländern erhältlich, Hefners Hasenimperium bestehend unter anderem aus
Casinos, Restaurants, TV-Shows und Merchandising wird mit einem
Jahresumsatz von 500 Milliarden Dollar beziffert.
## Rauchen und Trinken muss nicht schaden
Hugh Hefner hat das letzte Mal im Jahr 2012 geheiratet, das vierte Mal. Die
Zahl seiner Kinder wird mit sechs angegeben, was bei einem Mann, nach dem
in Florida eine Kaninchenart benannt wurde – das Marschkaninchen Sylvilagus
palustris hefneri – etwas mickrig scheint. Mit locker 2.000 hatte er die
Zahl seiner Affären angegeben und auch in den letzten beiden Jahrzehnten
hat er die Öffentlichkeit gern teilhaben lassen an seinem Glück mit
überwiegend gleichaussehenden Blondinen, mit denen er in unterschiedlicher
Zahl, mal sieben, mal drei, zusammenlebte.
Wenn Hugh Hefner jetzt mit 91 Jahren gestorben ist, ist die gute Nachricht
an Männer: Rauchen und Trinken muss nicht schaden. Man kann auch mit hohem
Konsum sehr alt werden. Zumindest im Zusammenspiel mit sehr viel Sex.
Für die Frauen sieht die Lage etwas anders aus. Hefner hat 1993 den Platz
neben dem Grab von Marilyn Monroe erworben. Es könne doch für einen Mann
nichts Besseres geben, als neben Marilyn Monroe zu liegen, wird er zitiert.
Männer kaufen sich Frauen auch dann noch, wenn die schon tot sind.
28 Sep 2017
## LINKS
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## AUTOREN
Silke Burmester
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